Samstag, Juli 22, 2006

Back to the Bolzplatz. Reminiszenz an den prügelnden Bierhoff

Wenn einer eine Krawatte tragen und einen Satz halbwegs geradeaus sprechen kann, wird er Bankkaufmann oder Zahnarzttochterschwiegersohn. Oder Oliver Bierhoff. Dieses Role-Model einer stromlinienförmig Funktionalität ohne eigene Engergie mit Gewandtheit verwechselnden Kalorienarmut des deutschen Zeitgeistes ist dafür prädestiniert die nächste Generation der DFB-Verbandsfunktionäre einzuleiten: Nicht mehr alte, faltige Männer mit Zigarren und WK-II-Erfahrung im Nacken, sondern Marketing-Gehirne, die in sinnfreien Broschüren, bzw. Flyer-Texten sprechen und durch nicht-bewegen Fehler vermeiden bestimmten das Bild.

Bis zu dem Spiel Argentinien / Deutschland. Als sich nach dem Ende des Elfmeterschießens eine zünftige Bolzplatz-Rangelei entwickelte stürzte sich der Anzugträger und Crisan-Benutzer mit italienischer Verve in das Getümmel, dass es eine Freude war.

Überhaupt war eine Freude mitanzusehen, wie die Sport-Millionäre und routinierten Medienprotagonisten aufeinander eintraten, als wären nicht 60.000 Menschen im Stadion, hunderte von Objektiven auf sie gerichtet und 2 Milliarden Zuschauer an Bildschirmen rund um den Globus dabei. Back to the Bolzplatz. Großartig! Werbeuntauglich ereignete sich dieses im Vermaktungsmechanismus nicht vorgesehene Geschehen und unterbrach die routiniert ablaufende Beckenbauer-Maschine von Spielübertragung, Interviews in der Pause, nutzlose Analyse genannte Quakerei im Abspann. Solche Diskontinuierlichkeiten und Brüche provozierenden Eklats können dem Ganzen nur gut tun. Raus aus der Routine. Rein ins Leben.