Samstag, Juli 09, 2016

Bahn



F*** YOU, RTL!


Vor fünf Jahren wurden der Dänin Emma Holten Nacktfotos aus ihrem E-Mail-Postfach gestohlen und im Internet verbreitet. Jahrelang kämpfte sie dagegen. Jetzt verwendete der Kölner TV-Sender RTL die Bilder in einer RTL-Show.
So funktioniert Gossen-Presse: Unter dem Vorwand der Empörung über verletzte Sitten und Werte, auf deren Seite zu stehen diese Art von Medien sich und ihren Lesern und Zuschauern bescheinigt UND GLEICHZEITIG genau das, was Verurteilt wird detailreich zu beschreiben undzu bebildern. Ob der Fritzl-Kerker, sexuelle Handlungen und Bilder, Gewalt, Entgleisungen aller Art: Cool und zynisch nutzen Sender und Zeitungen den vorhersehbaren Effekt, dass die Biedermänner (und -frauen) sich gerne im Detail das anschauen, was sie vorgeblich Ablehnen: das Sexuelle, Abartige, Kriminelle. Es ist der Gänsehaut verursachende Schauwert des Verbotenen und Gefürchteten.

Im vorliegenden Fall, über den der britische GUARDIAN berichtet, wurde Emma Holten Opfer von "revenge porn". Gemeint ist damit die Verbreitung von Fotos und Videos auf denen Menschen - zumeist Frauen - nackt oder bei sexuellen Handlungen zu sehen sind, gegen deren Willen.

Lange hatte Emma Holten unter den Folgen einer solchen Aktion zu leiden, bei der, nachdem ihr Mail- und Facebook Konto gehackt wurden, Nacktfotos von ihr über das Internet verbreitet wurden. Sie erhielt ohne Ende belästigende Mails (ausschließlich von Männern) und zwar nicht zuletzt von Männern, die wussten, dass sie diese Fotos nicht freiwillig in Umlauf gebracht noch zum Zwecke der allgemeinen Zurschaustellung gemacht hatte.

Einige Zeit nach dem Vorfall entschloss sich Emma Holten zu dem Fotoprojekt "Consent",. Die Idee hinter den gemeinsam mit der Fotografin bei dem sie zusammen mit einer Fotografin Nacktfotos machte, um sich ihres Körpers wieder zu ermächtigen und sich und der Welt ihre Entscheidungsgewalt und Definitions- und Selbstbestimmungsmacht zu demonstrieren.

Holten erklärte, dass das Foto-Projekt, keine Lösung für ihr Problem sei, berichtet die WELT. Aber: "Die Zustimmung ist der Schlüssel. Jetzt ist es wieder meine Geschichte und nicht mehr die eines Idioten, der meine E-Mails gehackt hat."



Gleichwohl endet die jahrmarktorientierte Ausbeutung des Schauwerts nackter Haut nicht: So  berichtet der britische GUARDIAN, dass der Kölner TV-Sender RTL einen "Bericht" über Emma Holton und ihr Foto-Projekt offensichtlich als Vehikel und Vorwand nutzte, um die unrechtmäßig verbreiteten Nacktfotos von ihr nochmal zu zeigen.

Emma Holten berichtet, dass es in dem RTL-Beitrag 30 Sekunden um ihr "Consent"-Fotoprojekt gegangen sei - allerdings Minuten auf die unrechtmäßig verbreiteten Nacktbilder verwendet wurden, die in dem Beitrag auch gezeigt wurden.

Hornhaut auf der Seele: Was erlaube Schäferkordt? "Zietlow" mit Z, wie "Zynismus"
Besonders zynisch ist, der süffisant verharmlosende Ton und Kontext, in den dieser Fall gestellt wird: RTL zeigte die Aufnahmen in der Sendung "Die zehn pikantesten Geschichten der Welt". Schon angesichts des klebrigen Herrensitzungs-Tons will man nur im Doppelstrahl kotzen.

“Ich konnte nicht glauben, was ich sah", sagt Holton dem GUARDIAN. "Ich fühlte mich zum wiederholten Mal missbraucht. Es scheint als hätten sie es benutzt und gehofft, ich würde es nicht herausfinden", so Holton.

Nachdem sie mehrfach versucht hatte, RTL über Mail, Twitter und Facebook zu kontaktieren, meldete sich ein Sprecher des Kölner TV-Senders bei ihr. Die Verwendung der Bilder beruhe auf einem Sprachproblem auf "miscommunication”.

Solche Fälle sind aber eben keine Ausnahme, sondern die Regel. Sie sind Teil des redaktionellen  Modells, mittels derer RTL und andere Sender, BILD und andere Blätter ihr Publikum und dessen Lust nach zirzensischen Attraktionen und Grusel befriedigen.

Dass dabei immer auch reale Menschen benutzt werden, deren "Geschichte" als Vehikel, Anlass und Material benutzt wird, interessiert nicht. Neben dem systematischen Zynismus fragt man sich, wie es um den individuellen Zynismus der beteiligten Personen, der Redakteure, Kameraleute, TV-Editoren usw. bestellt ist. Wie stellen sich insbesondere die weiblichen Mitarbeiter dieses Apparates dazu? Was erlaube Zietlow? Wie abgefuckt muss RTL-Chefin Anke Schäferkordt, so etwas zu verantworten? Wieviel Hornhaut braucht es auf der Seele und der eigenen Intelligenz, wie sehr muss man - als Frau, als Vater oder Mutter und ganz allgemein als Mensch - wegrationalisieren, was hier systematisch gemacht wird?

Laut GUARDIAN erklärte RTL auf Anfrage: “We featured Emma Holten live in one of our TV magazines back in February 2015. Already at that time she had gone public with her story, sharing her experience with both the audience and us. We presented her as a strong independent woman who knows how to defend herself. The failure to inform her in advance about revisiting her story in Die 10 [The 10] was clearly an oversight on our part, as was the visuals used in the report, including so-called revenge pics.”

Der/die Sprecher/in von RTL erklärte, der Sender habe sich in einer E-Mail bei Emma Holten entschuldigt.

Aus der Welt der Symbolfotos: Der Bandscheibenvorfall


Thesaurus 2000


Es ist erstaunlich, was für ein anderes (American) English existiert, wenn man FRASIER anstatt DAWSON'S CREEK schaut oder THE NEW YORKER liest, anstatt den INSTAGRAM Account von Kim Kardashian oder das Facebook-Profil von Reese Witherspoon (Deren Vokabular hauptsächlich aus dem südstaatlichen "y'all" zu bestehen scheint - andererseits: Wer folgt schon Reese Witherspoon's Facebook Profil).

Allein in dem Artikel über die Hollywood-Komödie MIKE AND DAVE NEED WEDDING DATES finden sich folgende Begriffe:
  • fulcrum (Dreh- und Angelpunkt): "she is the fulcrum of the movie..."
  • intricately prurient (umständlich/verwickelt lüstern/unzüchtig : "She’s supreme at intricately prurient dialogue delivered (and, I’d guess, largely improvised) at amazingly high speed"
  • shtick (Die Masche): "...Alice (...) plays the more sentimental and controlled of the women, and therefore has much less shtick.!"
  • bonhomie (Jovialität): "whether he wants to limit his on-camera personality to the bouncy bonhomie of a Merv Griffin or whether he’s ready to test the depths and spans of his formidable aura."
  • one-note performer ("...By contrast, Devine is a one-note performer, but it’s a strong and distinctive note that he gives a tone of his own (...)"
  • rough-hewn (grob geschnitzt): "Dick (...), a rough-hewn and tough-talking man..."
  • smarmy salaciousness ("...The movies share a structure (...), a crucial plot point (...), a tone of smarmy salaciousness within tight and prudent limits, and a pile of clichés.")
  • myriad decisions (unzählige Entscheidungen): "the myriad decisions that are implicit in the simplest choices of a single shot..."
Man sollte versuchen, diese Begriffe im Alltag zu verwenden.

Donnerstag, Juli 07, 2016

Fan Mail: Chilly Gonzales

7th July, 2016

Dear Gonzo,

an hour ago I stepped out of the office of my doctor, when I saw you, headphones on, in front of the supermarket.
Unfortunately I was too cautious to approach you and thank you for your great music and tell you what a fantastic performer you are and how much me and my friends enjoy your concerts. So: thank you!

Just this morning I listened to your "solo album II" while I wrote a long letter to my mother. We are currently in a long conversation through a series of meetings, Skype talks, mails - on our family history.

Since I am on sick leave (the back: slipped disc) I have a lot of time to think: about my father, my elder brother (who are both dead) and my mother and the way we are connected and how the relationships affected and shaped me and the way I approach life  - wether these relationships actually took place as with my mother, were distant and interrupted as with my brother or were non-existent as with my father who "disappeared" after my parents got divorced.

 

Anyhoo, This morning I wrote again to my mother. And in the back I listened to your music. I have several of your albums on my phone: Ueber Alles, Solo Album I and II, Soft Power, Ivory Tower and the Rap/Orchestra Album The unspeakable. 

 

From day to day I change several artists, albums and songs in my phone from according to my mood. But your albums always stay on because I can turn to them anytime. No matter how I feel, I'll find a good song to capture that mood. 

Not only is that cool but I like the feeling, when scrolling through my playlist that I always come across your name and think "...there he is... There's Chilly..." - like an old neighbour who always been there, or the guy at the kiosk next door whom I see everyday and sometimes chat with. It's a good feeling of a familiar neighbourhood.
 

Unfortunately I was too shy to approach you and thank you, so I send you this mail, hoping it somehow finds its way to you.
 
Have a great day.

Warum töten US-Polizisten so viel häufiger als Polizisten in Europa?

In verschiedenen Beiträgen nach den beiden jüngsten Fällen, indenen weiße Polizisten farbige Verdächtige erschossen werden nun Erklärungen gesucht.

So wird - wieder einmal - auf die Verbreitung von Schusswaffen in den USA  hingewiesen: Ein Polizist in den USA muss immer damit rechnen, das ein Verdächtiger bewaffnet ist. Diese permanente, mögliche Bedrohung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Polizist schneller von der Schusswaffe Gebrauch macht, als ein europäischer Kollege.

Quelle: HUFFINGTON POST
Ein weitere Aspekt, den Paul Hirschfield in einem Beitrag für THE CONVERSATION (der von der HUFFINGTON POST ebenfalls verbreitet wird) aufführt ist der Umstand, dass die Polizei in vielen Standorten unterfinanziert sei. Dadurch würden  Verwarnungsgelder bei Verkehrskontrollen eine wichtige Einnahmequelle. Was dazu führe, dass die Polizei wesentlich mehr Verkehrskontrollen durchführe und strenger auch kleine Vergehen ahnde, als nötig. Zudem sei die Polizeipraxis in europäischen Ländern an strengere Regeln und Standards gebunden, als in den USA. So seien aufgrund der EU Menschenrechtskonvention die unterzeichnenden Länder daran gebunden, tödliche Gewalt nur dann anzuwenden, wenn es "absolut notwendig" sei.

In den USA verlangten dagegen lediglich 8 Bundesstaaten, dass ein Polizist verbale Warnungen ausspreche, während Warn- und Beinschüsse üblicherweise erlaubt seien- Dagegen müssten Polizisten in Finnland und Norwegen die Erlaubnis eines Vorgesetzten einholen, bevor sie auf eine Person schießen.

Ein weiterer Punkt sei der unterschiedliche Charakter der Ausbildung: So gebe es in europäischen Ländern nationale Standards. In Norwegen, Finnland und den Niederlanden müssten angehende Polizisten 3 Jahre eine Nationalakademie besuchen - während Polizeiakademien in den USA ihren Nachwuchs nach 19 Wochen Training auf die Straße schickten.

Auch stünde bei der US-Ausbildung die Anwendung von Gewalt zur Konfliktlösung mehr im Zentrum als Methoden der Deeskalation:
"the average recruit in the US spends almost 20 times as many hours of training in using force than in conflict de-escalation. Most states require fewer than eight hours of crisis intervention training. Desperate and potentially dangerous people in Europe are, therefore, more likely than their American counterparts to encounter well-educated and restrained police officers."

Whiteness is blindness

Vor dem Hintergrund der wiederholten Fälle, in denen farbige US-Amerikaner von weißen Polizisten erschossen wurden, klagt der farbige Soziologieprofessor Michael Eric Dyson in der NEW YORK TIMES die weißen US-Bürger und ihrer Ignoranz wegen an.
"You hold an entire population of Muslims accountable for the evil acts of a few. (...) You say religions and cultures breed violence stoked by the complicity of silence because peoples will not denounce the villains who act in their names.Yet you do the same. You do not condemn these cops; to do so, you would have to condemn the culture that produced them — the same culture that produced you. Black people will continue to die at the hands of cops as long as we deny that whiteness can be more important in explaining those cops’ behavior than the dangerous circumstances they face."

Aus dem aktuellen Anlass publiziert das Magazin THE ATLANTIC eine kurze, mit Animationen visualisierte Analyse des Afro-Amerikanischen Autors Ta-Nahesi Coates über den "Mythos einer schwarzen Kriminalität".



Eine ergänzende und extrem lohnenswerte Lektüre in diesen Tagen sind auch die umfangreichen Essays von Coates zum Phänomen der breiten Inhaftierung Farbiger, nachstehend ebenfalls visaulisiert von THE ATLANTIC.

Seitenblick


Mittwoch, Juli 06, 2016

The Secret

In seiner Web-Serie COMEDIANS IN CARS GETTING COFFEE trifft Jerry Seinfeld die famose Sarah Silverman.

Unter anderem gibt Jerry seine Formel für eine glückliche Ehe preis. Seiner Meinung nach ist es die Ehefrau, die am Ende eines Abends nach einer Party den Satz sagt "Well I thought that joke was hilarious."

Dieser Satz bringe es auf den Punkt. Der Mann hat offensichtlich für alle den Abend mit einem furchtbaren Witz ruiniert und sie weiß es - aber sie sagt es ihm nicht.

Jerry: "In a marriage you don't do what's right. You do, what makes the other one feel good."

Sarah: "Right, you are each others cheerleader."

Jerry: "Right - And the first step towards that is lying."

Memento Marmorikuchen


Das ist Deutschland (Symbolfoto)

#Kaffeeundkuchenzeit

Dienstag, Juli 05, 2016

Branzare