Samstag, April 14, 2007

Don Juan de Jour

Stefan, 26
Meine Verfügbarkeit: In einer Beziehung (aber bin ja nicht verheiratet)
Mein Anmachspruch: Hi, wie geht’s?
Letztes Mal mein Flirtgesicht gemacht: Vor zwei Wochen
Und das kam dabei raus: Wir haben Nummern ausgetauscht und uns zum Kaffee getroffen



Martin, 29
Meine Verfügbarkeit: Single
Mein Anmachspruch: Hi, ich bin der Martin.
Letztes Mal mein Flirtgesicht gemacht: Vor zwei Wochen
Und das kam dabei raus: Wir haben uns zum gemeinsamen Fitnessstudiobesuch verabredet.


(Quelle: Jetzt)

The Overachiever

Nach breiter Kritik an seiner Rede aus Anlass der Beerdigung des ehem. baden- württembergischen ministerpräsidenten Filbinger, in der er dessen Verhalten in der Nazizeit bis an den Rand der Tatsachenverdrehung verharmloste, hat baden-württembergs aktueller Ministerpräsident Günther Oettinger sich in einer schriftlichen Stellungnahme erwartungsgemäß kalorienarm entschuldigt.

Der Aufbau des Schreibens zeigt, dass Oettinger entweder nicht verstanden hat, was die Kritik an seinen Einlassungen meinte oder v.a. sicherstellen möchte, dass es ihm in seiner Klarstellung v.a. darum zu tun ist, sicher zu stellen, das der streberhafte Musterknabe sich doch nur nach bestem Bemühen um dem Brauch, von Toten nur gut zu reden, folgend besonders erfoglreich bemüht hat.

Oettinger geht in seinem Schreiben nicht zuerst auf die Kritik ein, sondern erläutert in einem Absatz, der etwas mehr als ein Drittel des inhaltlichen Teils des Schreibens ausmacht, dass die Rede an die Familie und Weggefährten gerichtet gewesen sei und das es
"in unserem Kulturkreis zu den üblichen und angemessenen Gepflogenheiten einer Traueransprache" gehöre, "Verdienste und das Lebenswerk des Verstorbenen positiv zu würdigen und ihm die schwierigen Phasen seines Lebens - ohne sie zu verschweigen - nicht nachzutragen."

Abgesehen davon, dass die Tatsache, dass Oettinger erläutert, dass die Rede v.a. privat gemeint gewesen sei - er war nicht als Günther Oettinger eingeladen, sondern als Ministerpräsident des Landes Baden Württemberg und also handelte es sich um eine öffentliche Rede. Selbst wenn es eine private Rede gewesen wäre - würde dies etwas ändern?

Abgesehen davon also ist es ein Unterschied, einem Verstorbenen "die schwierigen Phasen seines Lebens - ohne sie zu verschweigen - nicht nachzutragen" oder diese ins Gegenteil umzudeuten.

Putzig ist, wie Oettinger im letzten Satz seines Briefes wie in einem streberhaftem Schulaufsatz mit brav aufzählendem Verweis auf vom Mainstream als Beleg für die richtige Gesinnung interpretierte Vorbilder schließt:

"Vorbilder für mich als christlichen Demokraten sind die Männer und Frauen des Widerstandes, wie zum Beispiel die Gebrüder Graf von Stauffenberg."

In diesem letzten Satz fährt Oettinger, again the streberhaft overachiever that he is, alles auf, was als zustimmungsfähige, positive Tags funktioniert: "christlich, Demokrat, Widerstand, Stauffenberg". Richtiger kann man es nicht machen. Vielleicht nur, wenn Oettinger jetzt noch den Nachweis erbringt, selber eigentlich der Gründer der weißen Rose gewesen zu sein.

Volver

VOLVER von Pedro Almodóvar gesehen. Ein Film über Frauen, Mütter,Töchter, Schwestern, Nachbarinnen, Freundinnen. Die wenigen Männer die auftauchen sind entweder betrunkene triebgesteuerte Idioten, Vergewaltiger, harmlose Bubis oder ältere Nachbarn.Durch die reduzierte Akustik, Reduktion auf wenige Schauplätze wirkt VOLVER wie ein Theaterstück, was die Schauspielerinnen besonders fordert. V.a. aber zeigt der Film, wie unterfordert Penelope Cruz in amerikanischen Filmen ist, in denen sie lediglich als attraktive ethno-Dekoration misbraucht wird.

Allein wenn wie Cruz das Lied VOLVER playbackt, bleibt kein Auge trocken.

Freitag, April 13, 2007

Der Spätzle-Hohmann

Man wundert sich, dass in Zeiten umfassender medialer Versendung von O-Tönen eine Erscheinung wie der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger Karriere machen kann. Wer Oettinger einmal in ein Mikrophon hat quaken hören, sehnt sich danach. die Mein Jahr in der Niemandsbucht von Verona Pooth vorgelesen zu bekommen.

Mit seiner Quäkstimme hat Oettinger nun bei der Beerdigung des ehem. baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger, der am 1. April gestorben war, eine Rede gehalten, die derzeit mächtige Wellen schlägt. Empörend an der Rede ist, dass Oettinger den Nazirichter Filbinger nicht nur von Schuld freisprach, sondern ihn allen ernstes zum "Gegner des Nazi Regimes" machte.

Filbinger war 1978 vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgetreten, als die Vorwürfe, er habe als Marinerichter in der Nazizeit an Todesurteilen mitgewirkt, immer schwerer wurden. Rolf Hochhuth hatte Filbingers Vergangenheit als "schrecklicher Jurist" thematisiert. Dagegen hatte Filbinger sich stets gewehrt und auch vor dem Landtag beteuert, als Marinestabsrichter Personen gerettet oder vor harter Strafe bewahrt zu haben, „wo irgendeine Aussicht auf Hilfe war“. Dabei habe er sogar „Leib und Leben“ riskiert. Es war v.a. die bis zuletzt nicht vorhandene Bereitschaf Filbingers, sich kritisch mit seiner Verstrickung mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen, die ihn letztlich sein Amt kosteten. Unvergessen Filbingers Diktum "Was damals recht war, kann heute nicht Unrecht sein." Erhard Eppler attestierte dem früheren Marinestabsrichter ein „pathologisch gutes Gewissen“ und Egon Bahr fragte sarkastisch, wieviele Menschen einer umgebracht haben muss, dass er einen von ihnen vergessen kann.

In seiner Rede für den Verstorbenen erklärte Oettinger nun: "
Anders als in einigen Nachrufen zu lesen, gilt es festzuhalten: Hans Filbinger war kein Nationalsozialist. Im Gegenteil: Er war ein Gegner des NS-Regimes." und "Es bleibt festzuhalten: Es gibt kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte. Und bei den Urteilen, die ihm angelastet werden, hatte er entweder nicht die Entscheidungsmacht oder aber nicht die Entscheidungsfreiheit, die viele ihm unterstellen." Besonders diese Sätze rühren die Gemüter an. Rolf Hochhuth bezeichnet diese Sätze Oettingers als "unverfrorene Erfindung" und schildert detaillierter den Fall des von Filbinger gegen Kriegsende wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilten 22jährigen Matrosen Walter Gröger.

In der Tat ist man, wenn man diese Darstellung des Vorgangs gelesen hat, zum Einen irritiert darüber, warum in vielen Artikeln abstrakt von einem "Prozess" oder "Verfahren" gegen Gröger die Rede ist. Zum Anderen ist man vor dem Hinterrgund dieser detaillierten Umstände um so mehr entsetzt und empört darüber, wie sich Oettinger hinstellt und Filbinger als Widerstandskämpfer ausruft.
Der Darstellung Hochhuths zufolge, veruteilte Filbinger in britischer Kriegsgefangenschaft den jungen Matrosen und organisierte die Vollstreckung des Todesurteils , nahm als der den "Feuer"-Befehl erteilende Kommandant des erschießungskommandos auch aktiv Teil.

"Die britische "Gewahrsamsmacht", wie das im Rotwelsch der damaligen Epoche hieß, hatte in ihren Gefangenen-Lagern den Nazi-Offizieren die Gerichtsbarkeit über ihre Mitgefangenen belassen; daher der ebenfalls von den Briten gefangene Marine-Stabsrichter Filbinger noch darauf bestehen konnte, gegen seinen Mitgefangenen, den Matrosen Gröger, ein im Kriege, der längst durch die totale Kapitulation beendet war, wegen Fahnenflucht ergangenes Urteil noch zu vollstrecken - wozu nichts Filbinger genötigt hat als die Tatsache, dass er ein sadistischer Nazi war! Der so auch vom Stuttgarter Gericht damals expressis genannte "furchtbare Jurist". Ich weiß von keinem zweiten Todesurteil, das Deutsche als Gefangene einer der Siegermächte noch in deren Lagern an Deutschen vollstreckt haben."
Filbinger musste sich denn auch, um diesen 21-Jährigen erschießen zu lassen, von den Briten zwölf Gewehre ausleihen, denn selbstverständlich hatten die Engländer ihre deutschen Gefangenen entwaffnet. Dann hat Filbinger das Peloton zusammengestellt; und sich selber, für den Ablauf dieser mörderischen Veranstaltung, als der "Feuer!" befehlende Vollstrecker ins Protokoll gesetzt." (Quelle: SZ; dazu auch Hochhuth und das Urteil in der Faz)

Egal wie man es dreht und wendet: Entweder hat Oettinger einfach einen von einem Redenschreiber formulierten Text abgelesen, ohne sich über den Inhalt der Rede und dessen Bedeutung klar zu sein. Als vielbeschäftigter Ministerpräsident spricht er dauernd bei Anlässen, von denen er keine Ahnung hat und verlässt sich dabei blind auf seine Mitarbeiter. Das wäre schlicht dumm.

Oder er meint die Sätze tatsächlich so, wie er sie gesagt hat. Dann ist es empörend und Oettinger untragbar.

Viel wahrscheinlicher aber ist, dass Oettinger mit der Rede eine bewusst riskierte, kalkulierte Provokation zur taktischen Anbiederung an rechte Kreise, zum setzen einer Gesinnungs-Duftmarke platziert hat, damit der Walser lesende Konservative in der Wahlkabine weiß, wo er sein Kreuzchen zu machen hat. Hier ein bischen Landser-Romantik, dort ein wenig Wehrmachtsverklärung - das wird in konsevativen Kreisen gern gesehen. Die Kalkulation könnte so aussehen: PDS, Grüne, SPD, Gewerkschaften, Zentralrat der Juden werden protestieren - aber die gehören ohnehin nicht zu Oettingers Klientel. Deren erwartbare Proteste gehören zur Folklore des politischen öffentlichen Raumes dazu. Daran wird sich in 3 Wochen niemand mehr erinnern. Aber daran, dass die Absolutionsbedürftigen unter den Deutschen den Günndr als einen Guten in Erinnerung haben, darauf spekuliert eine solche Unverschämtheit. Wer redet heute noch über Roland Kochs unerträgliche ausländerfeindliche Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft? (Abgesehen von seiner Rolle in der Spendenaffaire der Hessen-CDU?)

Es scheint aber, dass der öffentliche Diskurs nicht so schnell, wie Oettinger oder seine Strategen gedacht haben, über diesen Vorfall hinweggehen und es scheint, als habe Oettinger nicht damit gerechnet, so wie er sich jetzt schweigend zurückzieht. Allein Angela Merkel, die mitten in der Schwarzgeldaffaire der Bundes-CDU mit einem Artikel in der FAZ zu einer notwendigen kritischen Distanzierung zum Übervater Kohl aufrief, als das noch längst nicht Mainstream war, beweist wieder einmal den richtigen Instinkt und erklärte, dass sie mit Oettinger am Freitag telefoniert und ihm gesagt habe, "dass ich mir gewünscht hätte, dass neben der Würdigung der großen Lebensleistung von Ministerpräsident Hans Filbinger auch die kritischen Fragen in Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus zur Sprache gekommen wären". Sie hätte sich eine Differenzierung "insbesondere im Blick auf die Gefühle der Opfer und Betroffenen" gewünscht.

Die Forderungen nach Konsequenzen reichen von einer Entschuldigung und Richtigstellung über einen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten bis zum Rücktritt vom Vorsitz der Föderalismuskomission, wie Klaus-Uwe Beneter (SPD) sie vorbrachte. Weshalb der Rücktritt von dieser Funktion eine angemessene Äquivalenzhandlung sein soll, bleibt Beneters polit-arithemtisches Geheimnis.

Währenddessen erklärte der Vorsitzende der baden-württembergischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Georg Brunnhuber, dem Handelsblatt, "Wir stehen weiterhin zu Oettinger, ohne Wenn und Aber. (...) Jedes Wort war richtig, da kann man nur fünf Ausrufezeichen dahinter machen." Es sei "höchste Zeit" gewesen, dass Oettinger nach der "unsäglichen Kampagne" gegen Filbinger "deutlich gemacht hat, was Sache ist". "Alle, die sich aufgeilen in Sachen Filbinger, müssen wissen: Am Grabe sind alle Anfeindungen vorbei." Brunnhuber sagte, von der SPD habe er auch keine Kritik an Schriftsteller Günter Grass vernommen, der Mitglied der Waffen-SS gewesen sei: "Das wird akzeptiert: Die Linken dürfen bei der SS gewesen sein."

Gabe der mangelnden Zivilcourage - Kommentar von Heribert Prantl in der SZ
Oettingers Versagen - Kommentar von Gustav Seibt in der SZ
"Peinlich und dreist" Interview mit Wolfgang Thierse in der FR
Günther Oettinger der beredte Beschweiger - Kommentar in der Welt
Oettingers fataler Flirt mit der Rechten im Spiegel
Hochhuth und das Urteil in der Faz
Oettingers Chance: Schadensbegrenzung - Kommentar von Rainer Blasius in der Faz

Mittwoch, April 11, 2007

Arbeitgeber-Stealth-PR

Wie der Spiegel berichtet, hat die arbeitgeberfreundliche "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) eine Webseite eingerichtet, die Studierende über die Verwendung ihrer Studiengebühren informieren will und sich als studentisches Instrument öffentlicher Nachfrage und kritischer Recherche, inwiefern Studiengebühren einem verbesserten Studium zu Gute kommt, darstellt.

Soweit, so gut.

Jedoch sind die Umstände des Starts der Webseite, die Darstellung ihrer Hintergründe als Instrument einer eindeutig marktliberal ausgerichteten Lobbygruppe jedoch nicht frei von einem gewissen "Geschmäckle".

So wurden Anfang April Uni-ASten angemailt und auf den Start von unicheck.de hingewiesen und zur Teilnahme an einer Umfrage aufgefordert. Dabei war keine Rede von der hinter der Webseite stehenden Lobbytruppe.

Die Webseite kommt in der E-Mail wie ein studentisches Projekt daher und ist in der visuellen Anmutung einem Blog sehr ähnlich. Das die Redaktion bezahlte Mitarbeiter der INSM sind und von einem Büro aus dem Haus der INSM arbeiten wurde anfangs geflissentlich übersehen. Die Redakteure seien an der Uni Köln eingeschrieben. Insofern stimme der Sogan "Von Studenten für Studenten". Eine reizende Haarspalterei.

"Wer Anfang April ahnungslos auf die Mail von Thorsten Schröder geantwortet hat, könnte sich dann plötzlich als Statist einer gut geplanten Pro-Gebühren-Kampagne wiederfinden.

Um nicht als reines Arbeitgeberpropagandagefährt daher zu kommen, hat sich die INSM das "Campus Magazin" UNICUM und die Verbraucherzentrale NRW als Partner ins Boot geholt, die auf den ersten Blick nicht so "verdächtig" sind, wie die Financial Times Deutschland, die mit einer konservativen Wahlempfehlung in der Vergangenheit schon mehr als deutlich gemacht hat, wo sie steht. In der Pressemitteilung werden dann die Partner auch brav in der am wenigsten Verdacht erregenden Reihenfolge aufgeführt: Das Studentische ganz nach vorn (UNICUM), das Objetive dahinter (Verbraucherzentrale) dann der Rest (FTD). Dazu noch ein O-Ton vom "Campusmagazin" UNICUM.

Den ganzen Artikel Start unter falscher Flagge in der Online-Ausgabe des Spiegel

Die INSM ist bekannt für diese Art der Stealth-PR zur Platzierung marktliberaler Ideen, Slogans, Konzepte im öffentlichen Diskurs, über den diese in die Köpfe von Politikern, Bürgern einsickern sollen.

Immer knapper besetzte Redaktionen, die kein Personal für eigene Recherche haben und zunehmend auf Pressemitteilungen und vorgefertigten Inhalt angewiesen sind, drucken, veröffentlichen und senden ungefiltert, nachrecherchiert, kritisch geprüft, bis der Arzt kommt. Dabei wird die klassische kritische Recherchefrage des Journalismus "Wer spricht?" die Toilette heruntergespült. Schließlich interessiert es morgen niemanden mehr, was gestern in der Zeitung stand. Der Platz will gefüllt, die Sendezeit bestückt werden. Umso besser, wenn komplett formulierte, professionell gearbeitete Artikel mit ansprechendem Bildmaterial (Grafiken! Ich brauche Grafiken!), sendefähige Beiträge geliefert werden.

Das erinnert an den alten Otto Witz: "Nachrichten. Die Wissenschaft hat herausgefunden, das Rauchen DOCH NICHT schädlich sei. Gezeichnet., Dr. Marlboro."

Irgendwann können wir die Redaktionen auflösen und direkt die "Nachrichten" aus den Firmenzentralen beziehen.

Auch und nicht zuletzt über ein weit gespanntes Netzwerk von Personen, das nicht nur aus den erwartbaren Verdächtigen wie Friedrich Merz, Roland Berger, Lothar Spät oder Hans Tietmeyer, sondern z.B. auch Dieter Lenzen, Pädagogik-Professor an der FU Berlin oder "prominenten Persönlichkeiten"besteht, wird die Propaganda betrieben und der Eindruck eines "breiten gesellschaftlichen Konsenses" erzeugt. Diese sitzen dann in unterschiedlichsten Diskurssionsrunden und deklinieren die marktliberalen Positionen in den unterschiedlichsten Ressorts von Politik, Wirtschaft, Bildung, Verbraucherschutz, Ernährung, Sport bis zur Kultur.

Gerade an der Person Dieter Lenzens und seinen außeruniversitäten Aktivitäten für Arbeitgeberverände, die aber gerade ihre Wirkung und Reichweite von dem Objektivität und suggerierendem Label "Universität" und allen damit verbundenen Assoziationen (Studie, Experte, Professor, Prognose, usw.) bezieht, kann man das "Prinzip INSM" ablesen:

Protagonisten, die nicht unmittelbar als Agenten und Broker einer bestimmten Gesinnung erkennbar sind, weil sie scheinbar über andere Themen (Bildung, Umwelt, Verbraucherschutz, Ernährung, usw.) reden, platzieren die Thesen der INSM in den thematischen Spalten der Zeitungen, den Diskussionsrunden des Fernsehens usw. So wird für eine zunehmende Omnipräsenz eines künstlich erzeugten marktliberalen Zeitgeistes gesorgt.

Dieser PR-Homunkulus lässt sich dann wiederum in politische Energie umsetzen, wenn die PR-erzeugten Stimmungen, über Akteure unterschiedlichster politischer Lager (Florian Gerster, ehemaliger Arbeitsagenturchef und SPD-Mitgleid ist ebenso INSM-Mann wie Oswald Metzger von den Grünen) in die Parteien und die Köpfe der Entscheider übersetzt werden.

So gab und gibt Lenzen für die Vereinigung der bayerischen Wirschaft den Bildungsexperten und stellt seine "Ideen" zu einem umfassenden Umbau des Bildungssystems in Dienst der Arbeitgeberlobby.

Wie erfolgreich die PR funktioniert, wie gut das Networking klappt, konnte man hier bestaunen, druckte doch sogar die ehrwürdige Süddeutsche Zeitung brav die "Top Meldung" von der "radikalen Bildungsreform", die die "Bildungs-Experten" forderten allen Ernstes auf Seite 1. Entsprechend lautsprecherten zig Zeitungen, Webseiten und Fernsehberichte ungefiltert und unhinterfragt die über die Presseagenturen (die nicht wenigen Medien als Garantie für die Güte von Meldungen erscheint, weswegen eine Meldung, eine Nachricht, die das Nadelör der dpa passiert hat als praktisch "durch" gelten darf.) ventilierte PR als Meldung in die Welt.

Ziel dieser PR auf allen Kanälen ist, marktliberale Ideen durch bestimmtes "wording" (Flexibilisierung, Reform, modern, innovativ, Individualisierung, Wahlfreiheit, sozial ist was Arbeit schafft, Vorfahrt für Arbeit) positiv zu besetzen und umgekehrt sozialstaatliche Konzepte durch pejorative Labeling negativ zu besetzen (Blockierer, Besitzstandswahrer, gestrig, teuer, überholt, Versorgungsmentalität, usw.).

Indem die Themen und Thesen der Arbeitgeberlobby auf allen Kanälen, Podien, in allen Medien und quer durch alle Ressorts ventiliert werden, sollen diese Maintream und Allgemeingut werden. Einerseits wird damit künstlich der Eindruck einer öffentlichen Meinung erzeugt ("...die Stimmung in Deutschland...") andererseits die Bevölkerung für bestimmte Ideen aufnahmebereit gemacht und wenn nötig sturmreif geschossen: Da wird so lange düster von der Reformunfähigkeit gemunkelt, der Langsamkeit der Deutschen gegenüber den Allflexiblen Asiaten und dem globalisierten Markt, den Kosten des Sozialstaats etc. bis die Bevölkerung die weiße Fahne hebt und bereit ist jeden als "Reform" verkauften Einschnitt hinzunehmen. (Dann wundert man sich über den Erfolg des Spinning und die allgemein depressive Lage, die sich auch in Konsumverzicht äußert und fordert Zuversicht, Optimismus, Unternehmergeist. DU bist Deutschland!)

Gerhard Polt hat auf seiner CD "Der Stadort Deutschland" das passende Stück gleichen Namens dazu. Darin berichtet ein Wirt von den "Kaulquappennummerierern in Brüssel", die ihn zwängen sein Frittierfett alle 5 Wochen auszuwechseln und wie er auf solche wirtschaftlichen Härten reagieren müsse. Er stellt "den Herrn Brabang" ein, einen Indonesier, der für 5,80 DM für ihn arbeitet und unter dem Treppenabsatz wohnt. Weil die wirtschaftliche Lage jedoch kritisch sei, müsse er den Lohn leider auf 3,60 DM kürzen. "Wissen Sie, was dieser Herr Brabang mir da sagt? ... Wissen Sie was der mir sagt?!! "Der Bambus biegt sich im Sturm und bleibt stehen. Der Baum gibt nicht nach - und bricht." Jetzt erzählens DAS mal einem Deutschen!"

Zum Thema auch: der höchst interessanten Passus über die INSM und die Einflussnahme auf die Medien bei Wikipedia.

Meine Kritik zu dem als Wissenschaftlichkeit behaupteten gelenze von Arbeitgeberforderungen bei reticon: Post von reticon

Dienstag, April 10, 2007

Wie sieht die menschliche Seele aus?

In der TITANIC gabe es eine wunderbare Reihe m dem schönen Titel "Wie sieht die menschliche Seele aus?", die hier fortgesetzt werden soll. Teil 1:

Sonntag, April 08, 2007

Lifelong staying the same

Während überall ständig die Rede vom "lebenslangen Lernen" ist (die irgendwie sehr nach "lebenslanger Haftstrafe" klingt, was dem Geist des Ganzen auch näher kommt, als die dauerfröhliche Anpreisung durch Powerpointbürschchen und Flexibilisierungsdiskursadepten (das sind die, die jeden Halbsatz ihres Gegenüber mit einem "ok" quittieren) als "ganz spannende" "Herausforderung und Chance"; weil es von den "Entscheidern", Movern und Shakern als Foucault'sche Disziplinierungsmaßnahme in Stellung gebracht wird, bei der der abhängig Beschäftige die Überwachung und Kontrolle in sich hineinverlegt (Bin ich gut genug? Müsste ich mich nicht gerade jetzt in einem Blended Learning Kurs einschreiben?), während die Decision Maker selbst bequem in abgesicherten Verträgen hocken, die letzte Weiterbildungsmaßnahme, die letzte Erfahrung formalen Lernens auf die Schulzeit datiert.), macht Hugh Grant einfach das, was er immer macht. Sich selbst spielen. A shallow person, nice but superficial. Oder superficial but nice. Am deutlichsten wurde das Prinzip Hugh Grant in ABAOUT A BOY zerlegt und ihm als Text in den Mund gelegt. In MUSIC AND LYRICS kann man das Phänomen "romantic comedy" in der Subkategorie "romantic comedy with hugh grant" besichtigen.
Die sympathische und darum anschlussfähige und für die im Publikum sitzenden Betroffenen annehmbare Reinszenierung der Peinlichkeit der 80er Jahre, die gruselige Wohnungseinrichtung Hugh Grants, erledigen die Hälfte. Den Rest besorgen Sprüche, Face-Expressions, ein Handlungsverlauf und ein allgemeiner Konstruktionsplan (Boy meets girl, boiy gets girl, boy looses girl, boy gets girl, 3,4 good laughs, good chemistry between leadging actors, 2 good sidekicks - done!), die vorhersehbar bis zum gehtnichtmehr sind und im Rahmen der Erwartungshaltung des Publikums bleibende Variationen des Immerselben sind und genau DARUM funktionieren. Das Publikum will im Grunde EINEN Film sehen und den in immer neuen Variationen und da Hugh Grant offensichtlich zero aspirations hat, Schauspieler zu sein, sondern sich damit begnügt ein authentischer Hugh-Grant-Darsteller zu sein, sind alle gut bedient.

Es reicht, den Trailer gesehen zu haben aber man braucht nicht immer das Schenkelklopfen, den glasklar formulierten Gag, es reicht manchmal auch das flüchtige Gefühl von entspannter guter Laune. "In a romantic comedy if the audience likes the stars enough to want them to get together you are halfway home." Eben.

Brad Garett, der den Manager spielt, hat eine fantastische Stimme, was sich in seinem Oeuvre entsprechend darstellt. Voice, Voice, Voice. Finding Nemo, House of Mouse, Garfield, usw. Überhaupt finden sich einige beeindruckende Titel in seinem Werk: Tranformers, Hulk Hogan's Rock N Wrestling, Two stupid dogs, Siegfried & Roy: Masters of the Impossible ... die Miete zahlt sich eben nicht von allein. Aber immerhin, in der SEINFELD-Folge "The bottle deposit" spielt Garett den Automechaniker, der Jerrys Auto entführt, weil er den Eindruck hat, dass Jerry den Wagen nicht genügen Respekt entgegen bringt. Wer kann das schon von sich behaupten, Teil von SEINFELD zu sein?

Wo wir gerade in der Abteilung "Woher kenne ich den/die nochmal ...?" sind: Kirsten Johnson, die die Schwester von Drew Barrymore gibt, das ganz hervorragend macht, neben Drew zwar aussieht wie Hulk Hogan neben Elijah FRODO Wood entzückte in "Austin Powers The Spy who shagged me" als russisches Fotomodell "Ivana Humpalot". Was für eine Nase!