Freitag, Oktober 16, 2009

Mad World

Local Computer Expert

(Für größeres Bild: druffklicken! via xkcd)

Donnerstag, Oktober 15, 2009

Faktotum

"Die Rede von Jürgen Boos, dem Direktor der Messe, der immer mehr zu deren peinlichem Faktotum wird, erinnerte an nasse Seife: Immer wenn man meinte, man habe nun endlich eine Aussage in der Hand, flutschte sie einem mit einem "Ja, aber" wieder aus den Händen: "Die Buchmesse bietet eine kulturelle Diskursplattform mit klaren Regeln. Aber sie ist nicht die Uno! Unser Thema ist die Literatur." Nein, Jürgen Boos muss nicht die Einamannlichterkette für die Menschenrechte geben - sein windelweicher Kurs aber, mit dem er Amnesty International, den globalen Buchhandel und die internationale Presse (...) zugleich zufriedenstellen will, erinnert an diese molluskenähnlichen Gummimenschen aus dem chinesischen Staatszirkus." Alex Rühle in der SZ

Mittwoch, Oktober 14, 2009

Tupperparty Frankfurter Buchmesse

"Lässt alles nach hier. Die Messe ist eröffnet. Und der erste Stand ist schon zusammengebrochen. Der vom Berlin Verlag. Der Dreck von Littell? Sparsamkeit wars eher. Beim Empfang eben gabs Bons. Ein Getränk umsonst, den Rest muss man zahlen. Wenn das so weiter geht, machen wir im nächsten Jahr eine Bottle-Party und 2011 sind wir endlich bei selbstgemachten Nudelsalaten und Käseigel. Wer den besten Nudelsalat macht, bekommt die neue Atwood geschenkt. Oder den neuen Littell, Gottbewahre. Die Buchmesse als Tupperparty. Prima Perspektiven." Elmar Krekeler via unendlicherspass.de

Unendlicher Spass

Im Kölner Schauspielhaus las eine umfangreiche Runde Schauspieler - darunter Manfred Zapatka, Maria Schrader, Michael Wittenborn und Joachim Krol - und Harald Schmidt aus dem kürzlich auf Deutsch erschienenen Roman "Unendlicher Spaß" des amerikanischen Autors David Foster Wallace .

Nach sechs Jahren Arbeit hat Ulrich Blumenbach den 1500-Seiten Klotz ins Deutsche übersetzt. Sowohl der Roman selbst als auch die Übersetzung gelten als eine Senstation. Blumenbach und sein Verleger Helge Malchow von Kiepenheuer & Witsch, sowie der Literaturkritiker Denis Scheck brachten in diesem überaus gelungenen Format aus Lesung und gemeinsamen Gespräch über die Übersetzungsarbeit, den Autor und die literarische Qualität, den Zuschauern das Werk nahe.

"Unendlicher Spaß" sei, so Helge Malchow, für das 21. Jahrhundert das, was Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" für das 20. Jahrhundert gewesen sei: Ein Jahrhundertwerk, ein Monument. Nun gut, der Mann ist Verleger, d.h. Kaufmann, Bücher sind seine Produkte.

Im Laufe des Abends fallen die Namen James Joyce Thomas Pynchon oder Marcel Proust, womit ungefähre Anhaltspunkte gegeben sind, um was es sich bei dem Wälzer handelt, nämlich einem neuen Versuch, "eine ganze Welt zwischen zwei Buchdeckel zu fassen."

Derzeit ist der temperamentvolle Übersetzer Ulrich Blumenbach mit seinem Verleger Helge Malchow unterwegs, um für das Buch zu trommeln. Vor der Frankfurter Buchmesse machten sie nun Station am Kölner Schauspielhaus, danach soll es zum Berliner Ensemble gehen.

Wer bei Blumenbach nach sechs Jahren mikroskopischen Frohndienst in diesem Sprachsteinbruch eine ausgezehrte, abgearbeitete Figur erwartet, wird sich über dessen Agilität wundern: Vermutlich ist genau diese esspressoüberdrehte Extrovertiertheit und Begeisterung Gelingensvoraussetzung für diese Herkulesaufgabe. Beleibe nicht nur, aber sicher auch, wegen dieser unfassbaren Leistung wird Blumenbach während der Frankfurter Buchmesse mit dem Übersetzerpreis der Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Stiftung ausgezeichnet.

Eine äußerst langdauernde aber bis auf die Ausnahme Harald Schmidts kurzweilige Veranstaltung. Dieser mag mit seiner Beteiligung belegt haben, dass eigentlich Theater, Feuilleton und Gedankenschwere sein bevorzugtes Milieu sein mögen, anstatt allabendlich Sendezeit zu vernichten. Aber v.a. stand er dem Text im Weg.

Während Manfred Zapatka mit seiner Vortragskunst hinter dem Text zurücktrat, dem Text eine Bühne bereitete und in Erscheinung treten ließ, Michael Wittenborn ohne Aktivitismus zu entfalten und sich etwa wie Joachim Krol mit der gestikulierenden rechten Hand in die im Text beschriebene Welt hineinzuwühlen und dem eigenen Körper anzuverwandeln, sondern allein durch in der Modulation und Phrasierung seines Monologs eines Alkoholikers ebendiesen auf der Bühne erscheinen ließ, war Harald Schmidt v.a. Harald Schmidt, hinter dessen marktschreierischen Diktion die Geschichte kaum wahrnehmbar wurde. Jeder Jeck es anders.

In lebendig geisreich perlender Diktion berichtete Blumenbach von der schieren Kraftanstrengung dieser Mammutübersetzung, die ihm aber v.a. immer Freude und Beflügelung gewesen sei. Der amerikanische Autor habe in dem Buch so viele verschiedene Figuren und damit Sprechweisen und unterschiedliche Wortbestände versammelt, dass es zum Einen eine detektivisch-archäologische Anstrengung gewesen sei, die besondere Ausgabe des Oxford Dictionary zu finden, in der ein bestimmter Terminus nachgewiesen ist und die künstlerisch-gestalterische Herausforderung eine angemessene Übertragung ins Deutsche zu bewerkstelligen, die das Wesen des Originals abbildet ohne mit ihm identisch sein zu können.

Während Blumenbach und der Verlag Kiepenheuer & Witsch sich sechs Jahre Zeit gelassen haben, um diesen Anspruch gerecht werden zu können, haben, wie Blumenbach in Köln berichtete, die südeuropäischen Übersetzungen es sich leichter gemacht und allzu schwierige Passagen (und eigentlich besteht das Buch nur aus solchen, sich über mehrere Seiten erstreckenden Wortkaskaden gespickt mit Slangausdrücken oder medizinischem oder mathematischen Fachvokuablar) einfach weggelassen. So erstaunt es nicht, dass bereits ein Jahr nach dem Erscheinen von "Infinite Jest" die italienische Übersetzung vorlag.

In einem Artikel für die FAZ beschreibt Blumenbach äußerst anschaulich und liebevoll die anstrengende, herausfordernde aber das temperamentvolle Energiebündel immer begeisternde Arbeit und gibt einen Einblick in die für den deutschen Leser oft unsichtbar bleibende Leistung der Übersetzung.

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung wird ebenfalls die Übersetzungsarbeit anschaulich beschrieben, die die Aufgabe, die polyphone Sprachdichte zu übertragen, deutlich machen: "Afroamerikanische Schimpfkaskaden, Stümmel-Irisch, spitzmündige Harvard-Uppest-Class-Dialoge, breiter Westküstenslang - wie überträgt man all das ins Deutsche? [...] Einmal wird ein Mann als ascapartic beschrieben. Blumenbach durchforstete alle ihm bekannten Wörterbücher, den großen Muret-Sanders von 1962, das Webster's Unabridged Dictionary - nichts. Zufällig stieß er dann in einem Antiquariat auf eine Ausgabe des Muret-Sanders von 1906. Da stand es: "Ascapart: in alten Romanzen ein gewaltiger Riese, den Bevis of Hampton besiegte."

www.unendlicherspass.de

p.s. und: Laut SZ hat Kiepenheuer und Witsch 44000 Euro für die Übersetzung gezahlt. Teilen Sie das bitte durch 6 Jahre und ermitteln den Monatslohn für den Übersetzer. Setzen! Danke!