Freitag, Juni 04, 2010

Taufe

"Der deutsche Name für den Gulf of Mexico lautet inzwischen Aralsee." Sascha Lobo

Donnerstag, Juni 03, 2010

The limits of PR

"At the end of the day, the best PR and advertising in the world can not compete with that live video stream of that oil coming out of the bottom of the sea," Chris Gidez, a former oil company public relations man, told Advertising Age magazine. "PR, advertising, community affairs, social media and communications is not going to solve the problem." (CNN)

Bildungsinvestition: Wichtig ist, was hinten rauskommt

Im Wirtschaftsteil der FAZ vom 2. Juni schreibt Ludgar Wößmann, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität München und "Bereichsleiter Humankapital und Innovation " am ifo Institut, über die Debatte um Investitionen in Bildung. Während Bundesministerin Schavan und Kanzlerin Merkel im Kanon mit vielen "mehr Geld für Bildung" fordern, werden zunehmend Stimmen laut, die eine differenziertere Betrachtung einklagen.

"Geldmangel ist nicht das größte Problem im deutschen Bildungswesen", titelte unlängst die
Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung im Wirtschaftsteil. Das Problem sei vielmehr, dass das Geld nicht diejenigen erreicht, die es benötigen: "Es hat zwei andere gewaltige Defizite: Es ist ungerecht und ineffizient. Beide Themen hängen zudem eng zusammen. Wir haben schlechtes Timing bei Bildungsinvestitionen und treffen nicht den, der es am nötigsten braucht und am meisten profitiert."

Geld für Hochschulen auszugeben würde daher immer diejenigen treffen, die überhaupt dort angekommen sind und das sind v.a. Mittel- und Oberschichtenkinder. Ludgar Wößmann nun weist ebenfalls daraufhin: "Die bestehende Foschung deutet jedenfalls darauf hin, dass mangelnder Hochschulzugang nur in seltenen Fällen mit akut fehlenden Finanzmitteln, sondern zumeist vielmehr mit mangelnder Grundlagenbildung und fehlender Bildungsaspiration des Elternhauses zu tun hat. So könnte sich herausstellen, dass ein Großteil des Programms letztlich eher als Förderung der Mittelschicht denn als Mittel zur Verbesserung der Bildungsergebnisse fungieren wird."

Eine doppelte Ungleichheit: Die Mittelschicht sichert sich die Bildungsinvestitionen im frühen und im späten Bildungsstadium und zementiert so die Ungleichheit - und der Staat steht für den wachsenden und verstetigten Bedarf sozialer Transferleistungen ein. So bezahlen alle für die im System angelegte Bevorteilung weniger - mit ihrem Geld und mit nicht realisierten biographischen Chancen.

Wenn man wirklich die Vererbung sozialer und ganz materieller Armut durchbrechen wolle, müsse man mit entsprechend Angebote finanzieren, die früh ansetzen: Hebammen statt Professoren, lautet die Formel.

Sonst bleibt die Erzählung von der "Bildungsexpansion" ein Märchen für diejenigen, die mit schlechten Bedingungen starten und die verfügbaren Blidungsangebote nicht zur Entwicklung von Fähigkeiten nutzen kann, mit denen die jeweils anschließenden Bildungsoptionen ausgebaut werden können. Wer dagegen "schon als Säugling eine stimulierende, stärkende und schützende Umgebung hatte, kann künftige Bildungsangebote besser ausbeuten. Er hat größere Lernraten als der vernachlässigte Altersgenosse."

Anstatt, dass der Staat dafür sogt, die gegebenen Ungleichheiten soweit abzumildern, dass alle Kinder gleichen Nutzen von den verfügbaren Bildungschancen ziehen können, um gleiche Chancen auf die Möglichkeit des Erwerbs von Fähigkeiten zur selbstverantwortlichen Gestaltung ihres Lebens (und gesellschaftliche Teilhabe) zu erhalten - und so auch im weiteren Lebensverlauf als Steuerzahler und aktive Bürger an Gesellschaft teilzunehmen, kritisch zu reflektieren und zu gestalten, anstatt auf Lebenszeit unterstützungs- und interventionsbedürftig zu sein, protegiert er existierende "Erblinien" - und schafft sich dadruch langfristig ein Problem: bei sinkenden Geburtenraten (insbesondere im Akademikermilieu) kann sich Deutschland weniger als sonst schon erlauben, nicht nur Bildungsreserven nicht zu erschließen, sondern umgekehrt in Leistungsempfängerlinien zu tranformieren. Nicht nur kann der Staat das nicht bezahlen - die Gesellschaft läuft Gefahr "umzukippen", wenn immer größere Gruppen von aktiver Teilhabe ausgeschlossen werden.

Wößmann nun unterstreicht in der FAZ diese Position der differenzierten Bildungsinvestition und weist darauf hin, dass die banale Forderung nach "mehr Geld" die Antwort schuldig bleibt, was man mit dem Geld eigentlich machen will und ob es denn auch wirklich die gewünschten Effekte erzielt. "Draufhalten" allein genügt nicht. "Aber auf die Ergebnisse kommt es an, nicht auf die Inputs. [...] Man kann leider sehr viel Geld ausgeben, ohne dass sich an den Bildungsergebnissen etwas verbessert. Deshalb können Bildungsausgaben nicht ohne Bildungspolitik diskutiert werden." (Bild: memoossa)

Mittwoch, Juni 02, 2010

Ordnung, Kontrolle, humoritischer Ballbesitz

Was denkt Harald Schmidt, wenn er die Oliver Pocher Show sieht?

"Jetzt spricht der Louis van Gaal aus mir: Das, was Pocher passiert ist, hätte ich ihm systematisch erklären können. Regel Nummer eins: Publikum wechselt keinen Sender. Regel Nummer zwei: Publikum braucht fünf Jahre, bis der Moderator den Sender gewechselt hat. Machen Sie eine Umfrage unter Sat.1-Sehern: Meine Show ist bei denen noch die drittbeliebteste. Hinter dem „Glücksrad“ und „ran“. Außerdem habe ich Pocher in unserer letzten Show gesagt, dass der Freitagabend ein tödlicher Sendeplatz ist. Wenn Sie wie ich Systemtrainer sind – Ordnung, Kontrolle, humoristischer Ballbesitz – und die Regeln beherzigen, dann passiert Ihnen so etwas nicht." (FAZ)

Green Goal

Die Frauen-WM 2011 soll ohne negative Folgen für das Klima bleiben. Claudia Roth, Bundesvorsitzende der Grünen engagiert sich im Unweltbeirat. Als erste Maßnahmen beschloss dieser
  • keine Zwiebeln, kein Kohl, keine Hülsenfrüchte in der Sportlerkantine sowie
  • Burka für unattraktive Spielerinnen "Das Auge isst ja mit", lacht die lebenslustige Augsburger Puppenkiste.
  • Schon jetzt aktiv: Während die männlichen Spieler immer weibischer werden (Haarreifen, Heulsusen, gegenseitiges Mobben bis zur Esstörung) verzichten die Spielerinnen für eine ausgeglichene Klimabilanz auf Haarspray und sonstige Kosmetika.

(Foto: simprat)

Ich bin dann mal weg - Stimmen zum Köhler-Rücktritt

"Er wollte mehr, als das Amt hergab, und das, was das Amt hergab, füllte er nicht aus." Heribert Prantl in einem, wie immer klugen Kommentar zum Köhler Rücktritt.

Der Kister Kurt wie immer spitz: "Horst Köhler war, man kann es heute nicht anders sagen, im Amt des Bundespräsidenten überfordert."

(Bild: schwarzsi)
Noch deutlicher wird Niels Minkmar in der FAZ: "Nach Margot Käßmann und Roland Koch nimmt ihn sich nun die dritte und wichtigste Person des öffentlichen Lebens zu Herzen. Waren die beiden ersten Fälle interessante Symbole für eine komplexe Rollensuche in unübersichtlichen Zeiten, ist dieser Rücktritt zum Heulen vor Wut und in jeder Hinsicht eine Katastrophe. Er ist illoyal, weil er der Bundeskanzlerin, die ihn gefördert und gerade einen schweren Stand hat, den Boden unter den Füssen wegzieht. Er ist feige, weil er einem unbehelligten Ruhestand der Debatte über einen Krieg den Vorrang gibt, wobei die Bundeswehrsoldaten diese Option leider nicht haben. Und er bricht das implizite Versprechen, das Staatsmänner mit der Annahme ihrer Wahl geben: Die Leute in schwierigen Zeiten nicht allein zu lassen."

Die taz wirft Köhler ebenfalls einen privatistisch eitles, unpolitisches Affekthandeln vor: "Wofür also steht dieser Rücktritt? Zunächst drückt sich in ihm Köhlers emotionale, nahezu unpolitische Haltung zum - zumindest nominell - höchsten Amt im Staate aus. Er schleudert der Welt entgegen: "Wenn ihr mich nicht mehr wollt, macht euren Kram doch allein!" Anstatt sich zu positionieren, wirft Köhler hin. Dieser mangelnde Respekt vor dem Amt, um mit Köhler zu sprechen, ist einer der Gründe dafür, dass einen der Rücktritt fassungslos zurücklässt."

Schon im Februar 2006 leuchtete Jan Heidtmann im SZ-Magazin Köhlers Schwächen aus: "die Verwandlung Köhlers vom Volkswirt zum Volkshirten ist gescheitert. Er findet in seinem Amt nicht den richtigen Ton, mäandert zwischen Taka-Tuka-Land-Poesie und Endzeitstimmung. [...] Beobachtet man Horst Köhler für einen Monat, bleibt am Ende das unbestimmte Gefühl zurück, als fehle etwas. So, als habe man eigentlich nur den Stellvertreter des Bundes-präsidenten begleitet.[...] Die Gründe dafür sind vielfältig ­ fehlendes Charisma, die Tatsache, dass Horst Köhler das wichtigste Machtinstrument des Bundespräsidenten, die öffentliche Rede, nicht wirklich beherrscht."

Dienstag, Juni 01, 2010

Horst Wer?

Im Februar 2006 erschien im SZ-Magazin ein Porträt von Horst Köhler, in dem der Bundespräsident als schwach, ideenlos und kritikanfällig beschrieben wurde. Im Lichte von Köhlers Rücktritt scheint die damalige Beschreibung nun auf einmal ausgesprochen aktuell.

Gazillionfufillion

Was ist nur aus der Million geworden? Schulden, Etats, Steuern - alles wird nur noch in Milliarden berechnet. Im SZ-Magazin begeht Max Fellmann einen Abschied von einer Summe, die für viel mehr steht als nur sechs Nullen.

"Unter der Milliarde machen sie es nicht mehr. Und »Million«, das klingt auf einmal wie eine Größenordnung aus anderen Zeitaltern. Es ist wie in der Agentenkomödie Austin Powers: Da kommt ein Bösewicht nach 30 Jahren im Exil zurück, droht, die Welt zu vernichten, und fordert von den versammelten Staatschefs mit dramatischer Geste eine Million Dollar. Die Staatschefs lachen sich kaputt."

Montag, Mai 31, 2010

Brown is the new green

Stimmungskanone

Aus gegebenem Anlass nochmal hervorgeholt:

"Im Amt von Bundespräsident Horst Köhler herrscht seit einigen Monaten große personelle Unruhe und Unzufriedenheit. Zahlreiche leitende Mitarbeiter im Bundespräsidialamt haben sich deshalb andernorts um Anstellungen bemüht und ihre Posten aufgegeben."

Der ganze Artikel Schlechte Stimmung in Köhlers Amt vom 14. März 2010 in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung.

Medienaufmerksamkeitsökonomie

Ein Blick auf den Titel der TAZ genügt, um zu bestätigen, was man auch intuitiv ahnt: Auch Studienräte, Frauenbeauftragte, WDR-Redakteure, Referenten Politischer Stiftungen orientieren sich mit dem Schwarm: Lena folgt mit ihrem "Gesamtschul-Cockney aus der niedersächsischen Tiefebene" (SZ) Ballacks auf den Fuß. So weit so gähn.

But that's Medienaufmerksamkeitsökonomie. Selbst Haiti, Chinesenselbstmorde oder das Ölleck von BP haben eine Halbwertzeit von 4 bis 12 Wochen. Auch wenn 800,000 und „max.“ 2,23 Mio Liter Öl pro Tag in den Atlantik suppen. Wenn es stetig dabei bleibt und keine Veränderung zum Vorherigen sich als neu wahrnehm- und darstellbares Glied in der Ereigniskette dazu kommt, wandert das Interesse zu irgendeinem anderen Ereignis.

Jetzt kommt das Hochwasser nach Meck-Pomm und Brandenburg - dabei steht aufgrund der gewachsenen Medien- und Rezeptionsroutine im Umgang mit diesem wiederholten Ereignis keine Nachrichtenflut zu erwarten, dann die Fußball WM - das wird BP eine Verschnaufpause geben.