Freitag, Juli 16, 2010

Make it special

Wer andern eine Grube ...

"Auch das stimmt nicht, was die Bahn behauptet, dass da Notärzte schon gewesen seien. Ich habe den Notarzt gerufen, der kam dann ein paar Minuten später. Von Bahnpersonal war aber nichts zu sehen." (DLF)

Im Interview mit dem Deutschlandfunk verliert Bahn-Chef Mehd...ne .. Dings ...kein Wort über das miserable Krisenmanagement der Bahn oder darüber, dass das mit Steuermitteln finanzierte Unternehmen für seine Privatisierung einen immer strafferen Spardruck aufbaut, Wartungen einspart, Sicherheit hintanstellt, mit krimineller Energie bewehrt ist, die öffentliche Meinung manipuliert und Kunden als Gegner und lästiges Hindernis ("Servicegebühr") betrachtet.

(Bild: Cieleke)

Stattdessen prahlt er damit, dass er "in den letzten Tagen bestimmt über 200 persönliche Telefonate mit Kunden geführt" hat, "wo wir uns persönlich entschuldigt haben."

Vermutlich ist es der Pluralis Majestatis, den der Gesprächspartner benutzt, der Deutschlandfunk-Moderator Friedbert Meurer dazu veranlasst, an dieser Stelle des Interviews die Hörer nochmal darauf hinzuweisen, mit wem er spricht: "Ich spreche mit Rüdiger Grube, dem Vorstandsvorsitzenden der Bahn."

Wochenende!


Udo Lindenberg & Helge Schneider

Ästhetisch Teetisch

Heinrich Heine zum Ersten:

"Sie saßen und tranken am Theetisch
Und sprachen von Liebe viel
Die Herren, die waren ästhetisch,
die Damen von zartem Gefühl"

Heinrich Heine via Mathias Matussek:

"Heine beherrscht das bis zur Perfektion, auch in der Prosa. Wie fromm und biedermeierlich diese Rede beginnt, in der er einige Wünsche zu seiner Behaglichkeit aufzählt: ein Häuschen, ein paar Blumen vor dem Fenster, einige Apfelbäumchen im Garten, und „wenn der liebe Gott mir eine besondre Freude machen will, so sorgt er dafür, dass an diesen Apfelbäumchen sieben oder acht meiner ärgsten Feinde aufgeknüpft hängen.“ Kann man Pointen besser setzen?"

Mathias Matussek, Wir Deutschen. Warum uns die anderen gern haben können. Frankfurt a.M. 2006, S. 39

Ansonsten sollte man sich Heine von Helge Schneider vorlesen lassen.

Donnerstag, Juli 15, 2010

Diagnose

Niels Ruf schreibt "Wer die Leser-Kommentare bei bild.de nicht gelesen hat, weiß nichts über Deutschland." und er hat mehr als Recht.

Vokabeltrainer

Rastafarian-coiffed killer space aliens (VF)

Mittwoch, Juli 14, 2010

Bestechend

Offener kann man es nicht sagen.

"CSU-Landesgruppenchef Friedrich lehnt die Idee einer Versteigerung von längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke ab. Mit derartigen Überlegungen wolle man von politisch notwendigen Entscheidungen ablenken, sagte Friedrich der "Passauer Neuen Presse". Politiker der Opposition wandten sich ebenfalls gegen den Vorschlag, den ein Ökonomieprofessor ins Gespräch gebracht hatte. Der bayerische Wirtschaftsminister Zeil sprach dagegen von einer bestechenden Idee."

Deutschlandfunk Nachrichten (Bild: resignent)

Dienstag, Juli 13, 2010

Heißt das nicht "bewaffneter Konflikt"?

Oh, really?

Zum festen Bestandteil der abendlichen Fernsehshow des amerikanischen Polit"journalisten" Bill O'Reilly gehört das "Talking Points Memo".

In diesen 2-3 minütigen Kommentaren - bei denen der Einfachheit halber die wichtigsten Punkte schriftlich eingeblendet werden (Liberals are against guns for children - Obama hates America - Democrats prefer soccer) - wie seiner ganzen Show geht es O'Reilly darum, die Politik der US-Demokraten im Allgemeinen und von "Mr. Obama" zu attackieren und mit zusammengesuchten Zitaten und Belegen - am Besten von demokratischen Zeitungen und Senatoren - nachzuweisen, dass Obama das Land in den Abgrund führt.

Und, um sicher zu gehen, dass auch jeder seine Botschaft versteht, ist sich O'Reilly auch für griffige Zusammenfassungen nicht zu schade:

"Obama appoints very liberal guy to important job". - say no more!

Aufmerksamkeitsökonomie

Deutschland einig Zeter-Land: Rauchverbote in Kneipen, Schiedsrichter-Bestechungen, Einschränkungen des Bierausschanks in der Außengastronomie und GNTM mobilisieren Millionen aus dem Stand.

(Bild: mestillw)

Alles andere, was sich jenseits der eng gesteckten Grenzen des kognitiven Schrebergartens
befindet, interessiert nicht. Der vielzitierte kleine Mann "draußen im Land" bzw. "von der Straße" liebt die Anstrengung nicht. Er liebt das Bekannte, das, was das je schon Vorhandene - zum Beispiel seinen intellektuellen Status Quo - bestätigt. Neues und Unbekanntes führt nicht zuletzt ihn als uninformiert und ahnungslos vor - das schätzt er nicht.

Er schätzt Situationen, durch die er mit brummelndernder niedrigschwelligem Energieaufwand floskeln kann. Er sucht das unmittelbar Eingängige; das, was er einordnen und also bewältigen kann, ohne dass ihm die Anstrengung abverlangt wird, seinen Urteilsapparat durch das Hinzuführen und Verarbeiten neuer Informationen zu belasten.

So sind auch defekte Klimaanlagen in wenigen Zügen ein Skandal.

An die Privatisierung von mit Steuermitteln bezahltem Allgemeingut haben wir uns aber gewöhnt. An die Manipulation der öffentlichen Meinung haben wir uns gewöhnt. Im Gegenteil: Derjenige wird als Störer der öffentlichen Ordnung gesehen, der nachhaltig an einer Sache dran bleibt und penetrant aufleyendeckert.

Das zeigt: Entweder muss man ein Verbrechen schnell und unauffällig durchziehen oder, wenn schon auffällig und sichtbar, dann derartig in die Länge ziehen und in das Dickicht komplexester Sachaspekte überführen, dass das mediale Interesse schwindet - siehe BP, CDU-Parteispendenaffäre und Enron.

Montag, Juli 12, 2010

Tonlage

Diesem Land geht es besser als man glaubt, wie daran zu erkennen ist, zu welchen Gelegenheiten der erste Grüßaugust der Republik geschickt wird: Nach Torwartnekrologie und Schlagersängerinnenwettbewerbsbegrüßung jetzt Fußballmannschaftstrainerehrung. So wird langsam schreckliche Gewissheit, was manchem nur fönwarme Ahnung war: Christian Wulff legt seine Bundespräsidentenschaft zwischen Phantasialand und Praxis Bülowbogen an.

Sonntag, Juli 11, 2010

Octopussy's Garden

"Hats off to Pablo the Octopus." schreibt der ehemnalige UN-Untergeneralsekretär, gefeierte Indische Schriftsteller und amtierende Außenminister Indiens, Shashi Tharoor. Ist das noch Sommerloch oder einfach nur Radio Gaga, dass selbst auf der anderen Seite des Globus eine Krake aus einem Ruhrgebiets-Unterwasser-Freizeitbumms mit Namen bekannt ist?

(Bild: giselaroyo)

Alles im Lack

Wieder mal ist der 11 Freunde Live-Ticker das eigentliche Finale

"21:27 Uhr
Dass Katrin Müller-Hohenstein heute ganz in Latex auftritt führt dazu, dass wenigstens Oliver Kahn noch Hoffnung auf einen großen, ja: sehr großen Fußballabend haben darf."


27.
»Der ästhetische Wert von Fouls wird unterschätzt«, doziert Kollege Jonas nun. Dann aber bricht auch er weinend zusammen, denn was De Jong da gegen Xabi Alonso bringt, ist kein Foul mehr, sondern ein Verbrechen: Er tritt dem heran fliegenden Spanier mit dem steifen Bein auf den Solar Plexus. Die Rippen könnten durch sein. Ein billiger Abklatsch des Minotaurus-Stoßes des Zinedine Zidane vor vier Jahren, es ist, als wollte ein Karussellbremser eine griechische Tragödie inszenieren. Lächerlich. Vielleicht sieht De Jong deswegen nur Gelb, damit er sich nicht einreihen kann. Vielleicht war es eine Fehlentscheidung von Howard Webb. Vielleicht ist das hier kein WM-Finale, sondern das Welttreffen der Vollärsche.