Samstag, November 30, 2013

Zynismus

Im aktuellen ZEIT Magazin findet sich ein atemberaubendes Beispiel für kolossalen Zynismus, grandiose Unaufmerksamkeit und eklatanten Mangel an Feingefühl: 

Im Magazin findet sich eine intensive schwarz/weiß Fotostrecke mit Portraits von Opfern von israelischen  Militärangriffen. Portraits von Menschen, die schwer verletzt Angriffe des israelischen Militärs überlebten: Männer, Frauen, Kinder. Sie haben Gliedmaßen oder ein Auge verloren. Verbrennungen erlitten. 

Auf Seite 24/25 wird die 10jährige Ola Abdel Aal gezeigt. Sie überlebte einen Hauseinsturz, der von dem Beschuss durch eine F-16 verursacht wurde. Auf der gegenüberliegenden Seite lacht einen unvermittelt Werbung für das Prada Parfum CANDY an. Oder ist es die Idee gewesen, das, WENN man die Prada Werbung schon irgendwo platzieren muss, es dann doch bitte gegenüber von dem Portrait eines Kindes zu tun? 

Auf Seite 30/31 findet sich gegenüber dem Portrait der 24jährigen Taghrid, die ein Auge durch einen Drohnen-Angriff verlor die Anzeige des Uhren-Schmuck-Herstellers Bucherer mit dem Titel "Traum. Ewigkeit". 

(Ob sich die Marketing-Verantwortlichen schon bei der Redaktion für die gelungene Platzierung bedankt haben?)

Nachtrag 1 / PRADA Avalanche
Eine Mail an PRADA geschickt und nachgefragt, ob die wissen, in welchem Kontext ihre Werbung präsentiert wird und falls ja, wieso sie das machen. Ein Freund aus der Marketingbranche schreibt: 
"Jetzt wird bekommt der arme Prada Leiter Marketingkommunikation einen Einlauf von seinem Chef, und der wiederum macht dann die Media-Agentur fertig, weil er natürlich den Streuplan einfach unterschrieben hat, ohne jede Schaltung zu kontrollieren...dafür war keine Zeit, weil die Kreativagentur die Druckvorlagen viel zu spät fertig hatte. Alles Kacke, aber Realität."
Nachtrag 2 / Verkappte Konsumkritik?
ODER sollte das etwa eine Art verkappte Luxuskonsumkritik sein? Ist das die Methode, mit der die Redaktion/Anzeigenabteilung es hinbiegt, die Anzeigen zu schalten (von irgendwas müssen ja die Gehälter gezahlt werden), aber dennoch einen konsumkritischen Spin zu erzeugen, eine Art nicht intendierten Benetton-Effekt, indem die Reklame für Luxusartikel mit dem Elend der Welt kontrastiert wird? Also eine im ZEIT MAGAZIN öffentlich ausgestellte  "Prada/Buchener-Verarsche", für die auch noch dem ZEIT Magazin Geld bezahlen?
Fragen über Fragen.