Samstag, Dezember 30, 2006

The Departed

THE DEPARTED gesehen und Alec Baldwin und Mark BOOGIE NIGHTS Wahlberg für hervorragend befunden. Erstaunlichste Erkenntnis: Leonardo di Caprio wirkt zum ersten Mal nicht wie ein 9 Jähriger!

Jack Nicholson ist erkennbar zu sehr damit beschäftigt eine überdrehte Mischung seines Teufels aus DIE HEXEN VOM EASTWICK und dem JOKER zu geben, aber was soll's. Als er zu Beginn ein Päarchen abknallt, die Frau auf ihren Mann fällt und er sagt "She fell funny..." - Das ist schon groß.
Auch schön wie Alec Baldwin lustvoll den feisten Bullen als grobstschlächtigen Polier gibt und Matt Damon zünftig anprollt: "I'm gonna go have a smoke right now. You want a smoke? You don't smoke, do ya, right? What are ya? One of those fitness freaks, huh? Go fuck yourself!"

Die Geschichte, ein Remake des Honkong-Thrillers INFERNAL AFFAIRS dürfte ja bekannt sein: Nicholson spielt Frank Costello, den irischen Paten von Boston, der sich Matt Damon großzieht und platziert ihn als Spitzel in der State Police. Di Caprio wird von derselben Polizeieinheit als Spitzel bei dem Gangsterboss eingeschleust. Interessanter als die Frage, wer wen zuerst entdeckt und hochgehen lässt, sind die Schizophrenien, in die beide hineingetrieben werden.
Eine zeitgeistige Entwicklung hinterlässt auch in diesem Film seine Spuren: Ständig fummelt irgendwer an seinem Handy herum. Jedoch hat das Mobiltelefon in THE DEPARTED eine dramaturgische Funktion. Matt Damon und Di Caprio sind ständig in der Situation, heimlich und unbemerkt das jeweils gegnerische Lager per SMS zu unterrichten. Eine Affaire haben muss dagegen ein Spaziergang sein.

Ironische Botschaft des Films: Die zivilisatorische Errungenschaft, sich an geltende soziale Regeln anpassen zu können, wird den beiden Hauptfiguren zur Ursache von Schlafstörungen und permanenter Windungen. Di Caprios und Matt Damons Figur wirken in ihrer Verstellung, als stünden Sie bei angezogener Handbremse auf dem Gaspedal. Gesund und entspannt sind die,die ihren Trieben freien Lauf lassen, wie das von Mark Wahlberg und Alec Baldwin großartig verkörperte Cop-Duo, das so vulgär, brutal und kompromisslos ist, wie die Gangster, die sie verfolgen (Man erinnere sich an den deutschen Zusatz auf der DVD zu Michael Manns HEAT: "Besessen vom Verbrechen. Getrennt durch das Gesetz").

"Auf der Seite der Schurken wird diese voll ausgelebte Aggression und Sexualität von Nicholson verkörpert. Seit Costello seinen Mitschülern in der ersten Klasse das Taschengeld abnahm, macht er nur noch, was er will - mit Frauen, Drogen, Freunden, Feinden, egal. Nicholson hat hier keine andere Aufgabe als die, der Mann mit den wenigsten verdrängten Problemen der Filmgeschichte zu sein - was er als Hollywood-Legende vielleicht sowieso schon ist. ", wie Tobias Kniebe in der Süddeutschen Zeitung richtig feststellt: "Costello lebt, so seltsam es klingt, in der reinen Wahrheit. Er tut, was er sagt. Er muss nicht lügen. Jenseits aller Moral hat er den Anspruch erfüllt, ein vollständiges Leben zu leben. Dass sich seine beiden ungleichen Ziehsöhne dann auch noch dieselbe - tolle, aber dennoch schwer verkorkste - Frau teilen müssen, während er die halbe Stadt vögelt, ist sein letzter Triumph, der Sieg einer alten Generation von Männern über eine neue, die ihre Identität nicht mehr finden kann. "

Eine Entdeckung des Films sind die Augen von Vera Farmiga. Sie spielt die Psychotherapeutin, die mit Matt Damon zusammenlebt und mit Di Caprio eine Affaire hat mit einer Mischung verletzbarer Fragilität und Entschlossenheit.