Montag, Juli 02, 2012

Ramos a la Playa

Ich leg mich fest: Der 11-Freunde-Liveticker war das Beste an dieser EM.

Wenn Dirk Gieselmann und Kollegen zu EU-Gipfel, Bundestagsuntersuchungsausschüsse oder Thronjubiläen tickern würden, hätten selbst die Finanzkrise, Otto Schily oder Reiterformationen in England allerhöchsten Unterhaltungswert.


Zum Beleg der Ticker vom EM-Finale Spanien-Italien:
20:15 Uhr
Die »Tagesschau« weiter: »Nicht nur die Spanier, auch die Italiener wollen den Titel.« Das ist natürlich blöd jetzt. Da muss wohl ein Entscheidungsspiel her. Nennen wir es »Finale«.

5.
De Rossi jetzt mit dem Foul. Muss man das überhaupt erwähnen? Man sagt ja auch nicht: Die Bäckereifachverkäuferin jetzt mit dem Brötchen.

7.
Kopfball Ramos. A la Playa.

14.
TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOR! Ein Silva-Goal! Ist das nicht längst abgeschafft? Wir blättern mal nach. Bis gleich.

14.
Nein, tatsächlich: Es gibt es noch, das Silva-Goal – und wie! Fabregas tankt sich auf rechts durch, tankt und tankt (und das bei den Spritpreisen!), die Torauslinie müsste näher kommen, aber sie tut es nicht, die Dimensionen verschieben sich wie bei »Alice im Wunderland«, Buffon wird klein, Silva groß, ein Kaninchen hetzt vorüber, eine Raupe kifft, dann die Flanke, Kopfball! Drin! Ein Traumtor, vorausgesetzt, man ist für Spanien. Eine narzisstische Kränkung, vorausgesetzt, man ist Buffon.

40.
Angeblich schwappt eine La-Ola-Welle durchs Stadion. Aber Vorsicht, wir sehen nur das UEFA-Weltbild, es könnte sich also auch um Aufnahmen von 2008 handeln. (Was auch erklären würde, warum alle Stadien gleich auszusehen haben.)

21:46 Uhr
Kahn bei der Beschreibung der Spanier mit seinem ganzen Kahn-Vokabular: Druck, Weltklasse, das große Ganze, auf diesem Niveau, Mentalität, Zeichen setzen. Ende des Kahn-Vokabulars.

57.
Freistoß für Italien. Aber damit müsst Ihr Euch jetzt nicht belasten.

87.
4:0 – für die Statistikfüchse unter Euch. Eine Demütigung – für diejenigen unter Euch, die überhaupt noch etwas empfinden.

89.
Mal ganz unter uns, liebe Fans: Seid ihr gerade auch so froh, dass wir am Donnerstag ausgeschieden sind?

970979283709182730912039871029837019387.
Den Staat Spanien gibt es längst nicht mehr. Aber noch immer ist ein Mannschaftsbus voller sich ständig reproduzierender Männer unterwegs, die sich auf das Land ihrer Urväter beziehen. Soeben sind sie zum 38. Mal Weltmeister geworden, haben im Finale die Betriebsmannschaft von Apple mit 16:3 geschlagen. Zum Glück sind wir längst tot.

22:51 Uhr
Pirlo weint. Oder ist das nachträglich von der UEFA reingeschnitten? Hat er VOR dem Spiel geweint? Vor Angst?

22:55 Uhr
»Der Prinz freut sich sicher ganz, ganz doll«, so Rethy nun. »So nach innen.« Ob dem wirklich so ist, kann nur Poldis Frau beantworten. So nach innen."