Heute vor 55 Jahren erschien die erste Ausgabe der Bild-Zeitung.
"Bild ist nicht Pop, sondern Gosse. Bild ist das Sexualorgan, das Millionen impotente kleine Männer von der Straße als ihr eigenes empfinden, und sei es nur zur Befriedigung des Durstes nach Rache an den Reichen und Schönen, die sich durch Reichtum und Schönheit an den sittlichen Idealen eines immer noch kaufkräftigen Mobs versündigt haben. [...]
Dass zwölf Millionen Schwachköpfe wissen möchten, wer nun wem "am drallen Allerwertesten" gefummelt habe, und dass es ein ehrloses Klatschblatt gibt, das solchen Wissensdurst stillt und die Ehekräche primitiver Schlagerfuzzis bekochlöffelt - damit könnte man leben. Aber dass eine Kulturnation bis hinauf in die höchsten Spitzen der Regierung, der Wirtschaft und der Erbverwalter Goethes mit diesem Zentralorgan der Unterhosenspionage paktiert, ist ein Skandal. In Bild gurgelt der Gully obszön vor sich hin. Wer in dieses Abflussrohr hinabsteigt, der hat seinen Geist aufgegeben. Wer Bild als Kolumnist oder als Interviewpartner dient, der ist ethisch gerichtet und hat seinen intellektuellen und moralischen Bankrott erklärt. Und wer, wie Gerhard Schröder es getan hat, einen ausländischen Staatsgast zum gemeinsamen Bild-Interview willkommen heißt, der sollte sich die Frage vorlegen, ob es nicht anständiger gewesen wäre, den Gast in einem gut geführten Bordell zu begrüßen als in Kai Diekmanns dreckiger Sexualnachrichtenkaschemme."
Gerhard Henschel: Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bild-Zeitung.