Mittwoch, Januar 09, 2008

Primary Colours

Die US-Präsidentschaftskandidatenkandidatenwahlkämpfe sind im vollen Gange. Da lohnt es sich, nochmal ältere Filme und Dokumentationen herauszukramen, die sich auf unterschiedliche Weise

"The War Room" dokumentiert den Wahlkampf von Bill Clinton in den 90ern um die Kandidatur zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten und zeigt die Macher hinter der Kampagne. (Trailer)

Eine neuere Doku der Macher von "The War Room" ist "Al Franken: God Spoke" (Trailer), über den Saturday Night Live Veteranen, der sich in Büchern, Vorträgen, Radio Shwos und direkten Auseinandersetzungen leidenschaftlich und mit Verve mit den Bill O'Reillys, Anne Coulters und anderen Rechtsauslegern auseinandersetzt.

"Primary Colours" von Mike Nichols (dem Regisseur von der "Reifeprüfung", der derzeit mit "Charlie Wilson's War" wieder in den Kinos ist) basierend auf dem gleichnamigen Buch von Joe Klein, einem Kampagnenmitarbeiter im Vorwahlkampf von Bill Clinton, zeigt einen fantastischen John Travolta als Südstaaten Gouverneur Jack Stanton, der die Menschen berührt und begeistert, aber aufgrund seiner Leichtfüßigkeit und Frauengeschichten seinen politischen Erfolg gefährdet. Das eigentliche politische Hirn hinter dem Kandidaten ist seine Frau Susan, gespielt von einer fantastischen Emma Thompson. Ihr gehe es darum, "Geschichte zu machen", sagt Jack Stanton in einer intimen Szene in einem Donut-Shop, während es ihm um die Menschen gehe. Man denkt an diesen Satz, wenn man auf www.hillaryclinton.com den Slogan "Help make History" liest. Auffallend sind auch die Paralleln zu Helen Mirren's Portrait von Königin Elisabeth, die sich völlig ihrem Credo "Duty first, Self second" unterordnet, wie auch Susan Stanton ihre verletzten Gefühle hinter ihrem Willen, ihre politischen Ziele umzusetzen zurückstellt (Weitere Schauspieler: Billy Bob Thornton, Kathy Bates, Larry Hagman, Maura Tierney. Kamera: Michael Ballhaus.) und aufgrunddessen ebenso bewundert (für ihre Treue) wie abgelehnt wird (weil sie kalt wirkt).

"Last Party 2000" ist eine desillusionierende Doku (Harold Ford Jr. erklärt "Two most important things in politics: One is money and the second I can't really remember."), moderiert von Oscar-Preisträger Philipp Seymour Hoffman (Amazon und hier). Auf der Suche nach dem Wesen "dem Politischen" geht er auf Wahlkampfveranstaltungen beider Parteien, spricht mit Wahlkampfakteuren, Aktivisten und Prominenten wie Ralph Nader oder Tim Robbins ("Weisst Du, was der Unterschied zwischen Republikanern und Demokraten ist? Es ist die unterschiedliche Geschwindigkeit, mit der ihre Knie den Boden berühren, wenn Firmen mit ihren Wünschen anklopfen.").

und "The Staffers" ist ein sechsteiliger Dokumentarfilm, der den demokratichen Vorwahlkampf begleitet und insbesondere die Personen hinter Howard Dean, Joe Lieberman, Wesley Clark, Dennis Kucinich, und John Kerry zeigt. (bei Amazon)

Die bittere Politsatire "Bob Roberts" von und mit Tim Robbins (bietet übrigens das Schauspieldebut von Jack Black!) zeigt den Wahlkampf eines konsevativ-reaktionären Country-Sängers und Millionärs bei den Senatswahlen 1990. " Win nachdenkenswertes Lehrstück über den Mißbrauch von Sprache und modernen Kommunikationstechniken als Mittel der politischen Einflußnahme."

Man of the year von Barry Levinson (Good Morning Vietnam, Rainman, Wag the Dog) und mit Robin Williams ist aktuelleren Datums. Williams spielt den Comedian Tom Dobbs, der eine politische Satireshow moderiert und sich mit seiner rücksichtlos offenen (und witzigen) Art ("Politicians are a lot like diapers - they should be changed frequently and for the same reasons.") um die Präsidentschaft bewirbt - und gewinnt ("Oops"). Leider ist der Film nicht so gut, witzig und furios, wie der Trailer verspricht. Mit Christopher Walken und der Indie-Queen Laura Linney.

Ebenfalls von Barry Williams aber mit einem fantastischen Drehbuch (u.a. von David Mamet) ausgestattet, erzählt "Wag the dog" davon, wie ein von Robert de Niro dargestellter Spin Doctor mit der Stab-Chefin (Anne Heche) eine PR Kampagne über einen nicht stattfindenden Krieg mit Albanien entfacht, um von einer Sex-Affaire des Präsidenten abzulenken. Unterstützt wird er dabei von einem Hollywood-Produzenten (Dustin Hoffman). Grandios!

Um den Zynismus der Wirklichkeit oder der ätzenden Satiren der Spielfilme abzulöschen ist man natürlich bei Frank Capras Mr. Smith goes to Washington an der richtigen Adresse, in dem James Stewart den naiven Nachwuchs-Senator, der an der kalten Logik des korrupten politischen Apparates zerschellt und mit einer legendären flammenden Rede an die Hoffnungen, Sehnsüchte und Versprechungen des amerikanischen Traums appelliert.