Mittwoch, Februar 13, 2008

Paolo Coelho stellt Raubkopien der eigenen Bücher ins Netz

Warum sollte man für ein Produkt bezahlen, wenn es dies auch umsonst gibt? Diese Logik gilt nicht für alle Produkte, wie das Beispiel von Paolo Coleho zeigt. Bei der Digital Life Design (Europe's conference for the 21st century, covering digital innovation, science and culture) erklärte der Autor, dass er der Urheber der Webseite "Pirate Coelho" sei, bei der Raubkopien der Coleho-Bücher zu erhalten sind.

Ist der Mann irre? Untergräbt er damit nicht die wirtschaftlichen Aussichten seiner Bücher? Coelhos Antwort fällt eindeutig aus: Nein. Im Gegenteil! Der kostenlose Zugang hat den Absatz seiner Bücher gefördert und den Verkauf der Printbücher gesteigert.

Als Coelho im Jahr 2000 ein Buch, das er speziell für diesen Zweck geschrieben hatte, kostenlos im Netz zur Verfügung stellte, wurde es in den ersten fünf Monaten über 1 Million Mal heruntergeladen. 1 Millionen verlorene Käufer, könnte man meinen.

Jedoch, so Coelho, gibt es bis zum heutigen Tag keinen einzigen Online-Kommentar zu diesem Buch. Coelho folgerte daraus, dass das Herunterladen von Daten (seien es Musik, Filme oder eben Bücher) etwas mit dem digitanalen Sammeldrang zu tun hat. Die Menschen horten, archivieren und sortieren - lesen aber nicht. Das Ziel der virtuellen Jäger und Sammler ist, soviel wie möglich zu sammeln, solange es möglich ist. Hamstern für magere Zeiten.

So stapeln sich in Studenten-WGs die gebrannten DVDs oder externen Festplatten mit Raubkopien unendlich vieler Filme in unterschiedlicher Qualität, die man heruntergeladen hat, weil sie verfügbar sind - nicht unbedingt weil man das cineastische Gesamtwerk von Adam Sandler dringend vorrätig haben will.

"Internet is not a threat"

Coelho Schluss lautet, das, wer wirklich lesen wolle, auch letztlich das Buch kauft. Eine These, die er mit einem weiteren Experiment bestätigte: Der Verkauf des Hausfrauen-Krachers "Der Alchemist" verlief in Russland sehr schwach. Es gab Probleme, das Buch in die Buchhandlungen zu bringen. Lediglich 1.000 Exemplare wurden im ersten Jahr verkauft.

Nachdem Coelho eine Raubkopie der russischen Ausgabe ins Netz gestellt hatte, wuchs der Verkauf im darauffolgenden Jahr auf 10.000 Exemplare an, im darauf folgenden Jahr auf über 100.000 verkaufte Bücher - und das völlig ohne Werbekampagne.

Coelho führt diesen Erfolg ausschließlich auf die frei im Netz verfügbare Raubkopie zurück, die wie eine extensive Leseprobe funktioniert "Die Leute laden sich das Buch herunter, beginnen zu lesen. Und wenn es ihnen gefällt, fragen sie nach und wollen das Buch kaufen. Die Nachfrage steigt, und das Buch ist plötzlich verfügbar." 2003 wurde "Der Alchimist" in Russland 1 Million mal verkauft. "Es ist fantastisch", schwärmt Coelho für die Möglichkeiten des Internet, "man gibt den Lesern sein Buch und diese entscheiden, ob sie es kaufen wollen oder nicht." Nach diesen Erfahrungen erstellte Coelho schließlich die Website "Pirate Coelho", die Links zu Raubkopien seiner Bücher aufführt.

In seinem famosen Vortrag erklärt Coelho zudem seine Begeisterung für das Internet und die Möglichkeit, mit Blog, MySpace und FlickR die Einsamkeit des Schreibens zu durchbrechen und erzählt folgende Anekdote:

Coelho hatte eines Tages als er sein Blog und die Kommentare las, die Idee, Leser zu , der jedes Jahr am 19. März eine Party für seine Freunde ausrichtet, die Idee, Leser einzuladen. Er erklärte, dass er die ersten 10 Personen, die sich bei ihm melden, zu seiner Party einladen werde. Unter den "Gewinnern" befanden sich Menschen aus Katalonien, Japan, Großbritannien, eine amerikanische Soldatin, die derzeit Dienst im Irak hatte und mehr.

Coelho mailte sie alle an, um deutlich zu machen, dass seine Einladung sich nur auf die Party beziehe, dass er nicht die Kosten für Flug und Unterkunft übernehmen werde und dass es sich auch nur um eine normale Party handle (also kein "Wochenende mit Paolo"). Die Leser antworteten alle und zeigten sich darüber im Klaren.

Coelho wiederum musste nun mit der "Last der Verantwortung" leben, dass eine Frau, die Japan noch nie verlassen hatte, um die halbe Welt flog, um einen Abend auf einer Party von und mit Paolo Coelho zu verbringen. Jedoch ohne Grund: "We had a fantastic time" Coelho zeigt sich dermaßen begeistert von der Efahrung, dass er die Party in diesem Jahr wiederholen werde, allerdings in Paris und mit 100 Lesern. Als internetaffiner Mensch werde er in seinem MySpace-Profil darüber informieren.

Paolo Coelho bei MySpace www.myspace.com/paulocoelho, als Blog paulocoelhoblog.com, und die "Piratenplattform" und bei der Konferenz Digital Life Design