Sonntag, Juli 06, 2008

H&M, TCM, IKEA, SZ

Auch gut: Die SZ lässt jetzt in Ergänzung der zig SZ-Produkte (SZ-Bibliothek, SZ-Cinemathek, SZ-Klassik-Edition, SZ-Vinothek, usw.) nun direkt Objekte designen und verkloppt diese dann selbst.


Ein weiterer Schritt zur Homogenisierung des Massengeschmacks, der umfassenden Durchsetzung des Amazon-Prinzips ("Kunden die dieses Prdukt gekauft haben,. haben auch jenes Produkt gekauft): Wer SZ liest, hört jene Musik, schaut diese Filme und packt sich dann noch jene Lampen und Möbel in die Bude.

Das das, was wir für individuell halten nur die Quersumme eines sich in Musikgeschmack, innenausstatterischen Vorlieben, Urlaubsverhalten, Ernährungsgewohnheiten usw. ausdrückenden typisierbaren Stils ist, haben uns die Forscher von Sinus Sociovision gezeigt.
Anstatt sich in die Anstrengung der Individuation und der Stilentwicklung zu stürzen, tauchen die Massen dankbar in die von den Marketingstrategen basierend auf den solchermaßen zugänglich gewordenen habituellen Konsummustern entwickelte Angebote.

Durch die solchermaßen entstehenden vorgezeichneten Geschmackskanäle - schließlich lenkt das Amazon-Prinzip gemäß eines auf statistischen Erhebungen ermittelten Wahrscheinlichkeitswerts unsere aufmerksamkeit und betreibt eine Homogenisierung des Massengeschmacks, wie sie die Gleichmacherei sozialistischer Einheitsmode angestrebt hat.

Ob Amazon, dass Produkte entlang kumulativer Konsum-Merdiane empfiehlt und so Geschmackskorridore erzeugt oder Last FM, wo Musiktitel gemäß Verschlagwortung Weg Gleiches mit Ähnlichem verbindet: So entsteht eine Geschmackssegregation und -ghettoisierung, die eine irritiationsfreie Monokultur ohne Überraschung Vorschub geleistet.

Vielleicht entspricht im 21. Jahrhundert, einem durch permanenten Entscheidungsdruck gekennzeichneten Alltag diese automatisierte Vorauswahl durch Verschlagwortung und Statistische Häufigkeit dem Wunsch nach Entlastung. Wer permanent vermittelt bekommt, das er seine Biographie als plastine Masse zu verstehen und zu getalten, sich selbst in Stellung zu bringen und wettbewerbsfähig zu machen und halten hat, der will vielleicht wenigstens im Freizeitbereich nicht auch noch wählen, entscheiden und gestalten müssen, sondern einfach entspannt auf Autopilot fliegen.

"Was findet hier - wie auch andernorts in der Presse (Zeit, Spiegel, Welt, Bild, Brigitte, FR etc.), aber bei der SZ am bislang exzessivsten - eigentlich statt? Zurückblickend richtete sich das zusätzliche Geschäftsfeld auf ein diversifiziertes “Modernes Antiquariat”, das alle kulturellen Medienbereiche durchforstete und deren bereits hinlänglich zur Prominenz gelangten (& “abverkauften“) Objekte der “Backlists” noch einmal zu Dumpingpreisen recycelte. Aber nicht als wahllose Einzelobjekte, sondern in Form einer sowohl kanonische Relevanz (“The Best of“) als auch Vollständigkeit suggerierenden Geschlossenheit als SZ-“Edition”, die durch die Fachberatung & -empfehlung bekannter journalistischer “Ratgeber” nobilitiert wird, die einem aus der täglichen SZ-Lektüre vertraut sind." (Wolfram Schütte/titel)

Ob man bald schon komplett eingerichtete SZ-Häuser kaufen kann, in denen die SZ-Möbel, SZ-Weine, SZ-Klamotten und SZ-Menschen gleich enthalten sind?