Samstag, Oktober 11, 2008

Politik 2.0

James Carville, der ehemalige Macher der Clinton-Kampagne 1992 sagte nach der 2. Präsidentschaftsdebatte, die Jagd sei gelaufen, man könne die Hunde nach Hause rufen und den Kamin anmachen.
In der Tat agiert die McCain-Kampagne, "a campaign that was described even by many Republicans as incoherent, negative and badly run." NY Times, seit Beginn defensiv und uneinheitlich und konzentrierte sich sehr früh darauf, Obama nieder zu machen - und wirkte somit wie ein Lager, dass keine eigenen Inhalte anzubieten hat, sondern mit der unterstellten Gefahr des politischen Gegners wirbt, nur um damit dessen Nimbus als aufsteigender Stern zu nähren.

Auf der anderen Seite, trat die Obama-Kampagne wie aus einem in der inhaltlichen wie in der visuellen Gestaltung aus einem Guß auftritt, die Botschaft von "Change" alles überstrahlt, die optische CI in allen Bereichen erfolgreich dekliniert wird, agierte

Von Anfang an war es die Obama-Kampagne, die hinsichtlich Ideen, Stil und Gestaltung die Schlagzahl vorgab. Die CI ist äußerst gelungen. Schlicht und modern. Das "O" erscheint wie eine Sonne, die am Ende der Obama-Spots aufgeht und transportiert damit im Bild die Botschaft von einem neuen Morgen, Aufbruch, Hoffnung.

Der McCain Kampagne fiel oftmals keine geeignetere Reaktion ein, als Obama zu kopieren: Sei es die Botschaft von "Change", die McCain ebenso kopierte, die Behauptung, eine "Graswurzel Bewegung" zu sein, die sich über Kleinstspender finanziert und damit nicht den Lobbyisten gehört, sondern den einfachen Bürgern oder der Aufruf zu Spenden für die Opfer des Hurrikans "Ike" auf dem Titel der eigenen Webseite - McCain konnte nur 1:1 nachziehen und erscheint dadurch als behäbig, wenig innovativ.


Überhaupt das Web: Wenn man die Newsletter der Obama- und der McCain-Kampagne abonniert hat, konnte einem von Anfang auffallen, wie viel aktiver die Mails aus dem Lager des demokratischen Präsidentschaftskandidaten kamen. Mit Links zu youtube-Videos von Wahlkampfauftritten, eigens aufgenommenen Ansprachen, atmosphären Videos, Fotos oder detaillierten Programmen und neuen Webseiten.

Die McCain Webseite dagegen war von Anfang an sehr statisch. Seit Wochen findet sich auf der Startseite dasselbe Video von Sarah Palin, in dem sie die Besucher steif begrüßt und uninspirierend um Unterstützung bittet.

Selbst bei solchen Kleinigkeiten, wie der automatisierten Anrede mit dem Vornamen bei den Newslettern und Mails aus den Wahlkampfzentralen machten sich kleine, aber feine Unterschiede bemerkbar: Die Obama-Kampagne nennt den Mail-Empfeänger immer beim Vornamen, richtet sich an "Dear Ralf". Ein Detail und eigentlich selbstverständlich. Aber schon hier sieht die McCain-Kampagne schwach aus und wendet sich in ihren Mails unpersönlich an "Dear Supporters", "My Friends" oder gar " ----"

It's in my hands? Post von Barack

Zudem sind die Mails der demokratischen Kandidaten immer jovial mit "Joe" oder "Barack" unterschrieben, anstatt mit einem formellen "Gov. Sarah Palin" oder "Sen. John McCain". Auch hier - Details, aber in der Summe macht Kleinvieh eben auch Mist.

Auch die TV-Spots sprechen eine deutliche Sprache. Anstatt von den eigenen Vorhaben und Plänen zu berichten, lanciert die McCain Kampagne ausschließlich negative Wahlwerbung, die darauf abzielt, angebliche Makel an Obama herauszustellen und seine Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen. Sicher - auch Obama "approved" negative Wahlwerbung, jedoch ist das Ungleichgewicht überdeutlich. Die McCain Kampagne hat sich von Anfang an darauf verlegt, Obama zu kritisieren und sich in kleinlicher Weise über das Medieninteresse für diesen politischen Newbie zu mockieren und dadurch erst als in einer Position zu erscheinen, der Obama entrückt ist.



In einer heute versendeten Mail des McCain-Lagers, die schon wieder mit dem Hilary Slogan "Help make history" als Betreff aufmachte, klingt der Ton nun offen verzweifelt. Während es in den Obama Mails oftmals um eigene Vorschläge und Inhalte geht, der Ton von Aufbruch und Dynamik spricht, apelliert das McCain-Team an die "dear Supporters" mit negativen Formeln. Man möge McCain/Palin unterstützen denn: "They'll never get elected without your help".

Man muss nicht NLP Experte sein, um zu merken, dass die Schlüsselwörter "desperately", "trying times" oder Formulierungen wie "I can't stress enough,..." und "We're counting on your support now more than ever." den Eindruck erzeugen, als greife hier ein Ertrinkender nach jedem Strohhalm.