Sonntag, April 04, 2010

And now to something completely different: David Byrne Konzertfilm "Ride, Rise, Roar"

Hurra! Vor fast genau einem Jahr bestand die Gelegenheit, David Byrne in Düsseldorf bei der Arbeit zuzusehen. Für alle, die dieses kleine Wunder verpasst haben, besteht nun die Gelegenheit, es im Konzert- und Dokumentarfilm Ride, Rise, Roar nachzuholen.

Ja, er spielt Burning Down the House, Same as it ever was und alle andren Talking Heads Kracher. Aber er arbeitet mit dem bekannten Material weiter, überlegt, was sich damit noch anstellen lässt, um dem Altbekannten etwas Neues abzugewinnen.

So arbeitete er bei seiner Tournee mit drei Mitgliedern eines Tanztheaters zusammen. Gemeinsam entwickelten sie eine, das komplette Konzert und die gesamte Band umfassende Choreographie. Ein schöner, unaufwendiger Kontrapunkt zu den zu megalomanen Überwältigungsmaschinerien aufgeblasenen Kirmesattraktionen, bei denen das effektvolle Tschingderassabumm in eklatantem Misverhältnis zur emotionalen und künstlerischen Leere steht.

Inszenierte intime Gesten und individuelle Momente machen dem Zuschauer vor, er sei Zeuge einer Vorstellung, die nur so nur jetzt stattfände und ihn, das Publikum und die Künstler verbindet. Spätestens beim Telefonat mit Freunden, die Robbie Williams in einer anderen Stadt gesehen haben, wird enttäuschend deutlich, dass das Spiel mit dem Fußball, das Telefonat mit dem Mobiltelefon eines Fans aus dem Publikum fester Teil der Show ist. Nicht umsonst heißen die Standard-Nummern eines Comedian "Routine".

Stadionrock und Mainstream-Musik ist eben nicht Performance Kunst, sondern das genaue Gegenteil: Die serielle, punktgenaue Bedienen von Erwartungshaltungen innerhalb einer engen Rezeptionstoleranz. Was auch nicht schlimm ist. Im Gegenteil. Millionen Menschen kaufen sich die Tonträger von Sade, Dire Straits, Chris Rea, Phil Collins, Elton John und Co, weil sie nicht überrascht werden, sondern ihre Erwartungshaltung bedient wissen wollen.

So verlangt der von Comedian David Spade imaginierte REM-Fan im Konzert, dass die von ihm verehrte und als Projektionsfläche für seine Selbsterfahrung auserkorene Kapelle nichts Neues schafft. Vielmehr fordert er einen irritationsfreie Vortrag zur wieerholten Reinszenierung seines konservierten Hörerlebnis und des damit verbundenen Gemütszustandes:

"Play radio Free Europe and make it sound like on the record - NO TRICKS!"

Ob dieser Fan es wohl ertragen würde, seinen Helden auf einmal im weißen Ballett-Tütü auf der Bühne zu sehen? (via Oberschichtenfernsehen)