Montag, November 09, 2009

Ruhe im Darkroom

Jahrhundertelang war es ein Bestreben des Menschen, Verbindungen auf- und auszubauen. Das Straßennetz und der auf ihm laufende Transport von Waren und der Verkehr wollten intensiviert, beschleunigt, verstetigt werden. Ebenso im Nachrichtenverkehr. Das Vermitteln und Übertragen von Nachrichten war aufwändig, so lange Boten auf Pferden, die sie an Poststationen wechseln konnten, als Transportmedium auf zwei Beinen höchstselbst transportieren mussten. Die Brieftaube und der Telegraphendraht beschleunigten und verstetigten diesen Strom. Mit den bekannten Folgen.
Über Mail und Internet dringen permanent 24 Stunden Informationen aller Art an uns heran. Die Berichte über die geringe Aufmerksamkeitsspannen am Arbeitsplatz und im Alltag gehören mittlerweile zum periodischen Programm, wie die Fotos gemeinsam Eis essender Paare oder im Biergarten sitzender Menschen unter der Rubrik "Der Frühling ist da".

Während also jahrhundertelang der Zugang zu Information und Kommunikation ein Vorzugsattribut darstellte, sind es mittlerweile die kommunikationsfreien Zonen, die ein Luxusgut darstellen und die ausdrücklich herzustellen und der Lärmwelt abzutrotzen sind.
Die Flüsterzone im ICE, das Wellnesskloster in den Bergen, der Yogakurs, in dem man nur auf seinen Atem hört - die selbstgewählten Orte der Stille, die überhaupt erst den Entscheidungsraum eröffnen, ob man sich unterbrechen lassen und was man an sich heranlassen, welchen Inhalten man seine kostbare Zeit und Aufmerksakeit widmen will, während das Kommunikations- und Informationsproletariat sich bereitwillig an alle Schnittstellen andockt, sich mit Informationen flutet und willig ebensolche Informationen abfließen lässt.

Nachdem schon 2007 www.alleinr.de den Luxus von Ruhe im Internet ("Hier müssen Sie nichts tun. Sie melden sich nicht an, Sie laden nichts hoch, Sie kommentieren nicht, Sie knüpfen keine Kontakte. Niemand beobachtet, was Sie tun.") bot, sorgt das kostenlose Schreibprogramm "Darkroom" nun für Konzentration auf eine Schreibaufgabe auf dem Bildschirm:

Es dunkelt den gesamten Bildschirm des Nutzers ab. Keine anderen ablenkenden Fenster, piependen Skype-Meldungen, klingelnden Mails können von der Hauptaufgabe ablenken. Einzig ein Cursor blinkt auf schwarzem Grund. Gemäß dem Motto "Simplify your life" gibt es auch nur die Befehle kopieren, einfügen, drucken und speichern sowie eine Funktion zum Anzeigen der geschriebenen Zeichen und Wörter. Mit einen Durck auf "Escape" verschwindet der schwarze Vorhang und man ist wieder in der bunten Welt der auf Dauer gestellten Kommunikation.

Das Programm gibt es für Windows und Mac-Nutzer.