Wenn man sich bei YouTube oder CNN Berichte über den US-Vorwahlkampf anschaut, stolpert man unvermeidlicherweise über die ultra-reaktionäre Kolumnistin Ann Coulter. Die (gemäß den Standards von Barbie-Designern) attraktive Autorin von Büchern wie "If Democrats had any brains they'd be Republicans" oder "How to talk to liberals (if you must)" macht immer wieder durch den politischen Gegner beleidigende und herabsetzende Ausfälle von sich reden.
So erklärte sie, dass die Witwen der beim 11. September ums Leben gekommenen Männer würden den Tod ihrer Männer wirtschaftlich ausschlachten und genießen. Über Hillary Clinton sagt Coulter "I wish this national pestillence would end for real". Als Standardbeleidigung nennt sie demokratische Politker "girls", "gay" oder "faggot", wofür dann wieder David Letterman die letztgültige Antwort findet. Während der Primaries rief die Ehefrau des demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Edwards in einer Fernsehshow die Coulter zu Gast hatte an, um sie höflich darum zu bitten,
mit der Hetzerei und den persönlichen Angriffen aufzuhören.
John McCain ihrer Meinung unterstützt ihrer Meinung nach"the global warming cult, even posturing with fellow mountebank Arnold Schwarzenegger in front of solar panels. The only site that would have been more appropriate for Schwarzenegger in endorsing McCain would have been in front of an abortion clinic."
Coulter ist ein Maskottchen und Superstar v.a. junger Rechtskonservativer. Ihre Bücher verkaufen sich hervorragend und sie ist Dauergast in Fernseh-Shows v.a. wegen ihrer reaktionären Ansichten und ihres konfrontativen Auftretens. Dabei ist sie mehr Krawallschachtel des Politmedienbetriebes denn politische Analystin, ein Medienhooligan - keine Strategin oder Programmatikerin So würde beispielsweise kein Polititstratege egal welcher Couleur, jemals den Sieg des politischen Gegners wünschen nur weil sich im eigenen Lager ein Kandidat duchgesetzt hat, der nicht die Kriterien des jeweiligen politischen Reinheitsgebots erfüllt.
Über den Erfolg von John McCain ist Coulter entsetzt. Für sie ist er ein Demokrat (was die äußerste Beleidigung ist, die ihr einfällt) im republikanischen Lager. Wenn sie die Wahl zwischen McCain und Clinton hätte, erklärte Coulter vielfach, würde sie für Clinton stimmen, da sie ein "four-year disaster, with Republicans ferociously opposing her" erwartet, "followed by Republicans zooming back into power, as we did in 1980 and 1994, and 2000."
Coulter wird von der tiefen Überzeugung getrieben, dass "die Liberalen" die USA zerstören wollen, sie wahlweise bösartig oder dumm sind. "Liberals believe in burning the American flag, urinating on crucifixes, and passing out birth control pills to 11-year-olds without telling their parents -- but God forbid an infidel touch a Quran at Guantanamo." In ihrem missionarischen Eifer ist sie den antidemokratischen Fundamentalisten nicht unähnlich, die sie zu bekämpfen vorgibt.
Zum Glück gibt es Onkel Henry, der die richtigen Wörter findet.
Freak-Show
Ann Coulter zieht mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit, Abscheu, Empörung und Neugier in den Bann, die an die Freak-Shows der Jahrmärkte des vorigen Jahrhunderts erinnert. Diese unterhielten ihr Publikum mit der Zurschaustellung normabweichender Kuriositäten (vom Elefantenmenschen bist zur Frau mit Bart, Piercing-Fetischisten) und aufsehen- oder ekelerregenden Fähigkeiten (Schwert-Schlucken, Glas- oder Metallessen, Augen hervortreten lassen) und Darbietungen.
Heute haben Medienphänomene wie Gunther von Hagens Körperwelten, YouTube mit seinem reichhaltigen Fundus an Kuriositäten- oder Ekelvideos oder eben Ann Coulter die Funktion der Freak-Shows übernommen.
Wie bei dem "Prinzip Schaulustiger" oder "Gaffer", bei dem es um die Selbsvergewisserung der
eigenen Unversehrtheit geht, ist es auch hier die Anschauung/Zurschaustellung des Anderen, die der Herstellung des Konsenses dient. Das Sich-Aussetzen wird dabei zum Akt der Selbst-Integration des Individuums wie der Gruppe: Ich bin/Wir sind nicht so.
p.s. wenn man auf FOX Sendungen wie Hannity & Colmes sieht, wird nochmal deutlicher, wie bieder das lauwarme Süppchen war, dass Hause & Kienzle angerührt hatten - und ist dankbar dafür und schaltet in eine Derrick-Wiederholung.