Die Süddeutsche Zeitung hat Elfriede Jelineks Anmerkungen zu Anstetten gelesen und ist - zu Recht - begeistert:
"Was kann, was soll man zu Amstetten sagen? Man braucht schon einen Ton, der trägt. Den hat Elfriede Jelinek. Er ist, wie eine Berufsfeuerwehr, wohlgeübt, und wenn plötzlich die Katastrophe ausbricht, weiß die Feuerwehr im Unterschied zu den übrigen Passanten, die bloß die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, genau, was sie zu tun hat." (SZ)
Nicht nur interpretiert Jelinek den Großvater-Vater als Gottvater, der sich allmächtig eine eigene Welt schafft und die Frau total unterwirft und architektonisch im Kellerverließ nachbaut, das er total kontrolliert. Jelinek erkennt im Spiegelbild des "Inzest-Monsters" (Bild) eine Monströsität des Umgangs mit dem Vorfall.
Wir kennen den nur Sekunden dauernden Schrei der Schrecksekunde. Wie aber geht man mit einem 24 Jahre dauernden Schrei um, den man nicht hört. Hier parallelisiert Jelinek den "Ruf" als "Schrei" mit dem "Ruf" als Reputation:
"Die Politiker fürchten jetzt, da alle gerettet sind, die sich noch retten ließen, Rufschädigung für Österreich, das wäre furchtbar. Schon hört man die Rufe nicht mehr, die aus dem Keller hallten [...]" (Jelinek)
"Was kann, was soll man zu Amstetten sagen? Man braucht schon einen Ton, der trägt. Den hat Elfriede Jelinek. Er ist, wie eine Berufsfeuerwehr, wohlgeübt, und wenn plötzlich die Katastrophe ausbricht, weiß die Feuerwehr im Unterschied zu den übrigen Passanten, die bloß die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, genau, was sie zu tun hat."
Der ganze Artikel Guter Ruf, böser Schrei in der Online Ausgabe der Süddeutschen Zeitung.
p.s. "Die Regierung in Wien hat sich mittlerweile auf eine Verschärfung im Sexualstrafrecht verständigt. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer kündigten an, dass die Frist für die Tilgung von Sexualverbrechen aus dem Strafregister auf künftig 30 Jahre verdoppelt werden soll. In besonders schweren Fällen soll sie ebenso ausgeschlossen werden wie Adoptionen durch Sexualstraftäter. Für Täter, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, können Richter künftig Berufsverbote verhängen." (dpa/n24)