Freitag, Mai 09, 2008

Sexualverhalten ein Indiz für Terror

Pressemitteilung der Gewerkschaft der Polizei:

"Auf Unverständnis und Ablehnung stößt in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) das von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mit den USA unterzeichnete Abkommen über die „Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität“. Nicht nachvollziehbar seien, so der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg, vor allem die Regelungen zur Übermittlung von Daten, aus denen „Rasse oder ethnische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften“ hervorgehe oder „die Gesundheit und das Sexualleben“ beträfen.

Konrad Freiberg: "Wozu gerade diese Daten bei der Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität wie Terrorismus benötigt werden, ist mir schleierhaft. Ebenso unklar ist, warum und auf welcher Rechtsgrundlage deutsche Sicherheitsbehörden solche datenschutzrechtlich hoch sensiblen Daten überhaupt erhoben und gespeichert haben sollen."

Wer farbig ist, häufig wechselnde Partnerschaften pflegt, eine Hannes Wader Platte im Schrank stehen hat und Mitglied in einer Gewerkschaft ist, bastelt mit Sicherheit auch an Plänen zum Staatstreich und lötet im Heimwerkerkeller Autobomben zusammen.

Mit solchen Rasterfahndungskriterien, die direkt aus der Adenauerzeit zu stammen scheinen, scheinen Schäuble und Zypries den Terror bekämpfen zu wollen. Man weiß nicht, was man daran bizarrer finden soll: Das krude Täterprofil oder das im Spiegel sich ergebende Verständnis vom "ordentlichen Bürger", der eben monogam, kaukasischer Ethnie ist und nicht zum Politisieren aber zum dumpfen Vergesellschaften im Schützenverein neigt. Monogam, weiß, schrebergärnter, Heimwerker - ist das nicht Josef Fritzl, der furchtbar normale, biedere Heimwerkermeister aus Anstetten?

Die Pathologie der Vorstellung des Normalen, die sich in diesen Kriterien ausspricht, ist schockierend und zeigt, welche spießig-verklemmte und im Kern reaktionäre Gesinnung hier die Feder führt.

Pressemitteilung der Gewerkschaft der Polizei

"Die nach Auffassung der GdP berechtigten Zweifel an der Zulässigkeit der Erhebung und der Relevanz jener Daten zur Kriminalitätsbekämpfung könnten, so der GdP-Vorsitzende, auch die im Abkommen vereinbarten Schutzbestimmungen zur Datenübermittlung keineswegs ausräumen.

Große Vorbehalte in der GdP verursache überdies die Vorstellung, dass us-amerikanische Sicherheitsbehörden angeforderte und übermittelte Datensätze nach dort gültigen Datenschutz-Regelungen behandelten.

Freiberg: "Nun ist der Bundestag gefordert, die Ratifizierung dieses Abkommens so lange zu blockieren, bis alle offenen Fragen geklärt sind. Wenn die Antworten nicht ausreichend sind, dann muss eben gestrichen werden."

Heribert Prantl mahnt in seinen Leitartikeln ebenso wie in seinem Buch "Der Terrorist als Gesetzgeber" immer wieder an, dass der Rechtsstaat, der sich die Denke der Terroristen dadurch zu eigen macht, dass er alle möglichen, theoretisch denkbaren Fälle gesetzgeberisch absichern will, sich den Ast absitzt auf dem er hockt.

Der Rechtsstaat ist nämlich ein Möglichkeitsraum orientiert an positiven Werten (und nicht den negativen Unterstellungen und Vermutungen der Angst vor "dem schwarzen Mann" - einer abstrakt und diffus bleibenden allgegenwärtigen Sorge vor umfassender Bedrohung, die man durch umfassende Regulierung einzufangen sucht), in dem das Zusammensein der sich in ihm bewegenden Subjekte unter Bezug auf die - mit Absicht - allgemein gehaltenen Wertgrundsätze in Abhängigkeit der je besonderen Einzelfälle verhandelt wird, wenn diese eintreten. So wächst im Zuge permanenter Rechtspraxis ein dichter Katalog an Präzendenzfällen.

Ein hermeneutischer Vorgang, in dem der Rechtsstaat - und Gesellschaft überhaupt - sich über sich selbst verständigt und zunehmend auf einen (stets offen bleibenden) Begriff bringt.

Dass die Angst als Gesetzgeber aber nicht nur diffus ist, sondern durchaus ein mehr oder weniger elaboriertes positiv beschreibbares (und im Kern reaktionäres) Weltbild hat, zeigt das von Bundesinnenminister Schäuble und Bundesjustizministerin Zypries mit den USA unterzeichnete Abkommen über die "Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität".