Ein Professor der evangelischen Theologie erläutert, dass Pornographie kein Spaß sei und auch aus hygienisch-gesundheitlichen Gründen spricht, den besorgten Redakteuren MATHIAS NAREYEK und CHRISTIAN BUSCH zufolge einiges gegen Porno, die ihre Zentrale scheinbar in ein Auto vor den Wohnungen der Betroffenen aufgeschlagen haben: "Raphael war in der Nacht zum Samstag in seiner Berliner Wohnung, sie fuhr gestern morgen allein aus der Tiefgarage ihrer Charlottenburger Altbauwohnung."
Man kann Katja Riemann für die absehbare weitere Berichterstattung der nächsten Tage nur gute Nerven und einen Auslandsaufenthalt wünschen. Ulkig, dass ausgerechnet der Chefredakteur der "Unmoraltrompete" (G.Henschel), dessen Beruf darin besteht, "bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer" (Landgericht Berlin, AZ 27 O 615/02) zu suchen, wie an dem Beispiel Riemann wieder deutlich wird, in eigener Sache höchst dünnhäutig ist und z.B. zuletzt den Beitrag im Blog des WELT-Redakteurs Alan Posener, indem nur Allzubekanntes und wenig Aufregendes thematisiert wird, entfernen lässt und erst dadurch eben diesem Beitrag zu größter Publizität verhilft.
Nicht, dass die Bigotterie eines Blattes, dass nur 2 Mausklicks von Pornographie entfernt ist und unter dem Deckmantel des Anstands und der Berichterstattung täglich die Spannerlust einer verklemmten bigott-reaktionären Klientel bedient ("SO treiben es diese Leute! Wi!der!lich!") und jeden Tag auf Seite 1 mit Altherrenwitz und Bauarbeiter-Humor kommentierte leicht bekleidete Damen druckt, die in der Online-Ausgabe in einem Verfügbarkeitdaumenkino in "fick-mich-Posen"durchgeklickt werden können, überrascht.
Aber wenn man der Schmutz-Maschinerie "der europaweit meistgelesenen Fickgeschichtenzeitung" (Gerhard Henschel) beim Arbeiten zuschaut, wie bewusst mit Falschberichterstattung, fehlerhafter und unterlassener Recherche, Aufkochen längst bekannter Fakten unter bewusst kalkulierter Verletzung der Persönlichkeitsrechte und Menschenwürde von Betroffenen ( man erinnere sich an den Fall Sibel Kekili) Storys und Kasse gemacht werden, und das während man mit Bob Geldof sich als Speerspitze des Guten versteht, ein "Herz für Kinder" reklamiert, ereifernde Schlagzeilen gegen Sexualverbrechen (insbesondere gegen Kinder) produziert und dabei Souffleur und Lieferant eines frauenverachtenden, limitierten, law-and-order-orientierten, dumpf-national (dabei nicht zwingend radikal), intellektuell schlichten und tendenziell reaktionären Publikums ist, wird einem schon sehr anders.
Dabei muss v.a. jedem Politiker, Papst, Popstar-Weltretter u.a. der Vorwurf gemacht werden, sich mit einem Blatt zu solidarisieren, dass die Prinzipien, für die sie einzustehen reklamieren, permanent mit Füßen tritt, weil sie auf der Populismuswelle an die Stammtische und in die Stammhirne des BILD-lesenden (geistigen) "Lumpenproletariats (Gerhard Henschel) zu reiten hoffen.
"Bild, 12. September 2005, Seite 1: "Penis-Riß - Blutiges Drama um Bundesliga-Star". Auf Seite 2 appelliert der niedersächsische Ministerpräsident Wulff an die Bundesbürger, Angela Merkel zu wählen. Gegenüber, auf Seite 3, wird unmittelbar neben einer Abbildung, die den Leichnam eines in Hamburg verhungerten Kindes präsentiert, ein "Sex-Witz" zum Besten gegeben. Auf Seite 5 erfährt man Näheres über das "Überluder Katie Price", genannt "Busen-Katie". Auf Seite 14 bieten "scharfe Teeny-Gören" ihre Dienste an ("Sofort Vollgas mit Orgasmusgarantie"), und auf der letzten Seite plaudert ein Bonvivant aus dem Nähkästchen seiner Lebensregeln: "Vergessen Sie das Gestern! Schmeißen Sie den Rucksack des Bereuens in den Müll."
Ja, schämt er sich denn nicht, der Christian Wulff, der doch einer dem Christentum buchstäblich und programmatisch verpflichteten Partei angehört, in Europas größter und übelster Sexualklatschkloake das Wort zu ergreifen? Zwischen der Sensationsnachricht von einem "Penis-Riß" und dem gierig ausgekosteten Hungertod eines Mädchens? Graust es diesen sittlich sonst doch sicherlich gefestigten Ministerpräsidenten nicht davor, das Wahlvolk aus einer Totengruft anzusprechen, die vom Krakeelen über die Seitensprünge von Schlagersängern widerhallt und im Kleinanzeigenteil "heißen Oma-Sex" per Telefongespräch mit Greisinnen offeriert? "Gerda (83) ist immer noch triebig!", heißt es da, und das sei ihr von Herzen gegönnt; aber was treibt einen hohen Repräsentanten der Staatsgewalt in die Gesellschaft dieser immer noch triebigen Gerda (83) und jener plaudersüchtigen Bettwanze, die den Unterleib des "Göttergatten" einer "Busen-Katie" befallen hat und dort zu einem ordinären Sittenstrolch gediehen ist, der Bild einen Exklusivbericht aus den Schamteilen eines Bräutigams verscherbelt?"
Den ganzen, fantastisch geschriebenen und einfach nur wahren Artikel von Gerhad Henschel "Jeden Tag wird's schmutziger" in der Online-Ausgabe der Taz
Die gut informierte, reichlich belegte und meinungs- wie wortstark formulierte Empörungsschrift in Buchform:
Gerhard Henschel: Gossenreport. Betriebsgeheimnisse der Bild-Zeitung