Freitag, Juli 20, 2007

Alice und die "rasierten Schlampen"

Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht: "Bild ist nicht Pop, sondern Gosse. Bild ist das Sexualorgan, das Millionen impotente kleine Männer von der Straße als ihr eigenes empfinden, und sei es nur zur Befriedigung des Durstes nach Rache an den Reichen und Schönen, die sich durch Reichtum und Schönheit an den sittlichen Idealen eines immer noch kaufkräftigen Mobs versündigt haben.", schreibt Gerhard Henschel in seinem famosen Buch "Gossenreport - Betriebsgeheimnisse der BILD-Zeitung".

Alice Schwarzer sieht das scheinbar anders und hat, obwohl sie als "unbequeme", ja, "sperrige" Frau ein bekannt "kritisches Verhältnis" zu BILD habe, sich für die widerlich ranschmeißerische Plakatkampagne des Blut- und Spermablattes zur Verfügung gestellt. Mit derselben Logik, die schon so viele Kirchenvertreter, Politiker, "Intellektuelle" u.a. dazu trieb, sich mit dem "Bumskontaktblatt" (Henschel) einzulassen. Einfach, weil man damit so wahnsinnig viele Leute erreicht. Das ausgerechnet die Ikone der Frauenbewegung, die gegen Porno und Erniedrigung antrat, die Verona Feldbusch in einem "Streitgespräch" unter Beschuss nahm, da diese, in ihren Fotos und ihrem Auftreten, die permanente sexuelle Verfügbarkeit der Frau und das Bild der Frau als "dummes Frauchen" transportieren würde, sich für die Reklame von "Europas führendem Abspritzgarantiejouranl" (Henschel) herzugeben, ist einfach nur armselig.
Wann wird Frau Schwarzer sich bei Frau Feldbusch, heute Pooth, für den Vorwurf, sie, Frau Pooth, würde mit ihrem Auftreten und Verhalten die Errungenschaften der Frauenbewegung untergraben, entschuldigen?

Auf ihrer Internetseite schreibt Alice Schwarzer: "Zur Zeit läuft eine Plakataktion der BILD-Zeitung, die - nach vielen toten Männern - in diesen Tagen auch mit mir wirbt. Es heißt da: "Jede Wahrheit braucht eine Mutige, die sie ausspricht." Verständlich, dass viele glauben, dies sei ohne meine Zustimmung geschehen, denn mein kritisches Verhältnis zu BILD (und deren Wahrheitsgehalt) ist kein Geheimnis.
Doch ich habe zugestimmt. Ganz einfach, weil ich finde, dass es nicht schaden kann, wenn in so einer Runde - von Gandhi und Freud bis Einstein und Brandt - auch mal eine Frau auftaucht. Und eine sehr lebendige noch dazu."

Ghandi, Freud, Einstein, Schwarzer. Frau weiß eben, was ihr Niveau ist. Drunter sollte man es auch nicht machen.

Aber nochmal Henschel: "Dass zwölf Millionen Schwachköpfe wissen möchten, wer nun wem "am drallen Allerwertesten" gefummelt habe, und dass es ein ehrloses Klatschblatt gibt, das solchen Wissensdurst stillt und die Ehekräche primitiver Schlagerfuzzis bekochlöffelt - damit könnte man leben. Aber dass eine Kulturnation bis hinauf in die höchsten Spitzen der Regierung, der Wirtschaft und der Erbverwalter Goethes mit diesem Zentralorgan der Unterhosenspionage paktiert, ist ein Skandal. In Bild gurgelt der Gully obszön vor sich hin. Wer in dieses Abflussrohr hinabsteigt, der hat seinen Geist aufgegeben. Wer Bild als Kolumnist oder als Interviewpartner dient, der ist ethisch gerichtet und hat seinen intellektuellen und moralischen Bankrott erklärt. Und wer, wie Gerhard Schröder es getan hat, einen ausländischen Staatsgast zum gemeinsamen Bild-Interview willkommen heißt, der sollte sich die Frage vorlegen, ob es nicht anständiger gewesen wäre, den Gast in einem gut geführten Bordell zu begrüßen als in Kai Diekmanns dreckiger Sexualnachrichtenkaschemme."

Keine weiteren Fragen. Ihr Zeuge.

Stefan Niggemeier: Schwarzer Humor