Der Osten blutet aus. Schon immer gab und gibt es eine starke Abwanderungsbewegung Richtung Westdeutschland. Insbesondere gut (aus)gebildete Menschen, die sich generell durch hohe Mobilität, Bereitschaft zu Veränderung auszeichnen und die Erfolgswahrscheinlichkeiten eines Umzugs in ein anderes Bundesland oder sogar ins Ausland auch aufgrund ihrer recht guten bis hervorragenden Ausbildungsvoraussetzungen und Qualifikation positiv einschätzen, wagen den Sprung. Zurück bleiben schlecht ausgebildete, arbeitslose, Geringqualifizierte. Ein demographischer Mischungsvorgang, der sich im negativen Sinn verstärkt: Investitionen in Ostdeutschland erscheinen unattraktiv, wenn kein ausreichend qualifiziertes Personal gefunden werden kann. Gut ausgebildete Menschen zieht es nicht in die mit Arbeitslosigkeit, Rechtsradikalismus und Trostlosigkeit assoziierte Ostdeutsche Provinz. Die Studie "Not am Mann" des Berlin Instituts formuliert das, was ohnehin zu vermuten war: Diese Sozialen Wanderungen haben ein klares Geschlechtsmuster. Es sind v.a. junge, gut ausgebildete Frauen zwischen 18 bis 29 Jahren, die ihre ostdeutsche Heimat verlassen. Zurück bleiben junge Männer mit schlechter Ausbildung und ohne Job. Eine neue Unterschicht bildet sich - sie ist männlich, schlecht qualifiziert, arbeitslos, alleinlebend und anfällig für rechtsradikales Gedankengut. Eine Entwicklung, die den Trend verschärft. Je mehr Arbeitslosigkeit eine Region dominiert, desto höher die Motivation, derjenigen (Frauen), diesen Raum zu verlassen, desto höher ihr Risikobereitschaft auch mit geringeren Erfolgsaussichten den Sprung zu wagen und ihre Energien in die Einlösung der Gelingenswahrscheinlichkeit der Bemühungen zu investieren.
Der allgemeine Trend, dass Schulversagen und Bildungsstagnation männlich dominiert, wird von den Forschern bestätigt: Während fast 60 Prozent aller Gymnasiasten junge Frauen sind, schafften in den vergangenen Jahren deutlich weniger Jungen als Mädchen auch nur den Hauptschulabschluss. Am schlechtesten sieht es im brandenburgischen Landkreis Elbe-Elster aus: Dort sind den Angaben zufolge 70 Prozent der Schulabgänger, die seit 1995 keinen oder höchstens einen Hauptschulabschluss erreichten, männlich.
"Zusammen mit einer hohen Arbeitslosigkeit und den schlechteren Chancen auf einen Ausbildungsplatz führt dieses Bildungsgefälle dazu, dass viele junge Frauen ihr Glück in Westdeutschland versuchen", sagte der Leiter der Studie, Steffen Kröhnert. "Hinzu kommt, dass die Frauen sich einen Partner mit ähnlichem Bildungsniveau suchen - und diesen nicht in Ostdeutschland finden."
Die Kombination aus beruflicher Perspektivlosigkeit, genereller Resignation, sowie negativer Einschätzung der eigenen Einflussmöglichkeiten auf die Situation, wird durch das von anderen arbeitlosen, schlecht (aus)gebildetenen Männern dominierte Umfeld verstärkt und dazu führt, dass keine Anstrengungen mobilisiert werden, um an der Situation etwas zu verändern.
Der zusätzlich und als eine Folge davon auftretende Mangel an privat-emotionaler Bindung, macht diese Gruppe offenbar für rechtsradikales Gedankengut und den mit Gemeinschaftserlebnissen, die Zugehörigkeit und Orientierung vermittelnden Sozialverband, den eine Gruppe des rechtsradikalen Milieus darstellt, sehr anfällig. Schöne Aussichten.
Männer in Not. Kommentar der FAZ
Frauenmangel im Osten in der ZEIT