Mittwoch, Januar 23, 2008

An american Family

In der Vanity Fair von April 2007 findet sich eine Titelgeschichte über THE SOPRANOS, die gefeierte, von vielen Kritikern und Fans für die beste Serie aller Zeiten gelobte und geliebte Serie von HBO über den Mafia-Boss Tony Soprano aus New Jersey, und sein anstrengendes Leben zwischen seinen beiden Familien, zwischen Schutzgelderpressung, den Sorgen um den pubertierendem Sohn, den Zwängen der Mafia-Logik, die ihn auch dazu zwingt älteste Freunde umzubringen und seine Hilflosigkeit gegenüber dem Druck, den seine allmächtige Mutter auf ihn ausübt. Die Serie wurde, wie so viele andere vor ihr, in Deutschland durch den Sendetermin und die Synchronisation versenkt. Die ersten drei Staffeln wurden anfänglich Samstagabend dann Sonntagnachts im ZDF ausgestrahlt, bis sichergstellt war, das auch der Letzte, der nur ein entferntes Interesse hätte entwickeln können, abgeschreckt war. So bleibt die Serie ein ungehobener Schatz auf DVD.


Es gab anfangs falsche Berichte, in denen die SOPRANOS als "Comedy" um einen Mafia-Boss, der wegen PRoblemen mit seiner Mutter zu einer Psychiaterin geht, dargestellt wurde. Das führte dazu, dass viele nicht einschalteten, weil sie ANALYZE THIS schon gesehen hatten. Oder diejenigen, die gerade deswegen einschalteten und Italo-Parodien und Obster-Klamauk erwarteten, schalteten wieder aus, weil die Serie alles ist, außer Comedy. Es gibt Humor, es wird gelacht - aber eben so, wie im Leben eben auch gelacht wird und es komische Momente gibt. Die SOPRANOS ist klarstes Drama, ein epochales Familiendrama, das sich den Luxus der Stille leistet.

"Television is really an outgrowth of radio. And radio is just all yak-yak-yak-yak. And that's what television is: yak-yak-yak-yak. It's a prisoner of dialogue, film of people talking. Flashy words.", sagt SOPRANOS-Erfinder David Chase und so wird bei den SOPRANOS unendlich viel ohne Worte gesagt: Darin wie die Menschen sich physisch zueinander verhalten, wie sie essen, sich gemeinsam an den Tisch setzen, was sie zusammen und miteinander tun (oder eben nicht), sagt mehr aus als Worte.

Die Episode Down Neck der ersten Staffel, in der der pubertierende Sohn AJ Hausarrest bekommen hat, endet mit einer sehr langen Szene, in der nicht gesprochen wird. Wir sehen Tony und seinem Sohn zu, wie sie zusammen in der Küche stehen und sich ein Eis mit Sahne anrichten. AJ ist wütend und fühlt sich von seinem starken Vater gemaßregelt und zurückgewiesen. Anstatt Tony eine pathetische Rede darüber in den Mund zu legen, dass er AJ trotz allem liebe, sehen wir, wie er für sich und AJ ein überdimensioniertes Eis bereitmacht, ihm Sahne in den Mund sprüht und beide lachen, während die Kamera sich langsamzurückzieht und die erleuchtete Küchenzeile sich von der dunklen Wohnung abhebt wie eine erleuchtete Bühne. Einerseits kein Wunder, dass so etwas gewöhnungsbedürftig ist. Andererseits ein Wunder, dass diese Serie so erfolgreich wurde, dass manche sie die einflussreichste Produktion aller Zeiten nannten, und zwar nicht nur für das Fernsehen, sondern für dramatisches Erzählen im Film überhaupt.

This is not funny!

Der Erfinder der Serie, David Chase, berichtet, dass er im Filmgeschäft eine Reputation gehabt habe, zu düster zu sein.

"That's the term people out there like—I don't know what it means. It probably means 'too complicated.' Or it could mean 'too dark.'" Chase laughs. Says Lawrence Konner, an old friend who wrote three episodes of The Sopranos during the great third and fourth seasons, "David's reputation inside the TV industry was 'Good writer, good manager, but what's going on in his brain we don't want to be part of.'" Chase reciprocated. "I felt I was out of step with everything," he says. "I remember seeing Pretty Woman on an airplane. Everybody was laughing their heads off. 'Ho-ho-ho!' It wasn't funny to me, it wasn't dramatic—it wasn't anything. I thought, Why don't I just open the door and jump out?" (VF)

Zudem gibt es ein Interview mit David Chase