Samstag, Dezember 30, 2006

Me, Myself and I

Die ZDF-Nachrichten-Sendung HEUTE will die Tagesschau an Seriösität überholen, hat aber immer mehr sich selbst zum Thema (Schon die Probe zu unserem ZDF- Neujahrskonzert war ganz doll toll und in der Kantine haben wir neue Stühle. Sehen Sie nun den Leiter der Speditionsfirma, die die Möbel angeliefert hat im Interview!"), geriert sich als Pressestelle der Regierung (Was unsere Regierung im nächsten halben Jahr während der EU-Präsidentschaf vorhat), biederes Magazin, dass in Berichten, deren Länge in direkt antiproportonalem Verhältnis zum Informationsgehalt stehen, uns die neuen EU-Länder vorstellen (und zwar, in dem man der Seibert Steffen mit einem Taxifahrer durch Rumänien düst und mit einem deutschen Unternehmer spricht. So schnell kann man sich ein Bild machen) und gerät v.a. zum Ausstellungsfenster für seine Sprecher.

Während die Sprecher der Tagesschau angenehm als neutrale Vorleser von Nachrichtentexten erscheinen, kommentieren sowohl Steffen Seibert als auch Petra Gerster durch eine die Nachrichten tendenziös kommentierende Sprache (die nicht selten weit jenseits des Normdeusch angesiedelt und vermutlich verschmitzt gemeint ist: "das war wohl nix, dachte sich..."), Betonung (Seibert arbeitet hier mit seinem eingebautem Lautstärkeregler) und Mimik (Während Gerster ihre Scheinwerferaugen je nach DAS-kann-ja-wohl-nicht-wahr-sein-Faktor weiter aufreißt juckelt Seibert auf seinem Drehstuhl hin und her, als sei er halsabwärts von einem karibischem Dämen bessesen). Da freut man sich regelrecht auf die Wetteransage.

The Departed

THE DEPARTED gesehen und Alec Baldwin und Mark BOOGIE NIGHTS Wahlberg für hervorragend befunden. Erstaunlichste Erkenntnis: Leonardo di Caprio wirkt zum ersten Mal nicht wie ein 9 Jähriger!

Jack Nicholson ist erkennbar zu sehr damit beschäftigt eine überdrehte Mischung seines Teufels aus DIE HEXEN VOM EASTWICK und dem JOKER zu geben, aber was soll's. Als er zu Beginn ein Päarchen abknallt, die Frau auf ihren Mann fällt und er sagt "She fell funny..." - Das ist schon groß.
Auch schön wie Alec Baldwin lustvoll den feisten Bullen als grobstschlächtigen Polier gibt und Matt Damon zünftig anprollt: "I'm gonna go have a smoke right now. You want a smoke? You don't smoke, do ya, right? What are ya? One of those fitness freaks, huh? Go fuck yourself!"

Die Geschichte, ein Remake des Honkong-Thrillers INFERNAL AFFAIRS dürfte ja bekannt sein: Nicholson spielt Frank Costello, den irischen Paten von Boston, der sich Matt Damon großzieht und platziert ihn als Spitzel in der State Police. Di Caprio wird von derselben Polizeieinheit als Spitzel bei dem Gangsterboss eingeschleust. Interessanter als die Frage, wer wen zuerst entdeckt und hochgehen lässt, sind die Schizophrenien, in die beide hineingetrieben werden.
Eine zeitgeistige Entwicklung hinterlässt auch in diesem Film seine Spuren: Ständig fummelt irgendwer an seinem Handy herum. Jedoch hat das Mobiltelefon in THE DEPARTED eine dramaturgische Funktion. Matt Damon und Di Caprio sind ständig in der Situation, heimlich und unbemerkt das jeweils gegnerische Lager per SMS zu unterrichten. Eine Affaire haben muss dagegen ein Spaziergang sein.

Ironische Botschaft des Films: Die zivilisatorische Errungenschaft, sich an geltende soziale Regeln anpassen zu können, wird den beiden Hauptfiguren zur Ursache von Schlafstörungen und permanenter Windungen. Di Caprios und Matt Damons Figur wirken in ihrer Verstellung, als stünden Sie bei angezogener Handbremse auf dem Gaspedal. Gesund und entspannt sind die,die ihren Trieben freien Lauf lassen, wie das von Mark Wahlberg und Alec Baldwin großartig verkörperte Cop-Duo, das so vulgär, brutal und kompromisslos ist, wie die Gangster, die sie verfolgen (Man erinnere sich an den deutschen Zusatz auf der DVD zu Michael Manns HEAT: "Besessen vom Verbrechen. Getrennt durch das Gesetz").

"Auf der Seite der Schurken wird diese voll ausgelebte Aggression und Sexualität von Nicholson verkörpert. Seit Costello seinen Mitschülern in der ersten Klasse das Taschengeld abnahm, macht er nur noch, was er will - mit Frauen, Drogen, Freunden, Feinden, egal. Nicholson hat hier keine andere Aufgabe als die, der Mann mit den wenigsten verdrängten Problemen der Filmgeschichte zu sein - was er als Hollywood-Legende vielleicht sowieso schon ist. ", wie Tobias Kniebe in der Süddeutschen Zeitung richtig feststellt: "Costello lebt, so seltsam es klingt, in der reinen Wahrheit. Er tut, was er sagt. Er muss nicht lügen. Jenseits aller Moral hat er den Anspruch erfüllt, ein vollständiges Leben zu leben. Dass sich seine beiden ungleichen Ziehsöhne dann auch noch dieselbe - tolle, aber dennoch schwer verkorkste - Frau teilen müssen, während er die halbe Stadt vögelt, ist sein letzter Triumph, der Sieg einer alten Generation von Männern über eine neue, die ihre Identität nicht mehr finden kann. "

Eine Entdeckung des Films sind die Augen von Vera Farmiga. Sie spielt die Psychotherapeutin, die mit Matt Damon zusammenlebt und mit Di Caprio eine Affaire hat mit einer Mischung verletzbarer Fragilität und Entschlossenheit.

Dienstag, Dezember 26, 2006

Hugs!

Für alle, die nicht nur an Weihnachten für Kitsch, Rührung, Weinerlichkeit und alle anverwandten Affekte enpfänglich sind, ein kolossal, rührendes, kitschiges Video auf YOU TUBE.

Ein Mensch steht auf der Straße und trägt ein Schild, auf dem er "Free Hugs, "Kostenlose Umarmungen" verspricht. Die Menschen gehen vorbei und wundern sich erst über dieses komische Schild.

Dazu läuft der überragende SCRUBS-eske Song ALL THE SAME von den SICK PUPPIES. Der Film bleibt schwarz/weiß, bis die erste Passantin, eine kleine Oma, ihn umarmt und ab da sind es eine Reihe von Menschen, die ihn umarmen, bzw. die er umarmt. Einige Menschen nehmen ihm das Schild ab und umarmen dann ihrerseits.

Dieses "FREE HUGS" Ding ist ein regelrechter Trend. Es gibt zig solcher Videos auf YOU TUBE. Eine schöne Dokumentation der kitschigen, naiven, größenwahnsinngen, abwegigen und dennoch wunderbaren Idee, dass Liebe die größte Macht der Welt ist.

http://youtube.com/watch?v=vL7Jo_1Z3Y8