Freitag, Januar 26, 2007
Huis clos
Dies wird als "Beschäftigung mit sich selbst", als "Flügelkämpfe" oder "Selbstzerfleischung" gefürchtet und jede/r der/die auch nur in den Ruch kommen, mit ihren Beiträgen sich nicht der Sacharbeit oder dem politischen Gegner zu widmen, wird vorgeworfen, das Geschäft des Gegners zu betreiben. So stellen Parteien Homogenisierungsapparate dar, in denen der Dissens systematisch außer Kraft gesetzt ist, keine Ideen entwickelt, sondern Programme (mit 95%iger Zustimmung) verabschiedet, Kopfnicker (mit Posten) belohnt und Abweichler bestraft werden.
In der Süddeutschen Zeitung beklagt Heiner Geißler - nicht zum ersten Mal - den Niedergang der Streitkultur, verstanden als Ringen um das bessere Argument. In diesem Sinne kommt dem Streit, dem Ringen um das bessere Argument, das kritische wechselseitige Prüfen von Positionen in öffentlicher Debatte unter wechselseitger Anerkennung bestimmter Verfahrensformen und wechselseitig zustimmungsfähigen Kriterien denen zufolge entschieden werden kann, soll und wird, ab welchem Zeitpunkt, nach wieviel argumentativen Durchgängen welche Position sich als überlegen und durchgesetzt betrachten darf (Also wann der"zwanglosen Zwang des besseren Arguments"objektiv jedem, der sich den Regeln des diskursiven Austauschs von Argumenten unterwirft, einsichtig werden muss und daher eine Seite sich durchsetzt. Es ist wie bei Kindern, die sich darum streiten, welches Fernsehprogramm geschaut werden soll. Sie einigen sich auf ein Verfahren, mit dem die Streitfrage entschieden werden soll und mit dem die Rechte beider Seiten gleichmäßig berücksichtigt werden: Sie werfen eine Münze. Wenn nun eine Seite gefallen ist, ist für beide Seiten klar entschieden, wer "Recht" bekommt und seinen Wunsch durchsetzen darf. Die vorgängig erfolgte Einigung über das Verfahren, mit dem eine Entscheidung gefunden werden soll hat die Grammatik geliefert, mit dem der Akt des Münzwurfs als "Satz" interpretiert und verstanden werden kann. Nun hat der Unterlegene nur noch die Möglichkeit, aus dem Diskurs auszusteigen und ein trotzig dennoch auf seinem Anspruch zu bestehen und z.B. handgreiflich zu werden - er verlässt in diesem Fall jedoch die Diskursgemeinschaft und handelt - unvernünftig.), eine "Exzellenz-Funktion" zu. Der Streit ist ein Instrument, um die Stichhaltigkeit von Argumenten, die Tragfähigkeit von Positionen zu prüfen.
"Dadurch wird aber die Exzellenz-Funktion des Streits außer Gefecht gesetzt, personell und inhaltlich die Spreu vom Weizen zu trennen, im Wettbewerb die beste Lösung zu finden. Der Ruf nach Einmütigkeit ist oft nichts anderes als Ausdruck der Furcht, die inhaltlichen und personellen Vorstellungen zur Diskussion stellen zu müssen."
Die Fürther Landrätin Pauli hat mit ihrem entschlossenen und mutigem Auftreten gezeigt, was das wirksamste Gegenmittel dieser dissensfeindlichen Kultur ist: Öffentlichkeit. Ganz gegen die übliche Parteikultur hat sie Vorgänge, die bestenfalls in hinter geschlossener Tür thematisiert werden in die Öffentlichkeit getragen. Auch in der parteiinternen Öffentlichkeit, den Gremiensitzungen, hat sie die übliche Form durchbrochen, und Stoiber direkt angesprochen und damit die (Un)Kultur der Mauschelei durchbrochen.
Der Streit, das Ringen um Argumente hat seinen Platz auf der Agora, dem Marktplatz, wo die Bürger auftreten und ihre Positionen der kritischen, öffentlichen Prüfung stellen.
Dem gegenüber stehen die in Hinterzimmern, von durch kein Verfahren demokratisch legitimierten Gremien und Gesprächsrunden ausgekungelten Absprachen und Kompromisse.
"Wann wird es bei uns endlich aufhören, die Kant’sche Tugend der Aufklärung, nämlich die Fähigkeit, jederzeit selbst zu denken, in das Stigma der Apostasie umzufälschen? In diesem Klima gedeihen die Zuträger, Feiglinge, Mutlosen und Angepassten."
So wird die politisch-argumentative Auseinandersetzung - wenn es sie denn überhaupt noch hinter dem Vorhang gibt und diese nicht schon längst ausschließlich strategischen und logstisch-technokratischen Fragen (also der juristischen Machbarkeit) gewichen sind - vom Pressemitteilungssprech verdrängt. Phrasen ersetzen Argumente. Wohltemperierte Allgemeinplätze ersetzen Inhalte. Was erklären mag, warum nicht selten bestenfalls durchschnittliche Köpfe es in diesem Handlungsfeld erstaunlich weit schaffen können. Wichtiger als der klar denkende Kopf, der hervorragend formulierende Mund und der aufrechte Gang sind das sprichwörtliche dicke Fell, die Entschlossenheit zur Intrige und "Flexibilität" in den Ansichten und Positionen.
Heiner Geißler war i.Ü. einer der ersten Unterstützer und als prominenter Gegenredner aktiver Teilnehmer der ZEIT-Debattiertunrniere: www.zeitdebatten.de
Sonntag, Januar 21, 2007
Adriaaaan!
"Rocky VI" ist einer der schönsten und bewegendsten Filme, die ich je gesehen habe!"
Nun hört man aber von immer mehr Kritikern, die ROCKY BALBOA nicht nur gut, sondern für hervorragend, nicht nur für den besten der Rocky-Saga, sondern insgesamt für einen der herausragendsten Filme des Jahres halten. Jedenfalls erklärt Alexander Gorkow im Gespräch mit "Sly" gleich zu Anfang: "Rocky VI" ist einer der schönsten und bewegendsten Filme, die ich je gesehen habe!".
Das Sylvester Stallone einiges mehr kann, als für Amerika im Alleingang den Vietnam- Krieg nachträglich gewinnen, zeigte er mit seiner überragenden Leistung in James Mangolds Copland. Wer hätte nach dem Rambo- und Rocky-Ramsch gedacht, Stallone je in einem Bild mit Harvey Keitel und Robert de Niro zu sehen - und ihm zugetraut, gegen diese Typen zu bestehen?
Die Süddeutsche Zeitung hat ihre Wochenendbeilage nahzu komplett Sylvester Stallone gewidmet. Tobias Kniebe schreibt über eine der ikonischsten Szenen, die Hollywood je geschaffen hat: Heute kann niemand mehr auf der sandsteinfarbenen Freitreppe vor dem Philadelphie Museum of Art stehen, "ohne gleichzeitig einen Mann in Sweatshirt und Sweatpants zu sehen, schmutziggrau, eine schwarze Wollmütze auf dem Kopf, Converse Schuhe an den Füßen, die Hände weiß bandagiert. Er spurtet dort hinauf, viele tausend Mal am Tag, er nimmt fünf, sechs Stufen auf einmal, "Gonna fly now, flying high now" jubiliert ein Frauenchor mit Trompetenbegleitung, der Mann tänzelt oben, schlägt ein paar Punches ins Leere und macht einen Luftsprung - im Gefühl seiner überwundenen Qualen, seiner Kraft, seiner schmutziggrauen und trotzdem unbesiegbaren Zuversicht.
Niemand kann da oben stehen, ohne wenigstens für einen Augenblick dieser Mann zu sein. Wer das nicht glaubt, muss nur einmal die Menschen an dieser Treppe beobachtet haben und das, was sie den ganzen Tag dort machen, vom Kleinkind über den intellektuellen Kunstkenner bis hin zur übergewichtigen Rentnerin."
Niemand auf der Welt, der diese Fanfare hört und sich nicht wie ein Champion fühlt:
http://www.apple.com/trailers/mgm/rockybalboa/trailer1