Samstag, Oktober 05, 2013

Schöner über das Wetter reden

"Über dem Atlantik befand sich ein barometrisches Minimum; es wanderte ostwärts, einem über Russland lagernden Maximum zu, und verriet noch nicht die Neigung, diesem nördlich auszuweichen. Die Isothermen und Isotheren taten ihre Schuldigkeit. Die Lufttemperatur stand in einem ordnungsgemäßen Verhältnis zur mittleren Jahrestemperatur, zur Temperatur des kältesten wie des wärmsten Monats und zur aperiodischen monatlichen Temperaturschwankung. Der Auf- und Untergang der Sonne, des Mondes, der Lichtwechsel des Mondes, der Venus, des Saturnringes und viele andere bedeutsame Erscheinungen entsprachen ihrer Voraussage in den astronomischen Jahrbüchern. Der Wasserdampf in der Luft hatte seine höchste Spannkraft, und die Feuchtigkeit der Luft war gering.Mit einem Wort, das das Tatsächliche recht gut bezeichnet, wenn es auch etwas altmodisch ist: Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913."
Robert Musil. Der Mann ohne Eigenschaften. 1930/1999: 9

Freitag, Oktober 04, 2013

Fernsehweh

"Jede Gegenwart braucht Erzählungen, um nicht böser Banalität anheimzufallen. Soll also die deutsche Gegenwart tagein tagaus durch Kommissare erzählt werden, die auf eine jeweils regionale Wasserleiche starren?" 
In der SZ analysiert Alexander Gorkow die Ursachen für den deutschen TV Trübsinn und kommt zu einem nachvollziehbarem Schluss: 
"Einfluss haben in Deutschland hingegen eigentlich bretthart abgesicherte Fernsehredakteure, die trotzdem große Quotenängste haben, und die deshalb von einer Handvoll schlauer Produzenten, die um diese Ängste wissen, immer wieder den gleichen Pudding serviert bekommen. Diese Produzenten spielen für das hiesige Fernsehen heute die Rolle, die Johannes Mario Simmel mal im Buchmarkt spielte: als Impresarios inhaltlich relevanter, formal seifiger Kartonware wie den ZDF-Dekorationsunsinn "Adlon" mit seinen durch Trümmerdialoge stolzierenden Kostümträgern." (SZ)

L'ile de beauté