Mittwoch, Februar 03, 2010
Patsche-Pätt
"Für mich jedenfalls steht fest: Ein Computer, auf dem keine einzige Programmiersprache läuft, ist kein Computer, sondern eine Fernbedienung." Jörg Kantel in der FAZ über Apples iPad (via Perlentaucher)
Dienstag, Februar 02, 2010
Flat Earth
Auch nicht schlecht: Im Jahr 1956 gründete ein Mitglied der Royal Astronomical Society, Samuel Shenton, die bis heute existierende Flat Earth Society, die ihrem Namen entsprechend der These einer flachen Erde zum Durchbruch verhelfen will, und immerhin einen Twitter-Account hat.
Mer kennt sich, mehr hilft sisch
In der aktuellen Ausgabe des Kölner Lokalmagazins Stadtrevue findet sich ein hervorragend geschriebener Beitrag über die Schiebereien rund um die Messehallen der Stadt am Rhein. Der Autor des Beitrags, Georg Wellmann, wurde 2005 vom Netzwerk Recherche für seine mehrteilige Dokumentation über das Thema mit dem Leuchtturm für besondere publizisistische Leitungen" ausgezeichnet.
Montag, Februar 01, 2010
The Smartest Guys in the Room
Gestern den Dokumentarfilm "ENRON – The Smartest Guys in the Room" über den gigantischen Betrugsfall von und bei Enron gesehen.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch der Journalisten Peter Elkind und Bethany McLean. Die junge Journalistin stellte 2001 in einem Artikel für das FORTUNE Magazine zuerst die titelgebende Frage "Is Enron overpriced?" und brachte damit - ohne jedoch ausdrücklich den Verdacht zu äußern, dass die Bilanzen von Enron ein großer Fake seien - den Stein des Anstoßes ins Rollen.
Der Enron-Skandal bestand im Wesentlichen darin, dass das Unternehmen, wie eine Mitarbeiterin es in dem Dokumentarfilm so schön formuliert, "was cooking the books": Die Manager frisierten ihre Bilanzen durch fiktive Gewinne. Der Kern des Betrugs bestand u.a. darin, vermutete zukünftige Gewinne schon in der Gegenwart als reale Gewinne zu verbuchen. Vereinbarte oder geplante Geschäfte wurden bereits von Anfang an als Erträge gebucht. Dadurch steigt der Gewinn in der jeweiligen Berichtsperiode. So erzeugte Enron den Eindruck des permanenten Wachstums, wodurch der Aktienwert des Unternehmens permanent in die Höhe schoss - dabei waren die realen Aktivitäten , wie die Investitionen in Kraftwerke in Indien oder Nigeria, des Energie-Unternehmens oft Reinfälle. Entstehende Verluste wurden jedoch in einem weitverzweigten Netz von (Briefkasten)Firmen buchhalterisch ausgelagert, so dass Enron immer makellos da stand.
Eine besonders bizarre Facette des Enron-Skandals ist das Verhalten der Enron-Börsen-Trader: Sie ließen gezielt Kraftwerke in Kalifornien ausschalten, um dadurch den verfügbaren Strom zu verknappen und die Preise in die Höhe zu treiben. Damit sorgten sie für immer wieder auftretende Stromausfälle, die nicht nur eine Belastung für die Bevölkerung waren, sondern auch eine der größten Volkswirtschaften der Erde in ernste Bedrängnis brachten. Die im Dokumentarfilm zu hörenden Aufzeichnungen von Telefonaten von Tradern legt eine zynische Kaltschnäuzigkeit der Sonderklasse offen, gegen die der von Oliver Stone im Film WALL STREET portraiterte Haifisch-Kapitalismus handzahm erscheint.
Der damalige Gouverneur Kaliforniens Gray Davis apellierte an die zuständige Bundesbehörde einzugreifen. Diese wurde mittlerweile jedoch von einem Duzfreund des Enron-Chefs Kenneth Lay geführt: George W. Bush. Dieser setzte einen Mann an die Spitze der Regulierungsanstalt, der von dem Enron-Chef empfohlen worden war.
Als schließlich der Schwindel öffentlich wurde, verloren 30,000 Angestellte bei Enron ihre Jobs, Gesundheitsversicherung, Renteneinlagen und Pensionen – während die Manager mit hunderten Millionen Aktiengewinnen davonkamen.
Aber Enron stand nicht allein da und es waren auch nicht nur die 3 Manager, auf die sich das Hauptinteresse konzentrierte: Es gab jede Menge Banken (darunter auch die Deutsche Bank), die bereit waren, mitzumachen, obwohl offensichtlich war, dass etwas nicht stimmen konnte. Die Unternehmensprüfungsfirma Andersen bekam wöchentliche Honorare in Höhe von 1 Mio Dollar – und bescheinigte Enron tadellose Bilanzen und wasserdichte Vorgänge. Die Anwälte, Trader, Politiker - ein großes Netz an Personen und Unternehmen hatten ein Interesse daran, dass die Enron-Blase nicht platzt.
Die Lehre der Dokumentation und des Falles ist: Gelegenheit macht Diebe. Bzw. Wo viel Geld (zu verdienen) ist, werden sich immer diejenigen versammeln, die zuerst und ausschließlich daran interessiert sind, sich von dem Geld einen dicken Batzen einzustecken und deren einziges Interesse es ist, diesen Geldstrom so groß und nachhaltig wie möglich werden zu lassen.
Dieses Prinzip lässt sich immer und überall beobachten, wo öffentliche Gelder zusammenkommen: bei Städten, Gemeinden, Bundesländern und Bundesregierungen - überall dort sammeln sich Akteure, Unternehmer, Banker, Lobbyisten und Abgreifer, deren einzigstes Interesse ist, sich einen möglichst exklusiven Zugang zu den Futterstellen zu sichern, sicherzustellen, dass sie mit möglichst niemanden (oder wenigstens nur mit wenigen) teilen müssen und niemand ihr Festmahl mit lästigen Fragen oder gar Auflagen stört.
Eine solche Sichtweise legt die Annahme nahe, dass die Hochfinanz und das Big Business unvermeidlicherweise mit unethischem und sogar kriminellen Verhalten verbunden sind, dies fordern und fördern. In der Enron Dokumentation heißt es an einer Stelle, dass die beteiligten Personen einander mit dem Respekt von Klapperschlangen begegneten. Es entfaltet sich ein Tableau gemeinschaftlicher Selbstüberschätzung gepaart mit einer zynischen Geringschätzung demokratischer Prinzipien.
So wiederholt sich die Einsicht, dass sich solche Entwicklungen nur von einer aktiven, mündigen Öffentlicheit vermeiden lassen. In Köln ist es ja schon seit Jahrzehten der Fall, dass eine kleine Gruppe von lokalen Unternehmen immer dreister öffentliche Gelder einsacken. Das Klagen darüber gehört zur soziokommunikativen Folklore - aber aktives Einschreiten ist weitgehend Fehlanzeige. Obwohl mittlerweile sich etwas tut.
Die Notwendigkeit, selber aktiv zu werden, zeigt sich auch bei dem Großthema Klimakatastrophe: Die Industrien, Unternehmen und Staaten werden so lange weiter ihre Eigeninteressen verfolgen, bis eine aktive Öffentlichkeit ihre Politik auf gemeinsame Ziele verpflichtet und deren Umsetzung einfordert und prüfend begleitet.
Es zeigt sich, dass sich demokratische Kontrolle nicht delegieren lässt und es naiv ist, darauf zu vertrauen, dass "die da oben" "schon wissen, was sie machen". Auch wenn es Pressefreiheit gibt bedeutet nicht notwendig, dass damit ein selbstregulierendes System auf Autopilot in Richtung Gerechtigkeit juckelt.
Im Gegentteil muss man von der Volksweisheit, dass Gelegenheit Diebe macht, ausgehen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Macht und Geld die Anständigen zu korrumpieren droht und die Korrumpierbaren anzieht, macht es nötig, sich aktiv einzuschalten.
Es genügt eben nicht, einmal alle 4 Jahre zur Wahl zu gehen und ansonsten am Thekentresen zu zetern. Vielmher ist eine aktive, mündige Bürgergesellschaft gefragt. Eine triviale Einsicht, die Allgemeingut aber eben nicht gelebte Praxis ist.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch der Journalisten Peter Elkind und Bethany McLean. Die junge Journalistin stellte 2001 in einem Artikel für das FORTUNE Magazine zuerst die titelgebende Frage "Is Enron overpriced?" und brachte damit - ohne jedoch ausdrücklich den Verdacht zu äußern, dass die Bilanzen von Enron ein großer Fake seien - den Stein des Anstoßes ins Rollen.
Der Enron-Skandal bestand im Wesentlichen darin, dass das Unternehmen, wie eine Mitarbeiterin es in dem Dokumentarfilm so schön formuliert, "was cooking the books": Die Manager frisierten ihre Bilanzen durch fiktive Gewinne. Der Kern des Betrugs bestand u.a. darin, vermutete zukünftige Gewinne schon in der Gegenwart als reale Gewinne zu verbuchen. Vereinbarte oder geplante Geschäfte wurden bereits von Anfang an als Erträge gebucht. Dadurch steigt der Gewinn in der jeweiligen Berichtsperiode. So erzeugte Enron den Eindruck des permanenten Wachstums, wodurch der Aktienwert des Unternehmens permanent in die Höhe schoss - dabei waren die realen Aktivitäten , wie die Investitionen in Kraftwerke in Indien oder Nigeria, des Energie-Unternehmens oft Reinfälle. Entstehende Verluste wurden jedoch in einem weitverzweigten Netz von (Briefkasten)Firmen buchhalterisch ausgelagert, so dass Enron immer makellos da stand.
Eine besonders bizarre Facette des Enron-Skandals ist das Verhalten der Enron-Börsen-Trader: Sie ließen gezielt Kraftwerke in Kalifornien ausschalten, um dadurch den verfügbaren Strom zu verknappen und die Preise in die Höhe zu treiben. Damit sorgten sie für immer wieder auftretende Stromausfälle, die nicht nur eine Belastung für die Bevölkerung waren, sondern auch eine der größten Volkswirtschaften der Erde in ernste Bedrängnis brachten. Die im Dokumentarfilm zu hörenden Aufzeichnungen von Telefonaten von Tradern legt eine zynische Kaltschnäuzigkeit der Sonderklasse offen, gegen die der von Oliver Stone im Film WALL STREET portraiterte Haifisch-Kapitalismus handzahm erscheint.
Der damalige Gouverneur Kaliforniens Gray Davis apellierte an die zuständige Bundesbehörde einzugreifen. Diese wurde mittlerweile jedoch von einem Duzfreund des Enron-Chefs Kenneth Lay geführt: George W. Bush. Dieser setzte einen Mann an die Spitze der Regulierungsanstalt, der von dem Enron-Chef empfohlen worden war.
Als schließlich der Schwindel öffentlich wurde, verloren 30,000 Angestellte bei Enron ihre Jobs, Gesundheitsversicherung, Renteneinlagen und Pensionen – während die Manager mit hunderten Millionen Aktiengewinnen davonkamen.
Aber Enron stand nicht allein da und es waren auch nicht nur die 3 Manager, auf die sich das Hauptinteresse konzentrierte: Es gab jede Menge Banken (darunter auch die Deutsche Bank), die bereit waren, mitzumachen, obwohl offensichtlich war, dass etwas nicht stimmen konnte. Die Unternehmensprüfungsfirma Andersen bekam wöchentliche Honorare in Höhe von 1 Mio Dollar – und bescheinigte Enron tadellose Bilanzen und wasserdichte Vorgänge. Die Anwälte, Trader, Politiker - ein großes Netz an Personen und Unternehmen hatten ein Interesse daran, dass die Enron-Blase nicht platzt.
Die Lehre der Dokumentation und des Falles ist: Gelegenheit macht Diebe. Bzw. Wo viel Geld (zu verdienen) ist, werden sich immer diejenigen versammeln, die zuerst und ausschließlich daran interessiert sind, sich von dem Geld einen dicken Batzen einzustecken und deren einziges Interesse es ist, diesen Geldstrom so groß und nachhaltig wie möglich werden zu lassen.
Dieses Prinzip lässt sich immer und überall beobachten, wo öffentliche Gelder zusammenkommen: bei Städten, Gemeinden, Bundesländern und Bundesregierungen - überall dort sammeln sich Akteure, Unternehmer, Banker, Lobbyisten und Abgreifer, deren einzigstes Interesse ist, sich einen möglichst exklusiven Zugang zu den Futterstellen zu sichern, sicherzustellen, dass sie mit möglichst niemanden (oder wenigstens nur mit wenigen) teilen müssen und niemand ihr Festmahl mit lästigen Fragen oder gar Auflagen stört.
Eine solche Sichtweise legt die Annahme nahe, dass die Hochfinanz und das Big Business unvermeidlicherweise mit unethischem und sogar kriminellen Verhalten verbunden sind, dies fordern und fördern. In der Enron Dokumentation heißt es an einer Stelle, dass die beteiligten Personen einander mit dem Respekt von Klapperschlangen begegneten. Es entfaltet sich ein Tableau gemeinschaftlicher Selbstüberschätzung gepaart mit einer zynischen Geringschätzung demokratischer Prinzipien.
So wiederholt sich die Einsicht, dass sich solche Entwicklungen nur von einer aktiven, mündigen Öffentlicheit vermeiden lassen. In Köln ist es ja schon seit Jahrzehten der Fall, dass eine kleine Gruppe von lokalen Unternehmen immer dreister öffentliche Gelder einsacken. Das Klagen darüber gehört zur soziokommunikativen Folklore - aber aktives Einschreiten ist weitgehend Fehlanzeige. Obwohl mittlerweile sich etwas tut.
Die Notwendigkeit, selber aktiv zu werden, zeigt sich auch bei dem Großthema Klimakatastrophe: Die Industrien, Unternehmen und Staaten werden so lange weiter ihre Eigeninteressen verfolgen, bis eine aktive Öffentlichkeit ihre Politik auf gemeinsame Ziele verpflichtet und deren Umsetzung einfordert und prüfend begleitet.
Es zeigt sich, dass sich demokratische Kontrolle nicht delegieren lässt und es naiv ist, darauf zu vertrauen, dass "die da oben" "schon wissen, was sie machen". Auch wenn es Pressefreiheit gibt bedeutet nicht notwendig, dass damit ein selbstregulierendes System auf Autopilot in Richtung Gerechtigkeit juckelt.
Im Gegentteil muss man von der Volksweisheit, dass Gelegenheit Diebe macht, ausgehen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Macht und Geld die Anständigen zu korrumpieren droht und die Korrumpierbaren anzieht, macht es nötig, sich aktiv einzuschalten.
Es genügt eben nicht, einmal alle 4 Jahre zur Wahl zu gehen und ansonsten am Thekentresen zu zetern. Vielmher ist eine aktive, mündige Bürgergesellschaft gefragt. Eine triviale Einsicht, die Allgemeingut aber eben nicht gelebte Praxis ist.
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Nullsummenspiel
Am Wochenende wies Gustav Seibt aus Anlass des neuesten APPLE Spielzeugs auf den Umstand hin, dass bei aller Freude über neue digitale Nutzungsformen derTtag immer noch nur 24 Stunden hat "und dass die Zahl der Tage eines Menschenlebens in der Regel um die 30,000 liegt. Wenn man diese Zeit gut anlegt, kann man 4000 Bücher mi Sinn und Verstand lesen. Den Lesestoff für ein ganzes Leben kann man schon heute [...] in einem USB-Stick speichern und am Leibe tragen; schnell und leichter wird die Lektüre deswegen aber nicht."
Deusch für Profis
In der SZ vom Samstag das Portrait/Feature von Heribert Prantl, über Oskar Lafontaine gelesen. Darin der schöne Satz:
"Der Krebs beendet die Karriere eines Mannes, der bundesdeutsche Geschichte, einen Kanzler, zwei Parteien und einmal die Fliege gemacht hat."
"Der Krebs beendet die Karriere eines Mannes, der bundesdeutsche Geschichte, einen Kanzler, zwei Parteien und einmal die Fliege gemacht hat."
Schpemm
Lustig: Das Grimme-Institut verschickt soeben per CC: ihre Pressemitteilung. Falls also jemand eine schöne Sammlung aktueller E-Mailadressen deutscher Journalisten braucht ...
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