Samstag, Januar 06, 2007
Trailershow
Häufig ist dies bei romantischen Komödien oder Action-Krachern der Fall: Sie haben meist eine schlichte Botschaft, wenige echte Gags bzw. Highlights (= Expolisionen) und verschenken diese Schauwerte bereits im Trailer. THE LAST KISS ist so ein Fall, MISSION IMPOSSIBLE 3 und vermutlich ist BECAUSE I SAID SO dies ebenfalls. Beim Zuschauer bleibt hinterher immer der schale Nachgeschmack mit dem falschen Versprechen, das das Teil für das Ganze stünde, ins Kino gelockt worden zu sein.
Ärgerlich ist es, wenn der Trailer dem Zuschauer einen völlig anderen Film verspricht, als man schließlich zu sehen bekommt (So bei THE BREAK UP, der im Trailer als Komödie verkauft wird allerdings ein völlig humorfreies Trennungsdrama ist).
Der Trailer ist besser als der Film und erzählt die ganze Geschichte. Kein Wunder, dass Trailer ein eigenes Genre sind, dass es eigene Regisseure, Cutter und Autoren sind, die diese konzisen Miniaturen herstellen. Bei manchen DVDs lohnt sich die Trailershow mehr, als der Film, der sich auf der DVD befindet.
Anyhoo, all we're sayin' is: We love trailer. They rock.
By the way: In THE HOLIDAY spielt Cameron Diaz eine Regisseurin von Trailern. Eine nette Promo-Idee ist, dass man auf der offiziellen Webseite von THE HOLIDAY jeder unter "Special Features" seinen eigenen Trailer bauen kann. Eigene Bilder hochladen, Stil, Music und Sprüche ("...the last thing to expect... when you leave your troubles behind...is for everything to work out right...") auswählen und ab die Post!
THE FANTASTIC FOUR - THE RISE OF THE SILVER SURFER
Der erste Teil war absolut sauber fabriziertes Popcornkino (mit einem ebenfalls schmissigen Trailer), ging aber dennoch unter. Dennoch wurde ein zweiter Teil produziert. Da kann man nur hoffen, dass dem viel substanzielleren HULK ähnliches zu hoffen steht.
THE PRESTIGE
Der neue Film von MEMENTO, und BATMAN BEGINS Regisseur Christopher Nolan. Hugh "Wolverine" Jackman und Christian "American Psycho" Bale (Der Film EQUILIBRIUM ist immer noch zu entdecken. Ein völlig unterschätzter Film, der 1984, Fahrenheit 231 in nichts nachsteht: Hervorragende Action sparsam an der schmalen Grenze zwischen dem Bedienen der Schaulust des Publikums und dem Dienst an der Dramaturgie eingesetzt.) spielen miteinander konkurriende Magier, deren Wunsch, den anderen zu übertrumpfen zur alles verzehrenden Besessenheit wird. Kolossaler Trailer!
Rezenionen
im Filmdienst
in der epd Film
Die Magie der Macht in der SZ
Zauberei in drei Akten in der Welt
Der Lockvogel in der Frankfurter Rundschau
Wer hat den Vogel in die Kiste gepackt? in der FAZ
Zauberei in drei Akten in der WELT
Interviews mit Christopher Nolan
"Kino funktioniert so ähnlich wie Zauberei" in der Hamburger Morgenpost
Die Angst vor der Blässe der Welt in der SZ
THE NUMBER 23
Nein, es handelt sich nicht um Hans-Christian Schmids Hacker-Film, sondern um ein schönes Stück Paranoia-Kino mit dem immer besser werdenden Jim Carrey in der Hauptrolle (obwohl es auch mal wieder schön wäre, ihn in einer guten Comedy zu sehen..). Seine Freundin schenkt ihm ein Buch über die Zahl 23. Was harmlos beginnt, wächst sich zur wahnhaften Besessenheit aus: Walter Sparrow (Jim Carrey) meint, die Zahl 23 in allen seinen Lebensbezügen zu entdecken: er bildet Quersummen von Zahlen in seinem Umfeld, Geburtsdaten, Hausnummern, usw. Er wird immer mehr von der Vorstellung ergriffen, das Buch erzähle die Geschichte seines Lebens.
THE HOLIDAY ("Liebe braucht keine Ferien" Wie immer: Kompliment an die Verantwortlichen für den deutschen Zusatztitel!)
Es gibt Tests, bei denen eine Reihe von Elementen aufgeführt werden und die Testperson das nicht in die Reihe passende Element benennen muss. Damit wird die Fähigkeit getestet, logische Gruppen zu bilden. Hier der Test: Cameron Diaz, Kate Winslet, Jude Law, Jack Black.
Die Taz schreibt dazu: "Jetzt ist Jack Black schon in einer flachen Liebeskomödie mit Kate Winslet gelandet. In Filmen wie "High Fidelity und "School of Rock" war er als der durchgeknallte Rock'n' Roller als einer der wenigen wirklich komischen Schauspieler Hollywoods aufgefallen. Aber solche schönen Rollen gibt es selten, und so kann man ihn nach seinem Auftritt in "King Kong" nun bei seinen Brotjobs sehen. Vielleicht hat er ja noch einen ähnlichen Schub vor sich wie Philip Seymour Hoffman in "Capote"." Immerhin: Hoffman hat auch in Meistewerken wie Twister, Red Dragon, Mission Impossible 3, Patch Adams, Along came Polly mitgespielt. Man muss ja schließlich Miete zahlen.
"Cameron Diaz spielt eine erfolgreiche, wenn auch leicht verschrobene Produzentin von Kinotrailern in Hollywood. Als bekennender Workaholic zeigt sie eine der originelleren Szenen des Films beim nächtlichen Fernsehen im Bett. Es läuft ein von ihr produzierter Clip. "Ja!" - fiebert sie mit dem schmissig geschnittenen Werk mit, um sich danach selbst eine Art high five zu geben und zu rufen: "Und deshalb zahlen sie mir das große Geld!" (Quelle: Taz)
Schön, dass die Kunst des Trailers auch mal Thema IN einem Feature-Film ist. Eine nette Promo-Idee ist, dass man auf der offiziellen Webseite von THE HOLIDAY jeder unter "Special Features" seinen eigenen Trailer bauen kann. Eigene Bilder hochladen, Stil, Music und Sprüche ("...the last thing to expect... when you leave your troubles behind...is for everything to work out right...") auswählen und ab die Post!
Rezenionen
Schöne Menschen in neuen Umgebungen in der taz
Filmreife Flirts im Spiegel
Süsser Christmas Pudding in der NZZ
Die Schönen und die Biester in der Netzeitung
Liebe braucht keine Ferien im Kölner Stadt Anzeiger
Die wahre Filmheldin in der Frankfurter Rundschau
Vier Herzen und ein Sündenfall in der Welt
Man muss nicht immer gut aussehen in der Berliner Morgenpost
Freitag, Januar 05, 2007
Deutsch ist eine so wunderschöne Sprache...
"Am 28. Dezember 2006 ist die Ausbildungsvermittlungs-Erstattungs-Verordnung in Kraft getreten. Sie basiert auf der Neuregelung des § 16 Abs. 1b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - die durch Artikel 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingefügt worden und am 1. August 2006 in Kraft getreten ist. Sie regelt die Erstattung von Aufwendungen für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die die Ausbildungsvermittlung für hilfebedürftige Ausbildungsuchende durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur für Arbeit wahrnehmen lassen."
Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Verstehe gar nicht, warum es noch so viele Arbeitslose gibt, wo es doch so viele präzise Regelungen in glasklar formulierter Sprache gibt.
Gerade Menschen mit geringen Qualifikationen und Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben oder der deutschen Sprache im Allgemeinen, Defiziten im Erfassen komplexer Sachverhalte und Texte, sollten hier doch einfach zurecht kommen. Verstehe gar nicht, dass soviele "von DENEN" häufig Formulare nicht oder falsch ausfüllen und sich also wegen "versicherungswidrigem" Verhalten keine Leistungen erhalten.
Wenn "DIE" "WIRKLICH" etwas an ihrer Situation ändern wollten, müssten DIE doch nur das machen, was der Sachbearbeiter ihnen in dieser wunderbar verständlichen, keine Raum für Mißverständnisse oder Interpretationen lassenden Sprache erläutert, z.B. so:
"Liebe Frau Gülcan, ich habe Ihnen dass doch nun wirklich schon oft genug erklärt! Gehen Sie in Anmeldestelle C, im 2. Untergeschoss, linker Flügel, Büro 5.04. Dort ziehen Sie sich eine Anmeldemarke, mit der sie sich in der Erfassungsstelle für Erwerblose Arbeitssuchende des Bezirks 04 melden (achten Sie darauf, dass es unterschiedliche Stellen nach Anfangsbuchstabens des Nachnamens gibt!).
Dort bekommen Sie das "Formblatt zur Erfassung allgemeiner berufsrelevanter und ausbildungsbezogener Daten als Beitrag der Mitwirkungspflicht Erwerbsloser und Arbeitssuchender (gem. §245, Abs. 3-5 SGB II)", dass sie bitte komplett ausgefüllt mit 2 Lichtbildern (Automat steht im 4. Untergeschoss) und einer Bescheinigung ihres letzten Arbeitgebers (bitte Formblatt F_20 verwenden, dabei bitte nur den Durschlag abgeben - das Original ist für Sie!) innerhalb einer Woche bei mir einreichen, weil wir Ihnen sonst die Leistungen kürzen und in einem weiteren Schritt die Kinder wegnehmen, das Auto abfackeln und selbstgestrickte Schals auftrennen müssen."
Montag, Januar 01, 2007
Heul doch! The Last Kiss
THE LAST KISS ("The movie may not have done huge numbers in America, but in Lebanon it's gonna be the next "Titanic"!" Hauptdarsteller Zach Braff auf seiner Webseite) walzt den aus der famosen Sitcom SCRUBS bekannten Zach-Braff-ismus auf Spielfilmlänge aus.
Der Film ist ein Remake eines italienischen Films von 2001, „L’Ultimo Bacio“ und Drehbuchautor Paul Haggis (L.A. Confidential, Crash, Million Dollar Baby) überträgt die Geschichte ohne Verluste in die USA:
Für Michael (Zach Braff) ist das Leben bis jetzt ganz gut gelaufen: Er ist Archtiekt, hat tolle Freunde, wohnt in einem schönen Haus, fährt einen schicken Wagen und seine bildhübsche Freundin Jenna (Jacinda Barrett) erwartet ein Baby. Im Angesicht der sich zwangsläufig und durchaus auch von Michael als für richtig empfundenen nächsten Schritte, fragt sich Michael irritiert, ob das alles gewesen sein soll? Die Frage, ob es vielleicht ein anderes Leben geben könnte, kommt für Michael in Gestalt der jugendlich verführerischen Kim (Rachel Bilson, vor allem durch die Rolle der Summer Roberts in der Fernsehserie O.C., California bekannt) daher.
Mit offenen Augen lässt er sich auf etwas ein, von dem er genau weiß, wo es enden wird, wenn er es verfolgt und wo er durchaus will, das es hinführt, macht es aber doch nicht, aber damit ist der Verrat schon geschehen und die aus echter Liebe resultierende enttäuschte Wut Jennas regnet entsprechend auf ihn herab. Daraufhin, da gibt das Drehbuch Michael eine selbstzerstörerische Konsequenz mit, schläft er noch in derselben Nacht mit Kim - wenn schon Ärger, dann soll er sich auch lohnen! Aber natürlich ist Kim nicht die Antwort auf sein indifferentes Unbehagen und die Einsicht, nun zu wissen, das und wie sehr er Jenna liebt, hilft ihm nun auch nichts mehr. Oder?
"Im Kern sind er und seine Freunde behütete Kinder, die vergessen haben, dass „Generation X“ schon eine Weile her ist. Sie wollen ernst sein, wissen aber nicht, wie das geht. Indem sie aufs Happy End warten, geraten sie in den Schlamassel." schreibt Holger Kreitling in der Welt.
Der Volksmund weiß: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Und auch hier ist deutlicher, was gemeint ist, beabsichtigt war, als das es sich durch den Film ergibt. Zu offensichtlich versuchen die Macher das Gefühl emotionaler Unsicherheit Anfag30jähriger angesichts notwendig anstehender und in äußeren Erwartungshaltungen wie eigenen geprägten Vorstellungen vorgezeichneten biographischen Entscheidungen von Heirat und Familie durch den melancholisch dreinschauenden Zach Braff (man darf schon jetzt gespannt sein, was für Rollen er in 15 Jahren spielen wird.) und auf den emotionalen Effekt hin eingesetzte Musik zu transportieren.
An den, die Hauptfigur umgebenden Freunden (die verschiedene Beziehungsvariationen darstellen: unglücklich verheiratet mit Kind; in den Tag hineinlebender, promisker Surfboy; unglücklich, weil unerwidert Liebender) und den Schwiegerletern (die das Beispiel der späten
Das Ensemble ist eher eine Stärke englischer Filme wie Notting Hill, die es schaffen, auch mit nur wenig Dialog den Eindruck eines Systems dramaturgisch gleichberechtigt agierender Figuren zu bauen.
www.lastkissmovie.com
Sonntag, Dezember 31, 2006
Le Zitat de Jour
Mitch Hedberg
Bleibt alles anders
Als prototypisches Beispiel der Arbeitsweise von Morgen jenseits der Festanstellung , sondern im Schwarm eines losen Zusammenschlusses von Akteuren, die sich mit ihren je spezifischen Fähigkeiten immer nur für die begrenzte Dauer eines Projektes zu einem Team zusammenschließen, um danach in das über mehr oder weniger verbindliche Kommunikation sich konstituierende "Netzwerk" abzutauchen, wird die ZIA, aus deren Umfeld das Konzept der "digitalen Boheme" sich rekrutiert, angeführt. Soweit so Trend.
Die Behauptung des Artikels und der "Trendforscher" (Ist dies nicht ein Widerspruch in sich? Ist nicht die Einrichtung eines Büros, einer Webseite, das Anbringen eines Klingelschildes, Bedrucken von Visitenkarten, also die Institutionalisierung das allen Trends genau Entgegengelegene? Treibt sich Mathias Horx in hippen Undergroundläden herum und trifft sich mit immerjungen Informanten, die ihm die neuesten, in den Clubs - denn diese werden immer noch als die Orte, an denen Trends entstehen, bzw. dargestellt werden unterstellt - zirkulierenden Themen zuraunen? In dem Moment, in dem ein Trend als Trend erkannt, benannt und deklariert wird, hört der Trend auf Trend zu sein und beginnt der Prozess der, entlang der Kommunikationskette zunehmend industrialisierten Vermittlungskette, die am Ende in totale Verarbeitung und Verramschung umschlägt. Ist es also nicht eher so, dass alles, was das Label "Trend" trägt alles ist nur nicht Trend, was ja immerhin auch eine Art Orientierung gibt..): "Sämtliche Tätigkeiten, die sich wiederholen lassen, werden über kurz oder lang an Maschinen delegiert oder ins Ausland verlagert. In Hochlohnländern verbleiben allein Tätigkeiten außerhalb von Routine. Damit wächst der Bedarf an kreativen Wissensarbeitern erheblich. Die Kernbelegschaften der Unternehmen schrumpfen, die flexiblen Randbelegschaften gewinnen an Bedeutung. Projektarbeit nimmt zu. Die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit verschwimmen zunehmend."
Das Typische an diesen Analysen ist aber nicht deren Erkenntnis, sondern der Vorgang, dass die - zumeist studierten - Autoren solcher Artikel ihre, aus der Selbstbetrachtung und ihrem Umfeld sich rekrutierenden Ansichten, verallgemeinern und ihr Ego derart aufblasen, dass sie ihre privaten Erfahrungen für ein autentisches Abbild gesamtgesellschaftlicher Entwicklung halten und in der Tatsache, dass sie selbst mit 35 noch nicht verheiratet oder Eltern sind, ebenso Trends erkennen, wie in dem Umstand, dass sie freiberuflich tätig sind oder einer Beschäftigung nachgehen, die sie v.a. mit dem Laptop und auch zu Hause erledigen (können).
Dabei wird immer wieder vergessen, dass es nicht nur magisterstudierte, laptopbewehrte, kulturproduzierende Kaffeehausbesucher, Blogger, Webagenturmitarbeiter, Werbetexter, Stadtmagazinteilzeitautoren, Onlineredakteur, usw. gibt (Siehe hierzu den Text MEINE ARMUT KOTZT MICH AN von Zitty-Chefredakteurin Mercedes Bunz), sondern auch nach wie vor Friseusen, Dachdecker, Fliesenleger, Taxifahrer, Gärtner, Stewardessen, KFZ-Meister, etc. die alle nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung absolviert haben, mit Anfang/Mitte 20 ihren Beruf ausübten, mit Ende zwanzig verheiratet, sehr bald danach Eltern und Anfang/Mitte 30 Hausbesitzer waren.
Immerhin dokumentiert der Artikel auch die Gegenentwicklung und Gegenwirklichkeit des hohen Liedes der Flexibilität, befristeter Verträge und projektierter Bindungen von Arbeitnehmern. Letztlich übersehen die Arbeitgeber nämlich, dass, wenn sie die Unverbindlichkeitsschraube ihrerseits überdrehen, die anfänglich zunehmende Abhängigkeit (und also Regierbarkeit z.B. in Richtung sinkender Löhn bei steigernder Arbeitszeit etc.) der Arbeitnehmer umschlagen kann in eine Abhängigkeit der Unternehmen von diesen Freelancern.
Die Unverbindlichkeit des Beschäftigungsverhältnisses hat nur solange sanktionierende Wirkung auf die in diesen prekären Verhältnissen Beschäftigten, solange diese an die Möglichkeit der Verfestigung des Beschäftigungsverhältnisses durch gute Leistung glauben, bzw. solange diese Vorstellung ihnen als real erreichbar simuliert wird. Das Medium mit demdie Arbeit-geber ihre Angestellten regieren und zur Hinnhahme immer prekärer werdender Bedingungen zwingen, ist Angst. Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, die Vermutung, dass es, wenn man sich bestimmten Bedingungen (längerer Arbeitszeiten, Lohnkürzungen, etc.) verweigert, es immer andere geben wird, die bereit sind, diese Bedingungen anzuerkennen.
Mit diesem Mittel operiert eine Gruppe Politiker, Wirtschaftslobbyisten und anderer Meinungsmacher, die mit Angst - vor der Globalisierung, der internationalen Konkurrenz, der Überalterung, der Marktfähigkeit, zu hohen Lohnstückkosten, etc. - und mit der Lancierung volkswirtschaftlichem Halbwissens in die öffentliche Debatten die Bevölkerung sturmreif geschossen haben, bis sie die weiße Fahne schwenkt und alle "Reformen" genannten Zumutungen kritik- und protestlos hinzunehmen bereit ist.
Haben die Angestellten aber einmal begriffen, dass auch hervorragende Leistung, Qualifikation, jahrelange Zugehörigkeit oder das freundschaftliche Duzen des Direktors nicht vor Kündigung schützt, schlägt das Abhängigkeitsverhältnis um und ergibt sich für den sich ohnmächtig Erlebenden die Möglichkeit der "Entunterwerfung".
Der Arbeitnehmer bindet sich nicht mehr an das Unternehmen und versteht sich von vornherein als befristeter Besucher. Seine Loyalität gilt seinem privat verwaltetem Netzwerk und sich selbst. Das Unternehmen, in dem er tätig ist, ist ein Platz, auf dem er sich befristet aufhält. Das Bedeutet, das die Abhängigkeit - jedenfalls im Beschäftigungssegment Hochqualifizierter - sich umkehrt: Unternehmen müssen sich bei ihren Angestellten bewerben. So ist es für amerikanische Spitzenuniversitäten selbstverständlich, dass sie sich bei hervorragenden Absolventen bewerben, ihn zu Gesprächen einladen, um sich ihm präsentieren zu können. Die Institution bewirbt sich beim Studenten, weil sie weiß, das den Besten immer alle Optionen offen stehen. Im autoritätsverliebten Deutschland wirkt nach wie vor ein Patronatsverständnis väterlich fördernder Karriereermöglichung nach Gutsherrenart, für die im Wechsel Loyalität und Dankbarkeit eingefordert wird. Dieses berufsbiographische Prinzip des 19. Jahrhunderts funktioniert in der digitalen Moderne kaum. Die bislang immer eher als die Arbeitnehmerschaft disziplinierendes Schreckgespenst behauptete internationale Konkurrenz, (oder flaue Konjunkturlage etc. also die Illusion, die Arbeitgeber säßen an der Stellschraube "Arbeit", die sie mit sorgenvoller Miene) mit der der heimische Nachwuchs zu Spitzenleistungen unter scharfen konkurentiellen Bedingungen angespornt werden sollte, sucht nun die biederen Verbandsfunktionäre heim.
Wenn ein Unternehmen seiner Belegschaft permanent mitteilt, dass ihre Anwesenheit im Unternehmen immer nur auf Abruf besteht, dass Erfolge und gute Leistungen, selbst wenn diese honoriert werden, nicht notwendig in Zusammenhang mit einer fortgeführten Beschäftigung stehen, verändert dies mittel- und langfristig die mentalen, habituellen Einstellungen der Beschäftigten, die sich fortwährend gegen die Behauptung des Unternehmens der Nichtnotwendigkeit ihres Beschäftigung stemmen müssen.
Das Unternehmen stellt die Prüfung der Möglichkeit/Notwendigkeit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf Dauer. Dabei überschätzen die Unternehmer ihre Bedeutung als "Arbeit-geber".
Denn umgekehrt wird ein Arbeitnehmer der seine Beschäftigung als befristet und tendenziell gefährdet weiß, sich per se mit Blick auf die Trennung vom Unternehmen hin organisieren und seinerseits in Alternativen denken. Das Unternehmen wird dann als Feld zum Erwerb und zur Maximierung eigener, berufsbiographisch umsetzbarer Kompetenzen und Erfahrungen mit Blick auf verbesserte Anschlussmöglichkeit für folgende Beschäftigungsverhältnisse gesehen und (aus)genutzt. Dabei geht es dem Arbeitnehmer darum, Zugang zu Aktions- und Tätigkeitsfeldern zu bekomen, die es ihm ermöglichen "Premiumkompetenzen" zu erwerben, die ihm im Folgenden die Möglichkeit bieten, sich am Vergabe-Wettbewerb um höherwertige Aktions- und Tätigkeitsfelder zu beteiligen.
Um es begrifflich etwas aufzublasen: Der ent-täuschte Arbeitnehmer, d.h. derjenige, der die Vorstellung, durch eigene Leistung seine Beschäftigungssituation stabilisieren zu können, als Fiktion und Täuschung erkannt hat, wird in dieser Erkenntnis frei. Frei von der Angst vor Entlassung, die als Damoklesschwert auf Dauer über ihm schwebt. Mit der Einsicht, dass der Arbeitgeber ihn per se als austauschbares Objekt betrachtet, weil es ein Heer an Alternativen gibt, wird das Beschäftigungsverhältnis bzw. das Unternehmen für den Angestellten zur Alternative.
Dadurch entsteht die ironische Situation, dass je besser, erfahrener, kompetenter ein Mitarbeiter wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser für andere Unternehmen attraktiv(er) wird und also die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass er das Unternehmen verlässt und das Unternehmen also gezwungen ist, das prekäre Arbeitsverhältnis zu stabilisieren, also genau das Gegenteil von dem zu tun, was ursprünglich angestrebt wurde.
"Wirkliche Exklusivität erhalte nur, wer Mitarbeiter an sich bindet. [...] Es fragt sich allerdings, wie ein Unternehmen die Mitarbeiter, die es wirklich braucht, künftig an sich binden soll. „Ein Unternehmen braucht neben den hochqualifizierten Kreativen auch Mitarbeiter, die den Kulturkern des Unternehmens stabilisieren“, sagt Scholz. Also Leute, die sich sehr stark mit dem Unternehmen identifizieren, alte Geschichten erzählen können und somit identitätstiftend wirken.
Denn sonst würden die Fliehkräfte so stark, daß sie das ganze Unternehmen zerlegen könnten. „Die hochspezialisierten Experten brauchen das Unternehmen nicht, sie können überall arbeiten. Und die flexible Randbelegschaft ist per se nicht sehr stark an das Unternehmen gebunden.“"
So entwickelt das Subjekt eine andere "Gouvernementalität" (Foucault) womit nicht nur die
Regierung eines Staates durch Politik, sondern auch und v.a. die vielfältigen Form der Fremd- und Selbstführungstechniken gemeint sind. Der Agent seiner selbst wird selbstbewusster gegenüber dem Unternehmen anbieten, das wieder mehr als Arbeitszeit- bzw. Arbeitsfähigkeitsnehmer wahrgenommen wird.
Der ganze Artikel Die Zukunft gehört den Einzelkämpfern in der Online-Ausgabe der FAZ.
p.s. Irgendwann soll bitte mal ein Germanistikseminar eine Typologie des Journalismus entlang der Sektionen Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien, Sport und den in diesen Sparten vorkommenden Artikeln analysieren, um die typischen inhaltlichen und sprachlichen Zutaten für die in den Ressorts typischerweise auftauchenden Artikeln zu bennenen und ein Journalists-Cookbook zu erstellen.
So muss in einem Artikel zum Thema "Zukunft der Arbeitsgesellschaft" vorkommen: Informationstechnik (wahlweise: Informationstechnologie, Web 2.0), Nomaden, Legionäre, Söldner, seriell, Trend, Trendforscher, Trendbüro, Netzwerk, Cluster, Freizeit/Arbeitszeit, Selbstunternehmer, usw.
In Zeitungen lesen wir also nicht, was neu ist, sondern, was als Idee längst zirkuliert und ausreichend ventiliert worden und also anschlussfähig ist und von der Mehrheit der Leser verstanden wird. Denn es geht nicht um die Entwicklung des neuen, sondern das Abnicken des Bekannten, die sanfte Anreicherung bekannter Themen mit neuen Ideen, Begriffen.