Samstag, Februar 27, 2010

Burma VJ: Regimekritiker inhaftiert

Vor einigen Tagen wurde hier über die beeindruckende Dokumentation "Burma VJ" über den oppositionellen Fernsehsender Democratic Voice of Burma (DVB) berichtet. Der oscarnominerte Film dokumentiert die Arbeit oppositioneller Aktivisten, die in dem seit 1962 von einer Militärjunta regierten Burma verdeckte Videoaufnahmen machen.

Aus dem Material erstellen die Untergrund-Journalisten Berichte und Clips, die sie via Satellit und Internet verbreiten, um der offiziellen Staatspropaganda etwas entgegen zu setzen. Insbesondere während der letzten Proteste 2007 waren es die Bilder der DVB, die die Welt über die brutale Unterdrückung der Demokratiebewegung informierten. Mit ihrer Arbeit riskieren die Oppositionellen Leib und Leben. Zahlreiche Mitglieder der DVB wurden bereits verhaftet und befinden sich derzeit im Gefängnis:

(Quelle: Burma VJ)

Htin Kyaw, 45 Jahre, wurde am 25. August 2007 verhaftet, als er gegen die steigenden Lebenshaltungskosten protestierte.
Verurteilt zu einer Haftstrafe von 12,5 Jahren.

Htin Kyaw verlangte niedrigere Lebenshaltungskosten, ein besseres Gesundheits- und Bildungssytem und eine verlässliche Stromversorgung – er wurde April 2007 bei einer Demonstration verhaftet und für mehr als zwei Monate festgesetzt. Nach seiner Freilassung verlang Htin Kyaw wieder, dass die Junta das Problem der steigenden Lebenshaltungs- und Benzinpreise löse. Als seine Forderungen ignoriert wurden, rief er zu landesweiten Protesten auf. Als Reaktion wurde er wieder verhaftet.

Ende November 2007 begann Htin Kyaw aus Protest gegen die Bedingungen und zur Unterstreichung seiner Forderung nach Freilassung aller politischen Gefangenen im Gefängnis einen Hungerstreik. Als Ergebnis wurde er in Einzelhaft genommen und Besuche durch die Familie untersagt.

Nachdem er gegen das Regime und die anstehenden Wahlen gerichtete politische Slogans gerufen hatte, wurde er März 2008 in eine sehr kleine, dunkle Zelle verlegt, die normalerweise als Hundezwinger benutzt wird.

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Ohn Than, 61 Jahre, wurde am 23. August 2007 verhaftet, als er gegen die steigenden Lebenshaltungskosten protestierte und dabei ein Transparent entrollte. Verurteilt zu lebenslanger Haft.

Der in Burma für seine Proteste in Burma bekannte Ohn Than ist ein prominenter politischer Gefangener und hat bereits viel Zeit in Gefängnissen verbracht. Während der landesweiten Proteste 1988 leitete er die Demonstrationen in Shwe Ku, einem Township. Dafür wurde er zu acht Jahren Haft verurteilt.

1996 wurde er wieder verhaftet, nachdem er Flugblätter verteilte, auf denen er zu Demonstrationen aufrief. Er wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Am 21. 2004 wurde er verhaftet, als er als Einzelperson vor dem Büro des UN-Entwicklungsprogramms in Rangoon protestierte. Dabei entrollte er ein Poster, auf dem er die Einsetzung eines freien und fairen Parlaments unter Aufsicht der UN forderte. Außerdem verlangte er die Einsetzung einer UN Kommission, um die tödlichen Angriffe auf eine Autokolonne der "Nationalen Liga für Demokratie" (NLD), der Oppositionsparte von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, im Norden der Stadt Depayin im Mai 2003. Dabei wurden viele Oppositionelle getötet. Ohn Tan wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

Am 25. April 2007, demonstrierte er wieder alleine vor dem NLD Hauptquartier in Rangoon. Er verlangte wieder freie Wahlen. Er wurde verhaftet und für zwei Monate festgehalten. Am 23. August 2007 wurde Tan bei einer individuellen Protestaktion verhaftet: In Häftlingsuniform gekleidet, um zu zeigen, dass die Burmesen Gefangene im eigenen Land sind, demonstrierte er vor der Amerikanischen Botschaft in Rangoon. Dabei hielt er ein Transparent mit einer Liste nationaler und internationaler Forderungen. Er wurde von Agenten in Zivil in einen weißen Toyota Publica gezerrt.

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Su Su Nway, ungefähr 36 Jahre alt, wurde am 13. November 2007 verhaftet, nachdem sie ein Transparent mit regierungskritischen Parolen hochhielt. Sie wurde zu 12,5 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde später auf achteinhalb Jahre reduziert.

Su Su Nway wurde verhaftet, als sie ein Banner mit regierungskritischen Inhalten in der Nähe des Hotels entrollte, in dem der UN-Menschenrechtsbeauftragte Paulo Pinheiro zu der Zeit untergebracht war. Augezeugen sahen drei Aktivisten, die ihr Banner unter einem Propaganda-Schild der Regierung entrollten. Auf dem Propaganda-Plakat stand "Bekämpft diejenigen, die sich auf die Amerikaner stützen, als Strohmänner agieren und negative Ansichten verbreiten.". Die Botschaft auf dem Transparent, das Su Su Nway und ihre Gruppe darunter hingen lautete: "Bekämpft diejenigen, die sich auf China stützen, Diebe sind und mörderische Ansichten verbreiten."

Su Su Nway leidet an einer Herzschwäche. Sie wurde im Insein Gefängnis in Einzelhaft verlegt. Familienbesuche wurden ihr untersagt, nachdem sie die Gefängnisleitung um eine bessere medizinische Versorgung gebeten hatte.

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Si Thu Maung, 22 Jahre
Verhaftet am 9. Oktober 2007, verurteilt zu 11 Jahren Haft.

Der 22jährige Mathematikstudent der Universität West Rangoon ist eine prominente Figur des nationalen Verbands der Studentenvereinigungen. Sein Anwalt erklärt: "Die Staatsanwaltschaft erklärte in der Verhandlung, dass die Aktivitäten Si Thu Maungs, einschließlich seiner Tätigkeit als nationaler Studentenführer die öffentliche Ordnung gefährdeten. Wir erklärten daraufhin, dass die Studentenvereinigung seit 1920 existiert und schon in der Revolution des Landes eine Rolle gespielt hat. Wir erklärten dass die ABFSU weder die öffentliche Ordnung störten noch gegen ein Gesetz verstießen, dass es sich lediglich um eine Gruppe intellektueller, gebildeter und patriotischer Studentenführer handle, die erklärten, dass es den Menschen schlecht gehe."

Bevor Si Thu Maung verhaftet wurde, nahmen die Behörden seine Eltern fest: Sie hätten die Tür nicht schnell genug geöffnet, als Sicherheitskräfte zur Hausdurchsuchung anrückten. Dafür wurden sie im August wegen "Behinderung polizeilicher Ermittlung" zu sechs Jahren Haft verurteilt.

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Ko Win Maw, 46 Jahre. Verhaftet im November 2007 wegen des Komponierens von Liedern mit politischen Inhalt.
Verurteilt zu 11 Haft.

Ko Win Maw ist Musiker. 1996 wurde er verhaftet und verurteilt, weil er das Lied "Spirit of the Fighting Peacocks" (der tanzende Pfau ist das Symbol der "Nationalen Liga für Demokratie", der Oppositionspartei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi) komponiert hatte, ein Song über die Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi. Er wurde 2002 freigelassen und gründete die Band "AlinkarTaygita". Im November 2007 wurde er wieder verhaftet, weil er politische Lieder komponiert hatte und Informationen an den Oppositionssender DVB sendete.

Über die Webseite zum Dokumentarfilm kann man eine Petition an die UN unterzeichnen, damit diese sich für die Freilassung der Inhaftierten einsetzt. Über die Webseite der DVB kann man den Oppositionssender unterstützen.

Trotz der Wirtschaftssanktionen durch die USA und Europa kann sich repressive Militärjunta seit 1962 halten, da Länder wie China, Indien oder Thailand in den autoritären Staat investieren, um die Öl und Gasreserven zu erschließen.

Und es sind Unternehmen wie der französischen Mineralölkonzern Total ("Unfortunately, the world’s oil and gas reserves are not necessarily located in democracies") oder Hyundai Heavy Industries und Dawoo International, die mit ihren Investitionen das Regime stützen. Siehe dazu den Dokumentarfilm "Total Denial".

Freitag, Februar 26, 2010

Tweety

"There are people like me who just seem to be made out of tweed."
Stephen Fry

Stöhnen, Pressen, Röhren

Aus Anlass der Winterolympiade erschien schon vor einigen Tagen in der SZ eine Analyse der akustischen Symptome der Sportreporterlautsprecher.

"
Der Reporter Bernd Schmelzer [...] röhrt - und in seiner akustischen Dauerbrunft gibt es kein Piano und keine Pausen, keinen Witz und erst recht keine Ironie. Nur den martialischen Schall des Kasernenhofs. Männer, ihr müsst brennen! Aber ihr müsst doch nicht immerzu brüllen!"

Der ganze Artikel Die Brüller ist in der Online-Ausgabe des Jetzt-Magazins geparkt.

Expertise

"Im Rausch bricht man auf, ohne wegzugehen. Ich schreibe das nicht als Theoretiker. [...] Ich kenne mich aus mit Räuschen."
F.J. Wagner

(S)Chippendales

In der letzten Bild am Sonntag machte der Guido den qualifizierten Vorschlag, junge, arbeitsfähige Arbeitslose sollten doch in Berlin Schnee schaufeln ("So praktisch ist das Leben.").

Der FDP-Vorsitzende schlug vor, dass junge, arbeitsfähige Männer z.B. entlang seines morgendlichen Wegs zur Arbeit die gemeinnützige körperliche Arbeit verrichten: "Hier liegt seit Wochen Eis und Schnee auf den Bürgersteigen. Viele ältere Menschen trauen sich schon gar nicht mehr aus dem Haus, weil sie Angst haben müssen, zu stürzen und sich was zu brechen." Wenn den 17 bis 24 Jährigen Zwangsarbe aehh ... Arbeitsuchenden bei der Arbeit warm würde, könnten sie sich ja die engen T-Shirts (gegenseitig/mit den Zähnen) von den durchtrainierten Oberkörpern reißen. Als Schutz gegen die Kälte helfe v.a. sich mit Öl einzureiben, empfahl der sympathische Außenminister in einem Telefoninteview: "Da könnten sich die Herren ja gegenseitig helfen und sich wechselseitig einreiben ... (keuchende Geräusche) ..., vorne und hinten und in den Achselhöhlen, mit ihren kräftigen Händen ... (schweres Atmen) ... die konvulsiven Leiber bald tastend, bald fordernd entlangfahren...(unverständlich..Gespräch bricht ab)."
(Foto: Violentz)

angemessene Einordnung

taz: Sozialstaatsdebatte I: Guido Westerwelle warnt vor einer "spätrömischen Dekadenz". Hat er recht?

Friedrich Küppersbusch: [...] Wenn im Golfclub die Herren an Loch 18 sich einigen, dass die Balljungs früher aber auch dankbarer waren, ist das keine Sozialstaatsdebatte, sondern die Jahreshauptversammlung des Schmarotzerclubs. Und so gehört es auch behandelt."

(taz)

Mittwoch, Februar 24, 2010

Workshop "Überschriften texten"

"Der Monchichi des deutschen Protestantismus" (Meikell) tritt zurück. Es folgen: jede Menge naheliegende (Welcher Teufel hat sie geritten" Express), eine unfreiwillig komische ("Amt und Autorität nach Alkoholfahrt beschädigt" EPD) und eine grandiose Schlagzeile ("Lallelujah!" Berliner Kurier) .

Und Wagner? Der läuft natürlich Amok, kommen hier doch (außer WKII und Mutter-Apotheose) alle seine Themen zusammen: Eine Frau (!), Bischöfin (!!), säuft (!!!!) und fährt dann blau über eine rote Ampel (!!!!!!).

Man liest seinen geilen Zeilen förmlich ab, wie er sich die Kutte wegdenkt, die Gewichtsklasse abwägt (Könnte ich oben liegen? ) , der Sabber auf die Tastatur läuft und er seinen ganz privaten Softporno dreht:

"Eine Frau, die sich nachts betrinkt, eine Frau, die sich glücklich trinkt. Eine Frau, die nicht Bischöfin ist, sondern eine Frau. [...] diese zarte Frau [...] eine 1,60 m große, 55 kg leichte, einsame Frau." (Bild)

Dienstag, Februar 23, 2010

Burma VJ

Soeben den beeindruckenden Dokumentarfilm "Burma VJ" auf Arte gesehen. Der mit zahlreichen Preisen, darunter beim Sundance Film Festival 2009, ausgezeichnete und in diesem Jahr Film für einen Oscar nominierte Film kann die nächsten sieben Tagen online bei Arte angesehen werden.

"Burma VJ" dokumentiert den großen Aufstand der Mönche im Sommer 2007 in dem seit 48 Jahren von einer Militärjunta brutal unterdrückten Land. Der Film basiert zu einem Großteil auf dem Bildmaterial, das Video-Journalisten (VJs) der "Democratic Voice of Burma" unter Einsatz ihres Lebens verdeckt gedreht und aus dem Land geschmuggelt haben.

Angst vor Gesprächen mit Fremden

In Geheimverstecken bearbeiten sie das Material, schmuggeln es außer Landes, um es von der Exil-Zentrale im norwegischen Oslo auzustrahlen. Ihre Hoffnung ist, dadurch dem von der Diktatur kontrollierten Bild des verarmten Landes etwas entgegenzusetzen - und auch die Burmesen selbst zu erreichen und ihnen das gefühl der Ohnmacht zu nehmen.

Ausgelöst durch die über Nacht massiv angestiegenen Benzinpreise und als Protest gegen die miserablen allgemeinen Lebensbedingungen waren die Demonstrationen 2007 die ersten massenhaften öffentlichen Unmutsbekundungen seit 1988.

Vor allem die Beteiligung der Mönche, die demonstrativ ihre Bettelschalen umgedreht bei sich trugen, um zu zeigen, dass sie von der Regierung keine Almosen akzeptieren, war ein Weckruf für die im repressiven Klima über die Jahre in Hoffnungslosigkeit und Apathie erstarrte Gesellschaft, in der die Menschen nicht wagen mit Fremden auf der Straße oder im Zug eine Unterhaltung über Politik oder gesellschaftliche Verhältnisse zu führen.

Es waren allein die Clips der jungen VJs, die objektiv zeigten, wie das Militär gegen die unbewaffneten, friedlichen Demonstranten vorgingen. Die Aufnahmen gingen um die ganze Welt. Sie wurden von BBC, CNN und zahlreichen Sendern rund um den Globus ausgestrahlt.

Mut und Hingabe

Für "Burma VJ" sammelte der dänische Regisseur Anders Østergaards eine Vielzahl dieser Aufnahmen und stellte sie in einen ordnenden dramaturgischen Rahmen, so dass größere Zusammenhänge erkennbar werden.
Aus Sicherheitsgründen und zum Schutz der Beteiligten wurden einige Szenen des Dokumentarfilms in Zusammenarbeit mit den Betroffenen nachgestellt sowie Namen, Plätze und andere wiedererkennbare Orte verändert.

Beeindruckend ist nicht nur der Mut und die Hingabe, mit der die Videojournalisten sich ihrer selbstauferlegten Aufgabe widmen. Die dramatischen Bilder einer erwachenden Gesellschaft, die durch die Aufmunterung der Mönche sich zunehmend den Protesten anzuschließen wagen, entlang der Straßen, in den Fenstern, auf Hausdächern sich versammeln und durch Applaus ihre Zustimmung bekunden, sind sehr bewegend - um so trauriger und schockierender wirkt die brutalte Unterdrückung der friedlichen Proteste. Und man fragt sich, was noch passieren muss, um die Situation im Land zu ändern. Wenn nicht einmal solche Massenproteste das Regime erschüttern können.

Dies ist eine der Fragen, mit der man zurückbleibt: wie kann sich dieses Regime seit 48 Jahren halten? Wie finanziert die Militärjunta ihren Machtapparat? Offensichtlich verfügt das Land kaum über eine nennenswerte Wirtschaft oder Industrie. Das Bildungswesen - so kann vermutet werden - fördert keine Innovationsträger.

Pakt mit dem Teufel: Firmen investieren in Burma um Rohstoffe zu fördern

Aber, Burma ist immer noch reich an Rohstoffen. Und wo Rohstoffe sind, gibt es immer Firmen, die ein Interesse daran haben, sich die Nutzungsrechte zu sichern und die keine moralischen Bedenken haben, mit Diktaturen zusammen zu arbeiten. Das ist in Saudi Arabien so. Das war im früheren Irak der Fall und ist in Burma nicht anders.

So berichtet die Internetseite der Democratic Voice of Burma dass eine Süd-Koreanische Firma mit der burmesischen Regierung einen 1,4 Milliarden Dollar-Deal vereinbart hat, um ein großes Gasvorkommen zu erschließen.

Ebenso hat der französische Mineralölkonzern TOTAL in Birma investiert ("Unfortunately, the world’s oil and gas reserves are not necessarily located in democracies"), um dort eine Pipeline zu bauen. Siehe hierzu auch den Dokumentarfilm "Total Denial"

"Da lachste Disch kapott, dat nennt man Baustell!"

Nach dem Pfusch am Bau der Kölner U-Bahn, bei dem Stahlträger gestohlen und nur ein Bruchteil der eingeplanten Sicherungsstreben verbaut, Bauprotokolle gefälscht und Prüfungen unterlassen wurden, auch beim Bau von ICE Trassen, bestätigt Bilfinger Berger heute, dass es auch beim Bau der Düsseldorfer U-Bahn zu "Unregelmmäßigkeiten" gekommen ist.

DA gibt's nur eins: Taschenlampen- und Helmpflicht im öffentlichen Nahverkehr!

One man - one vote

Im Zusammenhang mit der Kritik an NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und seinem - mittlerweile ehemaligen CDU-Generalsekretär macht Christine Landfried, Politologin an der Universität Hamburg, einen verblüffend naheliegenden Vorschlag: Unternehmensspenden sollten verboten werden. Parteien assistierten schließlich der politischen Willensbildung des Volkes. Warum sollten also Unternehmen spenden dürfen; schließlich hätten diese auch keine Stimme im Wahlkampf. (Deutschlandfunk)

Hier werden übrigens die Spenden über 50,000 Euro an die Bundesparteien veröffentlicht.
Eine interessante Lektüre. Z.B. sieht man da, dass die Familie Quandt im vergangenen Jahr allein 450,000 Euro an die CDU gespendet hat. Betrachtet man die Parteispenden der Konzerne BMW (ca. 1,5 Mio. Euro) und Altana (ca. 1,1 Mio. Euro), die zum Großteil der Familie Quandt gehören, ebenfalls als Spenden der Familie, so zählt sie zu den größten Einzelspendern deutscher Parteien.

Aber auch andere Spenden sind interessant: So hat "Prof. Dr. h. c. Hermann Schnabel" aus Hamburg im Juni und im August 2009 jeweils 200,000 Euro an die CDU gespendet! Not bad.

Die dubiose "Dr. Rath Health Programs B.V." mit Sitz in Holland hat mehrfach im vergangenen Jahr an die AGFG gespendet: Im Januar 77,750 Euro, im April 83,750 Euro und
im Juli 103.103,41 Euro. Abgesehen von der Frage, warum so schräge Summen gespendet werden, fragt man sich, wer diese AGFG ist und wird nach schnellem Googlen informiert,
dass es sich dabei um die „Allianz für Gesundheit, Frieden und Soziale Gerechtigkeit“ handelt.

Und DIE sitzen im Bundestag? Ein Blick auf die Sitzverteilung im Bundestag gibt hierüber keine Aufklärung.

(Bild: v_hujer)

Gefickt wird erstmal nicht

Für die Süddeutsche Zeitung hat Gustav Seibt einen grandiosen Bericht über Helen Hegemanns Party aus Anlass ihres 18. Geburtstags verfasst - im Ton ihres Plagiat/Sample/Remix-Roman-Dings: "Die Jurorin nippt vergifteten Weißwein, ihr Mann guckt, als könnte er Ritalin gebrauchen, die anderen schlabbern Flaschenbier, klebrige Beats flashen aus den Boxen" (SZ)

Sehr lustig auch die Online-Leserkommentare ("Dürfte ich den werten Autor darauf hinweisen, dass das Wort "quellen" nur in der 1. und 2. Pers. Sing. einen Ablaut hat, und das Partizip Präsens daher "quellend" lautet?") zu dem Artikel, die einmal mehr zeigen, dass die Kommentarfunktion oftmals nur ein Einfallstor für Einfallspinsel und humorfreie Nervensägen ist.

PR-Strategie

Da hat sich doch die PR-Abteilung der evangelischen Kirche zu einer Krisensitzung getroffen und überlegt, wie sie die Dauerpräsenz der Katholiken mit ihren jesuitischen Knabenführern auf den Titelseiten brechen können.


Die Evangelen haben ja grundsätzlich damit zu kämpfen, dass ihre Religion so wenig "Production Values" anzubieten hat: Die Kostüme, die Rituale, die Gebäude - alles reduziert, spaßfrei, ohne Mysthik, Weihrauch und Mummenschanz.

Die Katholiken hingegen dominieren mit ihren regelmäßigen Groß-Veranstaltungen, Urbi et Orbi, Papst-Attentaten, Event-Beerdigungen und Sex-Skandalen regelmäßig die Schlagzeilen.

Ob besoffen Auto zu fahren genügt nachhaltige Kommunikationserfolge zu erzielen?

Guidos Welt

Das, das ist der Guido. Und der Guido, der hat eine Meinung. Die hat er in eine Zeitung reingeschrieben und in viele Mikrofone gesprochen: In Deutschland, so meint der Guido, gebe es Menschen, die nicht genug verdienen obwohl sie viel arbeiten.

Andererseits gebe es viele Menschen, die nicht arbeiteten. Diese Menschen heißen Arbeitslose. Mann nennt sie so, weil sie ihre Arbeit los sind. Jetzt will der Guido den Menschen, die wenig verdienen, obwohl sie viel und hart arbeiten, helfen. Dazu sollen diejenigen, die unwesentlich weniger Geld bekämen, obwohl sie gar nicht arbeiten, wesentlich weniger Geld bekommen. Dadurch haben denjenigen, die viel arbeiten aber zu wenig verdienen, zwar nicht mehr Geld. Aber immerhin andere weniger. Dadurch würde der Unterschied zwischen denen, die arbeiten und nicht genug zum Leben haben und denen, die nicht arbeiten können, größer. Und das ist gerecht, so der Guido.

Mit dieser Meinung zu Beginn des Europäischen Jahrs zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung hat der Guido für viel Unruhe gesorgt. Jetzt hat die Bild-Zeitung den Guido eingeladen. Dort konnte er sich mit einigen Arbeitslosen unterhalten. So was gibt es nur bei der BILD.


Damit die Menschen wissen, wie die anderen heißen,
hat die Bild-Zeitung Namensschilder auf den Tisch gestellt.


Für Erwachsene empfiehlt sich das leidenschaftliche Plädoyer für die Zusammengehörigkeit von Demokratie und Sozialstaat von Heribert Prantl ("Der Sozialstaat muss nicht neu erfunden, er muss ordentlich gestaltet, berechnet und gut gepflegt werden."), das bereits am Samstag in der Wochenendbeilage der Süddeutschen Zeitung zu lesen war und nun - leider nur in gekürzter Form - auch online zugänglich ist.

Einen kondensierten Auszug aus dem Kommentar gibt es - gelesen vom Meister selbst - als Audio auf den Webseiten der Süddeutschen Zeitung.

Es gibt guten und schlechten Journalismus - so einfach ist das

Der Prantl Heribert, Leiter des Ressorts Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, ist neuer Honorarprofessor der Universität Bielefeld. Die SZ veröffentlichte Teile seiner Antrittsvorlesung über die Bedeutung der Pressefreiheit in Zeiten der Kommunikationsrevolution - und die Notwendigkeit eines guten, einordnenden, sauber recherchierenden Journalismus (und die dazu notwendigen Bedingungen):

"Es gibt guten und schlechten Journalismus, in allen Medien – so einfach ist das. Guter Journalismus hat große Zeiten vor sich: Noch nie hatten Journalisten ein größeres Publikum als nach der digitalen Revolution. Noch nie war Journalismus weltweit zugänglich. Es gibt daher ein besonderes Bedürfnis nach einem orientierenden, aufklärenden, einordnenden und verlässlichen Journalismus. Die Ausweitung des wissbaren Wissens, seine horizontale Erweiterung, wird auf Kosten ihrer Vertikalisierung, ihrer Vertiefung, erwirtschaftet.

Das Internet - das digitale Parlament

Die Datenmenge nimmt zu, aber die Datenverarbeitung bleibt bisher aus. Gegen Datentrash helfen nur Reflektion und Hintergrundbildung. Das ist die gemeinsame Aufgabe von Publizistik und Wissenschaft.

Wir erleben wieder eine Kommunikationsrevolution wie 1848/49. Mich erinnern die Blogger von heute an die politisierten Bürger von 1848/49 – Blogs sind mehr Demokratie. Soll da wirklich der professionelle Journalismus die Nase hochzíehen, so wie es vor 160 Jahren die etablierten fürstlichen Herrschaften und die monarchischen Potentaten getan haben? Aber: die neue Kommunikationsrevolution braucht professionelle Begleitung, sie braucht einen publizistisch-gelehrten Kern.

Es gibt ein neues, ganz anderes Professoren-Parlament: Es heißt Internet. Dieses digitale Parlament braucht, wie das damals in der Frankfurter Paulskirche, Führung und Sachverstand." (Text: SZ / Foto: Uni Bielefeld)

Einen Auszug aus dem Kommentar gibt es - gelesen vom Meister selbst - als Podcast auf den Seiten der Süddeutschen.

Craftsmanship: Invictus

It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.

Saw INVICTUS yesterday, directed by Clint Eastwood with Morgan "Who else could play the part - Denzel Washington is still too young" Freeman and Matt "oh my god look at his shoulders!" Damon.

Based on the book "Playing The Enemy. Nelson Mandela and the Game That Changed a Nation. Invictus" the film looks at the life of Nelson Mandela after the fall of apartheid in South Africa, during his term as president, when he campaigned to host the 1995 Rugby World Cup event as an opportunity to unite his countrymen, black and white. The movie follows the usual inspirational ROCKY-dramaturgy of an underdog (in this case the South African Rugby team "Springbocks") making it to the world cup against all odds and with growing enthusiasm of the audience.

Solid craftsmanship

The title comes from the poem "Invictus" that Mandela had written on a scrap of paper while he was incarcerated. In the movie, Mandela gives the poem to his national rugby team's captain Francois Pienaar before the start of the Rugby World Cup. In reality, Mandela provided Pienaar with an extract from Theodore Roosevelt's "The Man in the Arena" speech from 1910. (thank you Wikipedia!)

The movie is classical Eastwood: Clear, foreseeable straight forward story. ("A very good story very well told" Variety) Like a good Jazz standard: no improvisation or tricks. Just concentration on the well crafted conversion of the material.

Like usual, Variety gives a sober estimation on the movie's potential success and impact beyond intellectual or cineastic value: "The names of Eastwood and stars Morgan Freeman and Matt Damon should propel this absorbing Warner Bros. release to solid returns Stateside, with even better prospects looming in many foreign markets, where an unfamiliar sport and South African politics may pose less of a potential B.O. [= Box Office] hurdle."

Ka mate, Ka mate! Ka ora, Ka ora!

An impressive detail: in the movie the team of South Africa have to confront the ALL BLACKS from New Zealand. Before the game starts, the ALL BLACKS do the "Haka". "Ha" means breath, "Ka" means "on fire" - so "Haka" are "firy words". This traditional maori wardance ismeant to intimidate opponents with a choreography presenting the team as one strong man, presenting grim facial expressions, rolling their eyes and sticking out their tongue to put fear in the heart of the enemy and show him that one is going to eat him.

The words express that the fighters are descendants from a long line of warriors making the enemy understand that he is not fighting one man but a legion of warriors.

Now, that's effective communication policy!

Montag, Februar 22, 2010

OLIVER POCHER, SIE SIND AUF NACHRICHT!

"Herr Pocher claims to be a German Comedian, but we all know there's no such thing!"



(thanks to Bas)