Sonntag, Juli 13, 2008

Aretha Franklin x Helge Schneider x Mr. Bungle

Am Freitag Jamie Lidell auf dem S.O.M.A. Festival LIVE gesehen.

Auf dem atmosphärisch zwischen Bahnlinie und Europas größtes Bordell (demgegenüber ein anderes Gebäude liegt, bei dem in roter Leuchtschrift über dem Eingang steht: "Das Bordell". Man fragt sich, was da wohl drin ist.) gelegenen Gelände des Künstlers Odo Rumpf, das sich mit seinen aus Schrott gefertigten Skulpturen wie ein Kinderspielplatz aus MAD MAX ausnimmt, sprang der 35jährige Lidell pünktlich vor einem übersichtlich aufgelaufenen Publikum in standesgemäßem Trashlook, den man in Berlin Prenzlberg tragen muss, will man nicht von der Designpolizei verhaftet werden und sich ausnimmt, als sei der Träger mit einer Zeitmaschine in das Rostock des Jahres 1982 geflogen, um dort einen Altkleidersack zu plündern, auf die Bühne.

Wenn man die Musik Jamie Lidells auf seiner MySpace Seite hört, ergibt sich nur ein unvollständiges Bild. Klingt es nach Soul, Aretha Franklin und Funky Melodien, fehlt die sich wohl nur unter den Bedingungen eines Live-Auftritts entfaltende Dimension, die man als ein Produkt von MR. BUNGLE und Helge Schneider beschreiben kann. Lidells Bühnenpräsenz wirkt wie eine Mischung von Jeff Bridges dauerbedröhntem liebenswerten Dude Lebowksi und einem hyperaktiven Kind.


Lidells Instrument ist die Stimme. Er fing als Solokünstler an, der mit Laptop und Mischpult bewaffnet sich über zig Festivals beatboxte und auch jetzt mit Band immer noch loopt, bis der Arzt kommt.

Die spaßorientierte und ungestüme Freude, mit der die Herren an das Musizieren herangehen ist nicht allein an der Kostümierung abzulesen, durch die sich die Band ausnimmt (der Bassist im weißen Elvis Las-Vegas-Ganzkörperanzug, der Saxophonist mit Hugh-Heffner-Seidenmantel, der Schlagzeuger mit Burt-Reynolds-Pornobalken und Jamie selbst in weißen Lederstiefeletten, dass Mel & Kim neidisch werden würden), wie der skurrile Gegenentwurf zu einer Superheldengruppe, gewissermaßen die X-Men vom Prenzlberg. Es wird gejammt, gelacht, improvisiert und eine Vielfalt an Instrumenten in Anschlag gebracht, dass man wirklich merkt - hier wird Musik gemacht.

Liest man nach, dass Lidell mit Mocky, Gonzales, Feist oder Peaches zusammenarbeitet, ahnt man, was da unter dem Deckel brodelt.

Am 9. August spielt Jamie auf dem Haldern Pop Festival, am 14. August in Jena. Hingehen!