Man kann heute in keiner Straßenbahn, in keinem Zug, in keiner S-Bahn, in keinem Bus, auf keiner Straße mehr gehen, ohne von dem blechern dröhnenden Lärm aus Kopfhörern genervt zu werden.
Eigentlich für den die Allgemeinheit nicht beeinträchtigenden und ausschließenden privaten Akustikonsum gedacht, wird aus den Musikhandys, iPhones, iPods, MP3-Playern eine subtile akustische Waffe, wie Sieglinde Geisel gestern in der NZZ beschreibt:
"Durch die Ohrstöpsel-Berieselung mit ihrem privaten Soundtrack halten sie sich die Wirklichkeit vom Leib, doch in dem unschuldigen Eskapismus steckt eine militante Botschaft: «Ich will nichts von euch wissen!» Man greift überall dort zur Kopfhörer-Waffe, wo man die Gegenwart der anderen nicht aushalten müssen will. [...] Der private Musikgenuss im öffentlichen Raum folgt einer passiv-aggressiven Doppelmoral: Man kehrt den anderen demonstrativ den Rücken zu, doch gleichzeitig zwingt man sie, davon Notiz zu nehmen. Man will wahrgenommen werden, ohne die anderen wahrnehmen zu müssen – nur im akustischen Raum wird diese Rücksichtslosigkeit toleriert."
In dem Zusammenhang sei an das 11. Gebot, verkündet durch Robert Gernhardt erinnert:
"Ihr sollt keinen Walkman in Bahnen und Zügen benutzen, denn siehe: Der Walkman ist ein Blendwerk des Satans, zu verwirren die Sinne des Menschen, auf dass er glaube, er könne seinen Kopf mit Musik vollknallen, ohne dass sein Nächster davon höre.
Ich aber sage euch: Und ob der was mithört! ...
... Macht euch nicht selbst zum Gräuel an dem kleinen Gerät, das wummert, zirpt und dudelt, und macht euch nicht unrein an ihm, so dass ihr dadurch nicht unrein werdet.
Diese sollen euch in Bahnen und Bussen ebenfalls unrein sein unter den Piepsgeräten, welche Knöpfe haben und die man in die Tasche stecken kann: Das Computerspiel, das Handy und der Laptop. Denn alles, was ihr Pieps beschallt, das wird unrein. Und alles Gerät, das gepiepst hat, soll man ins Wasser tun, es ist unrein bis zum Abend und danach unbrauchbar. ..."
In einem Leserkommentar schreibt ein Fritz Müller: "Es ist die Inkonsequenz der sogenannten Toleranten. Toleranz heisst tatsächlich, dass in allen bereichen dem mitmenschen freiheit zugestanden wird und nicht nur in denen, die einem mal gerade so persönlich passen." Eben. Toleranz heißt nicht, dass jeder machen kann, was er/sie will. Sondern, dass jedem das Recht der eigenen Entfaltung zugestanden werden muss. Wenn aber KretiundPleti sich in Bussen und Bahnen bedröhnen und andere ungefragt mitbeschallen, wird damit deren Recht auf Ruhe verletzt. Da hört die Toleranz auf.
(Bild: mmagallan)