Montag, März 26, 2012

TATORT

Das ZEIT MAGAZIN hat Gerichtsreporterin Sabine Rückert gebeten, sich Tatort-Folgen anzuschauen und zu prüfen, wie authentisch das Gezeigte ist. Das Urteil: Vernichtend.

"Statt einer Antwort holt Kappl aus und rammt Mollet die Faust in den Magen, wortlos sackt der zu Boden. Befriedigt schnaufend richtet der Ermittler sich auf, sein bebrillter Kollege Deininger, der die Szene durch eine Glaswand mitverfolgt, aber nicht eingegriffen hat, nickt ihm in stillem Einverständnis zu. Von Mollet ist nichts mehr zu sehen, er ist nach unten aus dem Bild gerutscht. So soll also Todesermittlung in Saarbrücken aussehen.[...] Warum also diese widerwärtige Verhörszene? Darf ein Sexualdelinquent im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von der Polizei nicht anständig behandelt werden? Ist dieser Übergriff als kathartisches Fernseherlebnis nötig, um den Zuschauer bei seiner eigenen Niedertracht abzuholen? [...] Wenn der Zuschauer aufpasst, lernt er in wenigen Wochen: Tatort- Beamte sind oft nicht viel besser als die, die sie jagen. Sie handeln inhuman und gewalttätig, sie lügen, sie halten sich nicht an die Gesetze. Sie denunzieren das Recht als Behinderung der Polizeiarbeit und üben Selbstjustiz. Dabei wird das Publikum durch die Erzählweise gezwungen, die Perspektive solcher Ermittler einzunehmen und deren Verachtung für den Rechtsstaat zu teilen."