Helmut Schmidt, für viele ein Vorbild für alles mögliche, gilt Ihnen als Negativbeispiel in Sachen guter Stil. Hat das auch damit zu tun, dass Sie den Mitherausgeber der „Zeit“ generell nicht allzu sehr verehren?
Ich verehre ihn nicht nur nicht, ich verachte ihn. Schmidt ist ein Bescheidenheitsprotz, der öffentlich Erbsensuppe predigt und heimlich Subventionswein trinkt. Will sagen: Dieser an Geschwätz-Diarrhoe leidende Ersatz-Hindenburg
Der Philosoph Peter Sloterdijk scheint das anders zu sehen. Im Zusammenhang mit Ihren Tagebüchern hat er Ihnen in seinen Notizbüchern zuletzt eine „Literatur der Selbstentblößung“ vorgeworfen, die auch vor Gossip über Kollegen nicht Halt mache.
Erstens: Ich kenne das Buch von Sloterdijk nicht, ich wünschte mir aber vor allem, er würde mehr auf seine Haare achten.
Erstens: Ich kenne das Buch von Sloterdijk nicht, ich wünschte mir aber vor allem, er würde mehr auf seine Haare achten.
Muss man, um als Stilist gelten zu können, ein Talent zur Boshaftigkeit haben?
Ich rette mich erst einmal in zwei Zitate. Da gibt es einmal das Wort von André Gide: Es sind die schönen Gefühle, mit denen man schlechte Literatur macht. Das zweite, etwas näherliegende, von Horst Janssen, der gesagt hat: Käthe Kollwitz meinte es gut, Goya war gut.
Ich meine, es war Walter Jens, der sich einmal lobend darüber ausgelassen hat, dass in Frankreich im Unterschied zu Deutschland Sätze wie der folgende möglich sind: Er ist zwar ein Kommunist, aber er spricht ein ganz unglaubliches Französisch. Inwieweit kann Stil etwas anderes entschuldigen, die politische Einstellung etwa?
Zunächst ist Walter Jens, der kein Wort Französisch konnte, ein schlechter Zeuge für diesen Vorgang. Er beherrschte ja keine lebende Sprache, knapp Deutsch.
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In Ergänzung sollte man Harry Rowohlts "Der Kampf geht weiter! Nicht weggeschmissenen Briefe" zur Hand nehmen. Darin findet sich ein Brief an eben jenen Raddatz anläßlich einer maßlosen Kritik zum Werke von Robert Gernhardt:
"Raddatz, daß Sie ein dummes, unberatenes, abgebrochenes Ostzonen-Arschloch sind, das nie irgendwo ankommen wird, das ist ein alter Hut mit Krempe, aber daß Sie das sogar zum 65. Geburtstag von Robert Gernhardt vorführen, zeigt, daß Sie eine Tugend haben, die ich Ihnen nicht zugetraut hätte: Konsequenz. Harry Rowohlt"
Ich rette mich erst einmal in zwei Zitate. Da gibt es einmal das Wort von André Gide: Es sind die schönen Gefühle, mit denen man schlechte Literatur macht. Das zweite, etwas näherliegende, von Horst Janssen, der gesagt hat: Käthe Kollwitz meinte es gut, Goya war gut.
Ich meine, es war Walter Jens, der sich einmal lobend darüber ausgelassen hat, dass in Frankreich im Unterschied zu Deutschland Sätze wie der folgende möglich sind: Er ist zwar ein Kommunist, aber er spricht ein ganz unglaubliches Französisch. Inwieweit kann Stil etwas anderes entschuldigen, die politische Einstellung etwa?
Zunächst ist Walter Jens, der kein Wort Französisch konnte, ein schlechter Zeuge für diesen Vorgang. Er beherrschte ja keine lebende Sprache, knapp Deutsch.
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In Ergänzung sollte man Harry Rowohlts "Der Kampf geht weiter! Nicht weggeschmissenen Briefe" zur Hand nehmen. Darin findet sich ein Brief an eben jenen Raddatz anläßlich einer maßlosen Kritik zum Werke von Robert Gernhardt:
"Raddatz, daß Sie ein dummes, unberatenes, abgebrochenes Ostzonen-Arschloch sind, das nie irgendwo ankommen wird, das ist ein alter Hut mit Krempe, aber daß Sie das sogar zum 65. Geburtstag von Robert Gernhardt vorführen, zeigt, daß Sie eine Tugend haben, die ich Ihnen nicht zugetraut hätte: Konsequenz. Harry Rowohlt"