Geh mir nicht auf den Keks!
Gran-di-oser Artikel von Jens Jessen in der aktuellen ZEIT zur Philosophie des Plätzchens.
"Das Plätzchen, seinerzeit noch überwiegend französisch Biskuit genannt, verhielt sich zu Kuchen und Torte, wie die Spieluhr zur Orgel. Es sollte überraschen und rühren, nicht überwältigen (…)
Indes hat das Plätzchen noch etwas anderes mit der Spieluhr gemein: dass man Kind sein muss, um nicht zu erkennen, wie sie die Melodien wiederholen, die Schokoladen-, die Zimt-, die Mandel-, die Haselnuss-, Zitronen- und Vanillemelodie. (...)
Das Plätzchen unserer Kindheit ist wie eine Träne, die auf der Zunge schmilzt. Die sogenannten Prasselkuchen, die meine Mutter buk, aus dem deutschen Osten stammend, winzige Rauten, die unter einem Hauch von Streuseln eine Schicht Johannisbeergelee verbargen, waren schon in meiner Jugend Allegorien der Vergänglichkeit. Für die Wiederbegegnung mit solchen Plätzchen muss man stark sein. Die Prasselkuchen, eigentlich Knisterkuchen waren, weil die Streuselschicht nur ein wie ein Raureif über dem Gelee lag, den die Zähne kaum hörbar durchbrachen, feiern eine Zerbrechlichkeit, an der man sich nicht mehr erfreuen, wenn schon zu viel zerbrochen ist."