Darin findet sich der Hinweis, dass das Recht auf Religionsfreiheit gegen den Erziehungsauftrag des Staates abgewogen werden muss - und beim Schwimmunterricht würden diese beiden Ansprüche nun mal kollidieren. Warum? Es gibt in Deutschland für Schülerinnen kein Kopftuchverbot etwa im Mathematik- und Deutschunterricht.
Der Grund: Das Kopftuch kollidiert in diesen Fällen - nach derzeit herrschender Auffassung - einfach nicht stark genug mit dem staatlichen Erziehungsauftrag (wenn Lehrerinnen eines tragen, sehen das viele anders). Mädchen können auch mit einem Kopftuch Mathematik oder Deutsch lernen.
Im Schwimmunterricht aber muss man eben nun mal schwimmen, im Turnunterricht muss man turnen. Und übermäßig viel Kleidung ist dabei bekanntlich hinderlich.
Scham ist keine Ausübung der Religion sondern einfach eine Begegnung des religiösen Menschen mit dem säkularen AlltagEin weiterer, grundsätzlicherer Hinweis, der deutlich machen mag, inwiefern Religion in Deutschland, ihren Totalanspruch aufgeben muss: Das Grundgesetz schützt die freie Ausübung der Religion. Hierzu gehören insbesondere religionsinterne Rituale und Traditionen, sofern sie der Allgemeinheit (gerade noch) als zumutbar erscheinen; in diesem Sinne gleicht etwa die rituelle Beschneidung bei den Juden der christlichen Taufe oder der Erstkommunion, weswegen sie erlaubt bleibt.
Das Gefühl der Scham (das die muslimische Eltern im Rahmen der Vermittlung ihrer Konventionen und Sittlichkeitsvorstellungen ihren Kindern beibringen möchten) ist aber - so das Gerichtsurteil - keine Ausübung der Religion im Sinne einer rituellen oder gottesdienstähnlichen Handlung, sondern einfach eine Begegnung des religiös erzogenen oder gestimmten Menschen mit dem säkularen Alltag.
Solche Kollisionen sieht das Bundesverwaltungsgericht, mit bestimmten Kompromissen bei der Kleiderordnung, auch für muslimische Schülerinnen als zumutbar an.
"Eine Gestaltung des Unterrichts, die jeder Glaubensvorstellung Rechnung trägt, ist nicht praktikabel."Schließlich: In Deutschland müssen ALLE Bürger hinnehmen, dass staatliche Erziehungsauftrag inklusive Schulpflicht, als solche ja schon in die Lebensgestaltung aller Familien mit ihren jeweiligen Prägungen eingreift.
Dieser Auffassung schließt sich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil an: "Die Schulpflicht", so die Richter, "steht nicht unter dem Vorbehalt, dass die Unterrichtsgestaltung die gesellschaftliche Realität in solchen Abschnitten ausblendet, die im Lichte individueller religiöser Vorstellungen als anstößig empfunden werden mögen." Und ferner heißt es: "Eine Gestaltung des Unterrichts, die jeder Glaubensvorstellung Rechnung trägt, ist nicht praktikabel."