Lieber ein faules Genie als ein fleißiger Idiot
"Als besonders fleißig war der Preuße Kurt von Hammerstein-Equord
während seiner Laufbahn nicht aufgefallen. Trotzdem machte er eine
steile Karriere im Heer von Kaiser Wilhelm II. Am Ende des Ersten
Weltkriegs war er Offizier im Generalstab des Generalkommandos. In der
Weimarer Republik bestimmte er als Chef des Truppenamtes (so hieß der
Generalstab laut Versailler Vertrag fortan) der Reichswehr den
Wiederaufbau maßgeblich mit.
Dabei entwickelte er Strategien wie die
hinhaltende Verteidigung. Die setzte darauf, dass der Völkerbund schon
eingreifen würde, falls das militärisch zurechtgestutzte Deutschland zum
Beispiel von Russland angegriffen würde. Auch was die Personalpolitik
der Truppe anging, hatte von Hammerstein Vorstellungen, die den
preußischen Tugenden Fleiß und Disziplin zuwiderliefen.
Die
Rekruten beurteilte er mit einer Vier-Felder-Matrix. Auf der x-Achse
verteilte er die Persönlichkeitseigenschaften dumm und klug. Die y-Achse
versah er mit faul und fleißig. In einer Person, so die Logik, kommen
immer zwei dieser Eigenschaften zusammen, die wiederum für bestimmte
Aufgaben im Militär qualifizieren und für andere eben nicht.
Die
Dummen und Faulen machten für von Hammerstein 90 Prozent des
militärischen Personals aus. Das sei in jeder Armee so und auch nicht
weiter schlimm, denn diese Leute eigneten sich prima für
Routineaufgaben. Die Klugen und Fleißigen könne das Militär natürlich
gut gebrauchen. Sie müssten in den Generalstab.
Nach ganz oben würden
sie es jedoch nicht schaffen. Dorthin gehörten die Klugen und Faulen.
Denn nur wenn sich Intelligenz mit Trägheit paare, hätten Führungsleute
„die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen“,
so von Hammerstein. Richtig gefährlich werde es hingegen, wenn viele
Fleißarbeiter mit wenig Intellekt in einer Abteilung viel zu sagen
hätten. Da witterte von Hammerstein Gefahr: Die fleißigen Dummen werden
„immer nur Unheil anrichten“.
Thomas Ramge, brandeins