Liebe Mama,
neulich hast Du mir von Elmar geschrieben. Dass Du an ihn gedacht und Dir Fotos von seiner Beisetzung angeschaut hattest, dass Du traurig warst. Und dass Du Dich an die vielen schönen Momente mit ihm gedacht hast. Wie herzlich und ausgelassen er bei der Lektüre von Comic-Heften lachen konnte.
Ich finde es sehr schön, dass Du mir schreibst, was Dich beschäftigt, insbesondere zu Elmar. Ich habe mich auch sehr über das Foto von seinem Grab mit seinen Grüßen gefreut! Ich finde es sehr schön, dass das kein Tabu ist ("Buhuu, Friedhof!" ); dass Du es nicht "verheimlichst" oder übergehst, wenn Du an seinem Grab warst, oder wenn ich mal von ihm träume. Ich finde es sehr schön, dass wir darüber sprechen, dass es in unserem Leben sein kann. Es gehört ja dazu. Es ist ja da.
Ich denke es ist so, dass Menschen mit allem, was sie ausmacht, einander verbunden sind. Manche spüren da mehr, als andere. Andere geben da mehr als andere, die "nur" ihre Pommes essen, ins Auto steigen, sich am Kopf kratzen oder in der Schlange im Supermarkt stehen und die beschriftung der Schnäpse im Regal an der Kasse lesen.
Natürlich werden wir dazu erzogen und lernen, im Umgang miteinander uns so zu verhalten, dass "es gut läuft", dass es keine Störungen gibt: im Alltag, im Supermarkt, auf der Arbeit. Je näher man indes einander ist, desto mehr man sich einander zeigt, desto "voller" wird das Bild.
Natürlich werden wir dazu erzogen und lernen, im Umgang miteinander uns so zu verhalten, dass "es gut läuft", dass es keine Störungen gibt: im Alltag, im Supermarkt, auf der Arbeit. Je näher man indes einander ist, desto mehr man sich einander zeigt, desto "voller" wird das Bild.
Weil man sich nicht 24 Stunden "verstellen" und filtern kann, was an die Oberfläche kommt.
Dann zeigt man einander nicht nur die Schokoladenseite. Da bekommt man auch voneinander mit, wenn der andere mal: traurig ist, oder verärgert, genervt oder ängstlich.
Dann zeigt man einander nicht nur die Schokoladenseite. Da bekommt man auch voneinander mit, wenn der andere mal: traurig ist, oder verärgert, genervt oder ängstlich.
Und das bewirkt Nähe und Verbundenheit. Und das Gefühl einander gut zu kennen, vertraut zu sein.
Wenn ich das Gefühl habe, dass ich mich auch mit "schwierigen Gefühlen" zeigen kann, mit meinem Ärger, meiner Angst, meiner Traurigkeit oder sogar meiner Wut - und auch damit akzeptiert werde, bewirkt das bei mir ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Zuneigung.
Und so hast Du Elmar von Anfang bis zum Ende begleitet. Durch schöne und auch sehr, sehr schwere Zeiten und bist immer bei ihm gewesen und das finde ich sehr groß. Und mich begleitest Du auch durch alles. Von Anfang an. Durch alle Veränderungen, meine Ängste - das ist für mich auch sehr, sehr groß.
Ich finde es sehr schön und richtig, dass Elmar auch in seinem Sterben und Tod "da" sein kann; dass wir nicht weggucken, dass wir alles, was damit zu tun hat, nicht verdrängen, sondern über ihn sprechen. Wie oft Du zu seinem Grab gehst, dass ich über ihn spreche, dass Du mir ein Foto von seinem Grab schickst - das finde ich alles sehr schön. Dass wir mit unserer Traurigkeit und der Sprachlosigkeit über sein Fehlen dasein können.
Ich bin dann oft traurig, aber nicht weil ich mir ein Foto von seinem Grab anschaue. Die Traurigkeit ist immer da, weil ich mit Elmar verbunden bin und er für mich Bedeutung hat - und eben auch behält.
Und da ist es schön, dass diese Traurigkeit da sein kann, dass sie einen Ort (in einem Gespräch, einer Mail, einem Foto, einer Geste wie dem Anzünden einer Kerze für Elmar) hat und Teil von allem sein darf. So ist das richtig. Finde ich.
Ich freue mich, wenn Du morgen wieder zu Besuch kommst und drücke Dich sehr.