Die FAZ widmet sich in ihrer Glosse heute der von der OECD geplanten Studie Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) , bei der die Kompetenzen Erwachsener erfasst werden soll und beschreibt dabei spitz den erwartbaren Ablauf der Studie und der erwartbaren Ergebnisse:
"Angestellte der OECD entwickeln gerade einen Test, mit dem nach dem Pisa-Exerzitium nun auch die Erwachsenen auf kognitive Fähigkeiten hin geprüft werden sollen. 2009 könne "die erste Runde" stattfinden. Sie soll weltweit das Vermögen testen, Buchstaben, Zahlen und Wörter zu erkennen, dann kommen Aufgaben zum Leseverständnis, zum Problemlösen und zu Computern. Und dann?
Dann gibt es eine Ländertabelle. Und Schlagzeilen, die "Wir sind Einstein!" oder "Deutsche dümmer als Dänen" lauten werden. Anschließend folgt eine Riesendiskussion mit Rufen wie "lebenslanges Lernen!" und "Rohstoff Bildung!" Es wird Herr Andreas Schleicher von der OECD auftreten, der den Test jetzt ankündigt, dessen gegenwärtiger Bildungszustand aber selber keinem unterzogen worden ist.
Und er wird sagen, so ungleich dürfe es nicht weitergehen. Hat er bisher immer gesagt. Man wird feststellen, daß Analphabetismus mit Herkunft korreliert. Daß die Computerkenntnisse bei denen, die keinen Computer haben, schwächer sind als bei den anderen. Daß nicht alle ehemaligen Gymnasiasten schlau sind. Und daß die meisten nach der letzten Schulprüfung schlagartig vergessen, wie man einen Kreisumfang berechnet. Potztausend, wird man sagen, das haben wir uns alles ja - ganz genau so gedacht."
Die ganze Glosse Pisa für alle in der Online-Ausgabe der FAZ.
So spitz und gut die Kritik formuliert ist, so sehr geht sie auch daneben, beschreibt sie doch weniger einen der Erhebung von Daten anzukreidenden Mangel, als vielmehr
a) den typischen Verwertungsmechanismus der Medien, die das Thema nach dem immerhgleichen Schema durchKernerN (man sieht es schon vor sich: FOCUS-Schwerpunkt „Schule – was wir heute lernen müssen, um morgen zu bestehen“; DIE ZEIT: Alte wieder auf die Schulbank? Interviews mit Experten, „Intellektuellen“, Christiansen, Maischberger, Illner, Kerner usw.) und
b) die Handlungsunfähigkeit des politisch-administrativen Apparates, der es offenichtlich nicht gebacken bekommt, Konzequenzen aus solchen Studien zu ziehen, wobei dies mir ein genuin deutsches Problem zu sein scheint.
Die Folge darf und kann nicht sein, keine Studien zu machen. Dies hieße die Tatsache zu akzeptieren, dass wir die Vorstellung aufgeben, bei der Organisation des öffentlichen Lebens gestaltend wirken zu können und wir endgültig vor der Routine wohltemperierter Presseerklärungen die Waffen strecken, die davon sprechen, dass Ergebnisse "sorgfältig geprüft" und "kritisch" (vielleicht sogar schonungslos) diskutiert werden müssen, man aber "nicht vorschnell urteilen" solle, die zuständigen Gremien sich damit befassen mögen usw.
Wenn nach einer Studie alles beim Alten bleibt, macht dies nicht die Studien überflüssig. Im Gegenteil. Der imer wieder erbrachte Nachweis einer ihre Aufgaben verfehlenden politischen Administration ist nötig. Ansonsten müsste man sich fragen, wozu öffentliche Mittel (jenseits der Bereitstellung von Müllabfuhr, Straßenbeleuchtung und Autobahn) eigentlich erhoben werden. Um Erwachsene, die bei PIAAC mangelnde Kompetenzen bescheinigt bekämen in Ministerin zu beschäftigen?