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Ich beantworte diese Frage immer gerne und zügig mit einer Postleitzahl, die selbstverständlich weder mit meinem Wohnsitz, noch mit dem Standort des SATURN-Marktes, bei dem ich gerade kaufe, etwas zu tun hat.
Das Phänomen der 21 Jahrhunderts ist die immer weiter voransschreitende Verfeinerung von Methoden zur Erfassung von Daten über Konsum- und Mediennutzung und deren Verknüpfung zu Mustern zum Zwecke der Erstellung immer detaillierterer, präziserer Kundenprofile und Konsumtypen. Dabei geht es auch um die crossmediale Analyse: Was für Musik hört ein Mensch eines bestimmten Geschlechts, Alters, Einkommens, Bildungsniveaus, Wohnregion, etc., der auch einen bestimmten Modegeschmack hat. Die berühmten Sinusmilieus haben gezeigt, wie bestimmte Konsum- und Geschmacksmuster in Korrelation mit bestimmten politischen, ethischen und moralischen Einstellungen zu bringen sind. Nicht das diese einander bedingen, aber doch häufig gemeinsam auftreten.
Solche Profile zu erstellen sind natürlich für die Industrie besonders interessant, um ihre Ware zielgerechter herzustellen, zu bewerben und zu zu verkaufen.
Also warum sich trotzig dem Ansinnen zielgerichter Produktion und Kundeninteressenlenkung entziehen oder sogar aktiv widersetzen? Finde ich es nicht toll, dass AMAZON mir erzählt, was Kunden, die dieses Produkt gekauft haben auch jenes gekauft haben? Ok, es entsteht eine gewisse uniforme Klumpen-Cluster-Normierungs-Kultur, die ohne Widerständigkeit und unverhoffte Abzweigeungen, Neuentwicklungen, Veränderungen auskommt, sondern ihre (gerade ökonomisch relevante) Stärke aus der Deklination des Immerselben in anderen Formen bezieht.
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Für einen Konsumenten der diese Woche Elton John und Phil Collins hört aber Kannibalenkettensägenschockerfilme schaut und diese Muster auch noch zu verändern neigt, lässt sich nicht so schön industriell Material herstellen, wie für die Büroangestellte, die auch noch mit 50 Chris de Burgh und Lionel Richie toll findet, Hape Kerkeling superlustig, Paris Hilton für eine verwöhnte Zicke hält und andere Majoritätenmeinungen ihr "eigen" nennt.
Kann es mir nicht wurscht sein, wenn jemand diese Daten sammelt und erhebt? Ist es das hochverdünnte Anarcho-Vergnügen der Datenverweigerung und sogar absichtlichen Desinformation ein kalorienarmes Vergnügen für Zivilquerulanten, denen eine Demonstration mit zünftigen Wasserwerfereinsatz zu deftig ist und die sich beim Aufbegehren gegen das System weder schmutzig machen noch anstrengende Leibesverrenkungen unternehmen wollen?
Vielleicht hilft eine Analogie, das Ganze einzuordnen. Ein wildfremder Mensch klingelt an der Tür und sagt, im Rahmen einer Bürgerbefragung wolle er erheben, wieviel Liter Milch man in der Woche trinke. Mancher wird sagen "Das ist doch eine harmlos, triviale Information." Warum einen Affentanz darum machen, als handle es sich um das Coca-Cola-Rezept? Aber andersherum wird auch ein Schuh draus. Was geht das den mir unbekannten Menschen an? Will ich dass ich und mein Verhalten empirische erhoben, ausgewertet, typologisiert und in entsprechende industrielle Produktionskampagnen eingebuttert werden? Oder dass ich in den Genuss besonderer sicherheitspolitischer Aufmerksamkeit gerate, bloß weil ich mir bestimmte Bücher ausleihe, Filme anschaue, Zeitungen lese, Webseiten anklicke?
Wenn erst mal auf den Geschmack gekommen ist, wird man sensibel für all die Orte an denen versucht wird einen in den Verarbeitungsprozesse einzusaugen: Um ein lustiges Video kostenlos per Mail versenden zu können, muss ich erst ein Formular ausfüllen, mit Name, Wohnort und meiner Mail Adresse. Selbstverständlich gebe ich gerne an, dass ich aus der afrikanischen Republik Mbelekadele komme und Jim Jimsen heiße, E-Mail-Adresse: gehtdichnichts an@scheissegal.at
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Hier war nicht nur Arg- und Ahnungslosigkeit bezüglich des Netzes am Werk, sondern die SPAM Mail traf genau das Verhältnis von als notwendig dargestellter niedrigschwelliger Initiativanstrengung (per Knopfdruck zwischendurch geschickter Mail) und der bei ihm vorhandenen Geldgeilheit. Diese ist schnell zu mobilisieren, wenn nur das, was man für einen erstaunlichen Betrag zu tun hat nur leicht, unverbindlich, zeitunaufwändig genug ERSCHEINT. Es scheint so, dass das Preisgeben privater Daten von den Menschen nicht als verbindliches, ihnen nahestehendes und darum schützenswertes Material, das mit ihren Persönlichkeitsrechten verbunden ist, betrachtet wird.
So entsteht sukzessive ein immer engeres Netz von Erhebungsverfahren. Wie in dem bekannten GREENPEACE-Werbespot mit dem Frosch, der solange in einem langsam erwärmten Wassertopf sitzen bleibt, bis er verbrüht, weil der Temperaturanstieg gleitend ist und er aufgrund seiner Anpassung dies nicht so merkt, wie wenn er unmittelbar in heißes Wasser spränge, dulden die Menschen das Aufstellen von Kameras, das Sammeln und querschalten von Daten, wer hat wann wo Geld abgehoben, wann und wo ein Parkticket gezogen, wann und wo was eingekauft, welche Bücher, was für Musik, undundund. Bis dann gleich online der Computer durchsucht und Menschen präventiv verhaftet werden sollen, weil sie beim G8-Gipfel gegen die Politik der Industriestaaten demonstrieren wollen. Vorbeugehaft. Vermeidungsgewahrsam. Das erinnert an einen Vater, der auf Dienstreise geht und seine Kinder vorher für all die Untaten verprügelt, die sie während seiner Abwesenheit wahrscheinlich und unvermeidlich begehen würden.
Also - wehret den Anfängen! Es macht auch regelrecht Freude, den Bazillus des Datenrebellentums zu verbreiten.
Dabei trifft man im Freundes- und Bekanntenkreises auf Menschen, die von der schieren MÖGLICHKEIT, dass man überhaupt nicht korrekte Daten angeben kann, erschüttert sind. "Erkennt das der Computer nicht, wenn das nicht stimm?" Bei Skype steht doch, man solle das Land eingeben, in dem man wohne ...
Hier wirken die in der Prä-Web-1.0 Zeit geprägten Grundtugenden der Ehrlichkeit und Lauterkeit, die von den Web-2.0-Schnöseln, Adress-, Kunden- und Kontaktdatenbank-Dealern, Handy-Shop-Anzugkleiderständern bewirtschaftet werden.
Schon allein, um der Welt der BWL-Lackln ihr klebriges Geschäft etwas schwerer zu machen, die Welt ein wenig widerständiger, weniger vorhersehbar zu machen, der Möglichkeit des Anderen, des Andersseins etwas Platz zu schaffen, sollte man die Gelegenheit zur Desinformation nutzen.