Montag, Juli 01, 2013

Die große Leserverarsche

Der letzte Erfolg des Schauspieler Hannes Jaennicke liegt schon sehr lange zurück. ABWÄRTS hieß das Thrillerkammerspiel, in dem der damals noch blutjunge Schauspieler neben unter anderem  Götz George und Wolfgang Kieling den deutschen Mel Gibson geben durfte. 

Seitdem hat man Jaennicke seltener in Filmkontexten gesehen, dafür immer wieder auf den hinteren Seiten der GALA. Man las, dass er nun in L.A. lebe und Drehbücher schreibe - und immer öfter tauchte Jaennicke als Stichwortgeber in Schienenunternehmen-Kundenmagazinen Drogeriemarkt-Periodika als  Umweltaktivist, Vegetarier und "Personality". 

Jetzt ist ein Buch von ihm erschienen: "Die große Volksverarsche. Wie Industrie und Medien uns zum Narren halten". Das bereits auf Platz eins der SPIEGEL Bestsellerliste rangierende Werk liest sich wie die Protokoll eines langen Kneipenabends, bei dem alle Themen (Umweltschweinereien, Lohnsklaverei, Lobbyismus, Burnout, Lob der Natur und des Aussteigertums) durchgegangen werden - das ganze in einem Sprechsprachstil, befreit von akademisierenden Hürden, die etwa die Bücher Al Gores, bei aller Popularität zu vergleichsweise komplexen Beiträgen machen. 


Jaennickes "Volksverarsche" ist eine Mischung aus Plattitüden, unbelegten Behauptungen und praktischen Tipps (Erst die Hose, dann die Schuhe!) gemixt mit mentalen Dreitagebart und vorgetragen in "Ich lasse mich nicht verbiegen"-Attitüde, die durch eine sich an die mit "Ehrlichkeit" assoziierte Schlichtheit des imaginierten "Volkes" anbiedernde ruppige Sprache unterstellt, es gebe einen Widerstand, gegen den man hier anliefe.
"Man spricht jetzt mit einem Menschen, der es offenbar ernst meint mit dem Schutz der Ressourcen, der deutlich nachdenklicher ist, als die Bücher, die er schreibt. Dort heißt es aber: "Weitverbreitete Leiden wie Sodbrennen, Erkältung und Erschöpfungszustände lassen sich mit gesunder Ernährung vermeiden." Warum also musste so ein Buch geschrieben werden? "Es musste gar nicht geschrieben werden, der Verlag und meine überaus engagierte Lektorin kamen auf mich zu", sagt Jaenicke. Womöglich ist das ein Skandal, den Jaenicke dann im nächsten Buch aufgreifen kann. "Die miesen Buchtricks. Wie die Verlagsbranche die Leser verarscht." Oder so. Es wird sicher wieder ein Knüller."