Samstag, August 27, 2016

Trump Anhänger: Im Meer des Schrott-Wissens und Polit-Porno

"Trump, who says he doesn’t read much at all, is both a product of the epidemic of ignorance and a main producer of it. He can litter the campaign trail with hundreds of easily debunked falsehoods because conservative media has spent more than two decades tearing down the idea of objective fact. (...) But what you don’t know really can hurt you. Last year was the hottest on record. And the July just passed was earth’s warmest month in the modern era. Still, Gallup found that 45 percent of Republicans don’t believe the temperature. We’re not talking about doubt over whether the latest spike was human-caused — they don’t accept the numbers, from all those lying meteorologists." (Timothy Egan, New Yok Times)
Im laufenden US-Präsidentschaftswahlkampf zeigt sich die seit Jahrzehnten laufende Spaltung in Rechtskonservative, Rassisten, Klimawechselleugner auf der einen und normalen Leuten auf der anderen Seite.

Die erstere Gruppe wird von einer Phalanx an Radiosendungen und TV-Magazinen mit aggressiven Meinungen, Behauptungen und Horrorszenarien aufgeputscht, so dass die Menschen, die diese Quellen als einziges Tor zur Welt nutzen, tatsächlich glauben, dass ihnen "ihr Land weggenommen wird", alles immer schlechter werde und das Ende aller Zeiten bevorstehe.

Mit dieser Vision des nahenden Endes und der unmittelbar bevorstehenden Vernichtung der eigenen Welt, dem Ende der "guten alten Zeit", der Verlotterung "der Werte" wird eine Bunkermentalität protegiert, die das Individuum eher dazu motiviert, sich mit "Gleichen" in eine Wagenburg des "wir" zurückzuziehen und diesen Prozess als Verteilungskampf zu sehen, in dem die eigenen Felle gegen die als unberechtigt empfundenen Ansprüche "der Anderen" zu verteidigen.

Wer mental sich mit Vorräten ausstattet, um sich auf eine Insel des "Wir" zurückzuziehen ist nicht dafür zu gewinnen, gemeinsam darüber
nachzudenken, wie das Land verbessert, vorhandene Systeme wie Bildung, Gesundheit,
Wirtschaft mit einem angemessenen Interessenausgleich weiterentwickelt werden könnten
- und dazu auch die Bereitschaft aufzubringen, auf eigene Vorteile und liebgewonnene Bequemlichkeiten zu verzichten.

Diese Menschen können auf eine Armada von Hassmedien zurückgreifen, die sie auf einem
konstinuierlichen Hass- und Erregnungslevel halten. Flagschiff der Medienhassfabriken ist der TV-Sender FOX. Neben vielen Formaten und Programmen, zu denen durchaus so anarchisch-progressive Sendungen wie DIE SIMPSONS gehören, beherbergt der Sender mit SEAN HANNITY ein nach seinem Gastgeber benanntes Format. Im Look eines politischen Magazins ist es ein im Ton seriöser daherkommendes Paranoia-Format, das gegen alles, was liberal, sozial oder progressiv wirkt, wettert.

Ihren Gipfel erreichen dieses Hass-Medien derzeit. Es ist, als errege sich der rechte US-Sozialkörper
mit Porno in Form von Hassnachrichten, aufpeitschenden Nachrichten über die vermeintliche Zerstörung des Landes durch "eine liberale Agenda", stimulierende Hass-Äußerungen von Leuten wie Donald Trump, Bildern von Ku Klux Klan, zum Hitlergruß ausgestreckten Armen. Mit pulsierenden Adern auf der Stirn rubbelt dieser rechte Mob immer angestrengter und aggressiver seinen bis über die Schmerzgrenze errigierten Hass-Penis mit der Hoffnung, im November zum Höhepunkt kommen auf das eroberte Präsidentenamt abspritzen zu können. In dem Sinne lässt sich die Soße aus FOX-Beiträgen, dem Social Media Sturm, den Bildern, Songs, Kommentaren in sozialen Netzwerken usw. als Porno verstehen: Material zur Selbst-Erregung. Und FOX als Polit-Porno-Kanal.Und wenn man versteht, dass FOX nicht Nachrichten, sondern Porno bringt, lässt sich auch verstehen, wie erwachsene Menschen auch noch die haarsträubendsten Dinge sagen, rechtfertigen und erläutern können, ohne rot zu werden. Es ist eine apokalyptische Orgie, bei der alle einander an ihren Erregungsorganen manipulieren.

Es stehen einem wirklich die Haare zu Berge, wenn noch die schlimmsten Entgleisungen, die peinlichsten, mit dem limiterten Vokabular eines 8.Klässlers gehaltenten "Reden" von diesen "Surrogates" gelobt, gerechtfertigt oder "erläutert" werden. Unlängst zerlegte Polit-Comedy-Ikone John Stewart HANNITY in einem Gast-Segment der Late Show mit Stephen Colbert.

Beispielhaft kann der abgehalfterte TV-Darsteller Scott Baio genommen werden. Der ehemalige Schauspieler hatte auf Einladung Donald Trumps eine Rede auf dem Parteitag der Republikaner gehalten. In einem Interview erklärte er, dass er diese Rede (natürlich) in der Kirche geschrieben habe. Die Journalistin konfrontierte ihn mit einem Bild, dass er über Twitter versendet hatte. Auf dem Foto ist Hillary Clinton vor einem Plakat zu sehen, bei dem sie einen Teil der Buchstaben so verdeckt, dass nur die Buchstabenfolge "C --- UNT" (Fotze) zu lesen ist. Unter dem Foto steht "Hier fehlt zwar ein Buchstabe, aber was soll's?" Baio hatte das Foto mit dem eigenen Kommentar "Das beste MEME aller Zeiten" veröffentlicht.



Als die Journalistin Baio mit Blick auf das Posting fragt, ob er sich das auch während eines Gottesdienstbesuchs ausgedacht hätte, stammelte Baio, dass er das Bild nicht beleidigend gemeint habe, es ohne Kommentar hochgeladen habe ("I just put it out there..."). Wer darin eine Beleidigung sehe, sei dafür selbst verantwortlich.


Baio ist nur ein Freak-Beispiel dafür, wie sehr die Menschen, die seit Jahrzehnten in der Welt des Talkradio und der Obama-Hass-Rhetorik leben. In dieser Welt bekommen diese Menschen permanent erzählt, dass ihnen "ihr Land weggenommen" werde und "die Regierung" ihnen ihre Waffen nehmen und sie zwingen und unterdrücken werde (so dass die Idee einer allgemeinen Krankenversicherung als Unterdrückung und nicht als Fortschritt gesehen wird). Sie, die sich für normal halten, fühlen sich an den Rand gedrückt, wenn Minderheiten ihre Rechte durchsetzen, wenn von ihrem Normverständnis abweichende Lebensstile vom Mainstream anerkannt werden und dies auch in der Rechtsprechung reflektiert werden soll. 

Diese Menschen, die sich heute hinter dem Banner Trumps sammeln, haben sich in ihrem Parallel Universum eingerichtet, immun gegen alle Informationen, die das eigene Weltbild in Frage stellen (könnten). Verschlossen für jedes Diskursangebot, für den demokratischen Wettbewerb der Argumente.

Denn diese Menschen sind nicht an einem Diskurs interessiert, da sie sich im Besitz "der Wahrheit" wähnen. Damit entsteht automatisch das Lagerdenken von "wir" und "denen". Wir haben die Wahrheit und "die Anderen" bedrohen diese Wahrheit. Die anderen sind automatisch in der Unwahrheit. Entweder weil es Einfaltspinsel sind die die Märchen der Lügenpresse glauben oder wei sie vorsätzlich das Land, die Rechtschaffenen, die Werte usw. kaputtmachen wollen - und also "böse" sind.

Mit dieser Sicht ausgestattet, erleben die Menschen, die sich in dieser Wahrnehmungswelt befinden, die Vorschläge, Argumente, Fragen und Kritik  "der Anderen" nicht mehr als Wettbewerb der Argumente, sondern in einem mit pathos aufgeladenen 


Teilnahme am Diskurs setzt voraus, dass man dem anderen das Recht zur Bestreitung der eigenen Position einräumt und dass man sich dem "zwanglosen Zwang" des besseren Arguments, wie Jürgen Habermas es nennt, unterwirft. Das setzt aber voraus, dass die Teilnehmer an einer Diskussion sich an Vernunft und Argumenten orientieren - und nicht per se der Meinung sind, im Besitz einer objektiven Wahrheit zu sein.

Wer dies glaubt, ist erstens für eine Diskussion nicht zu haben (weil das Ergebnis jeder Diskussion immer nur die Bestätigung der eigenen Ansicht sein kann und darf) und hält
zweitens jeden, der abweichende Argumente vorträgt oder das eigene hermetische Weltbild in Frage stellt, nicht für einen politischen Gegner, weltanschaulich Andersdenkenden - sondern für einen Feind. Den Feind der (eigenen) Wahrheit. Daraus resultiert ein Gefühl der Bedrohung, der Aggression und Angst - und die Bereitschaft, den anderen zu vernichten. Eine heikle Situationen in einem Land, in dem Waffen derart leicht zugänglich sind.

Man muss sich fragen, wie damit umzugehen ist? Wie mit Menschen reden, die für ein Gespräch nicht zu haben sind?