Soeben hat das Erzbistum Berlin einen Gedenkgottesdienst in der Hauptstadt zu Ehren des verstorbenen ehemaligen Ministrpräsidenten und wegen seiner Rolle in der Nazizeit umstrittenen Hans Filbinger abgesagt. Frank Schirrmacher schreibt in der FAZ , Günther Oettinger habe mit seiner als Entschuldigung gemeinten Erklärung "alles nur noch schlimmer gemacht. Er sieht anscheinend nicht ein, was das Anstößige an seiner Entgrenzung des Begriffs der NS-Gegnerschaft ist: dass keine innere Haltung die tatsächliche Handlung ersetzen kann."
Es darf dahinstehen, ob Oettinger von seinem Redenschreiber hintergangen wurde. Der Eindruck drängt sich jedenfalls auf, hier habe ein polemisch geschulter Kopf einmal versuchen wollen, wie weit man gehen kann. Jedenfalls bedient sich die Rede in den historischen Passagen so eindeutig des Vokabulars der Opferbiographien, das von einem „Missverständnis“, wie Oettinger mutmaßt, keine Rede sein kann. Hier wird von einem „Gegner des NS-Regimes“ gesprochen, der „die schreckliche erste Hälfte des letzten Jahrhunderts . . . erlitten hat“ - und das ist, angesichts der wirklichen Gegner und ihres Leides, tatsächlich eine Erläuterung, zu der, bei allem Drang, die Toten ruhen zu lassen, die Öffentlichkeit nicht schweigen konnte. [...] Das Neue und Berechnende an Oettingers Vorstoß [...] ist, dass er nun die Semantik des Leidens in die Funktionsträger des Verbrecherregimes verlagert - ein Verfahren, das ausgiebig von diesen selber angewandt wurde, noch niemals aber von einem Repräsentanten des Staates bei einem Staatsakt." (Quelle: FAZ)
Sehr schön, wie Schirrmacher Oettingers braves Wirtschaftsschwabenländletum anhand seines treudoofen Verweises auf "die Gebrüder Stauffenberg" zerlegt.
Die Taz (muss sein!) bringt es mal wieder kürzer auf den Punkt "Ich kann alles. Außer Geschichte."