Nach breiter Kritik an seiner Rede aus Anlass der Beerdigung des ehem. baden- württembergischen ministerpräsidenten Filbinger, in der er dessen Verhalten in der Nazizeit bis an den Rand der Tatsachenverdrehung verharmloste, hat baden-württembergs aktueller Ministerpräsident Günther Oettinger sich in einer schriftlichen Stellungnahme erwartungsgemäß kalorienarm entschuldigt.
Der Aufbau des Schreibens zeigt, dass Oettinger entweder nicht verstanden hat, was die Kritik an seinen Einlassungen meinte oder v.a. sicherstellen möchte, dass es ihm in seiner Klarstellung v.a. darum zu tun ist, sicher zu stellen, das der streberhafte Musterknabe sich doch nur nach bestem Bemühen um dem Brauch, von Toten nur gut zu reden, folgend besonders erfoglreich bemüht hat.
Oettinger geht in seinem Schreiben nicht zuerst auf die Kritik ein, sondern erläutert in einem Absatz, der etwas mehr als ein Drittel des inhaltlichen Teils des Schreibens ausmacht, dass die Rede an die Familie und Weggefährten gerichtet gewesen sei und das es
"in unserem Kulturkreis zu den üblichen und angemessenen Gepflogenheiten einer Traueransprache" gehöre, "Verdienste und das Lebenswerk des Verstorbenen positiv zu würdigen und ihm die schwierigen Phasen seines Lebens - ohne sie zu verschweigen - nicht nachzutragen."
Abgesehen davon, dass die Tatsache, dass Oettinger erläutert, dass die Rede v.a. privat gemeint gewesen sei - er war nicht als Günther Oettinger eingeladen, sondern als Ministerpräsident des Landes Baden Württemberg und also handelte es sich um eine öffentliche Rede. Selbst wenn es eine private Rede gewesen wäre - würde dies etwas ändern?
Abgesehen davon also ist es ein Unterschied, einem Verstorbenen "die schwierigen Phasen seines Lebens - ohne sie zu verschweigen - nicht nachzutragen" oder diese ins Gegenteil umzudeuten.
Putzig ist, wie Oettinger im letzten Satz seines Briefes wie in einem streberhaftem Schulaufsatz mit brav aufzählendem Verweis auf vom Mainstream als Beleg für die richtige Gesinnung interpretierte Vorbilder schließt:
"Vorbilder für mich als christlichen Demokraten sind die Männer und Frauen des Widerstandes, wie zum Beispiel die Gebrüder Graf von Stauffenberg."
In diesem letzten Satz fährt Oettinger, again the streberhaft overachiever that he is, alles auf, was als zustimmungsfähige, positive Tags funktioniert: "christlich, Demokrat, Widerstand, Stauffenberg". Richtiger kann man es nicht machen. Vielleicht nur, wenn Oettinger jetzt noch den Nachweis erbringt, selber eigentlich der Gründer der weißen Rose gewesen zu sein.