Gestern den Film "Synecdoche New York" gesehen, Buch und Regie Charlie Kaufman (Being John Malkovich, The Eternal Sunshine of the spotless mind).
Der Dramaturg Caden Cotard (Phillip Seymour Hoffman) glaubt schwerkrank zu sein und nicht mehr lang zu leben. Bevor er stirbt, will er "etwas Bedeutsames" hinterlassen. Zunächst aber verlässt ihn seine Frau (Catherine Keener) mit der vierjährigen Tochter.
Allein zurückgeblieben macht er sich daran, mit dem Preisgeld einer Auszeichnung ein universales Theaterstück zu entwickeln und inszenieren, das "die reine Wahrheit" darstellen soll - und als reinste Art der Darstellung mietet er eine riesige Halle, in der er eine Welt nachbaut und auch die soziale Welt mit ihrer Vielschichtigkeit und Gleichzeitigkeit nachzustellen versucht - einschließlich seiner selbst und seines Versuchs des Theaterstücks: so entsteht ein Theaterstück über die Welt in der er selbst auch als Figur enthalten ist, die ein Theaterstück über die Welt entwickelt, in dem er selbst ... usw.
Hunderte von Schauspielern und Statisten leben, spielen und improvisieren in dieser Truman-Show über Jahrzehnte. Da das Theater das Leben abbilden soll und das Leben permanent stattfindet, kommt auch das Theaterstück nie zu einer endgültigen Fassung und Form, sondern schreibt sich permanent fort, bis die Grenzen verschwimmen - Regisseur und Autor Caden nimmt das Angebot einer Darstellerin an, die seine Aufgabe übernimmt, damit er sich als Figur in dem Stück "ausruhen" kann, was wiederum aber dramaturgischer Teil des Theaterstücks wird. Es dauert Jahrzehnte, die Schauspieler altern, die Welt außerhalb der Theaterhalle ändert sich, es scheinen Bürgerkriegsartige Zustände zu herrschen, die zeitliche Konsistenz scheint sich aufzulösen, bis Caden erkennt: "There are nearly 13 million people in the world. And none of those people is an extra. They're all leads in their own stories. "
Dass diese komplexe Struktur noch verstehbar bleibt, ohne sich jedoch in Erklärungen aufzulösen sondern in der Schwebe zu bleiben, ist dem dramaturgischen Genie von Charlie Kaufman zu verdanken, der mit diesem Regiedebut wie in Eternal Sunshine of the spotless Mind oder in Adaptation wieder einmal eine erzählerische mise en abime erzeugt, bei der nicht klar ist, wo Fiktion und wo Wahrheit anfangen oder aufhören. Oder in David Fincher's "The Game" wo das Theaterstück so total und umfassend wird, dass nicht mehr klar ist, ob man noch in einer Inszenierung ist oder jenseits dessen, oder ob das "jenseits der Inszenierung sein" Teil einer übergeordneten Inszenierung ist.