"Es ist schon verwunderlich, ausgerechnet von Eberhard Sandschneider, dem Leiter des -Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, das abgestandene Argument zu lesen, bei den Menschenrechten handele es sich um »Moral- und Wertvorstellungen des Westens«. Niemand diktiert der Welt ihre Werte – weder der Westen noch die deutsche Außenpolitik. Die Werte wurden in einem beispiellosen historischen Akt 1949 in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen niedergelegt. (…)
Artikel 1 der Erklärung lautet: »Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.« Niemals zuvor hat es eine solche Selbstverpflichtung der Völkergemeinschaft gegeben. Sie folgt der Erkenntnis vom unvergleichlichen Wert eines jeden Menschen. »Die Menschenwürde bildet das Portal, durch das der egalitär-universalistische Gehalt der Moral ins Recht transportiert wird«, so erklärt Jürgen Habermas diese Entwicklung. Ist das die »Moral-ecke«, aus der Sandschneider eine an den Menschenrechten orientierte Außenpolitik herausholen will?
Die Menschenrechte haben neben der westlichen Tradition ihre Wurzeln in allen hochstehenden Kulturen und Religionen der Welt. Nirgendwo wird gebilligt, dass Menschen zur Sicherung staatlicher Macht entwürdigt, gar gefoltert oder totgeschlagen werden. Nirgendwo wird akzeptiert, dass jemand auf einer Polizeistation so gequält wird, dass er nur mit Mühe überlebt – wie das einem chinesischen Künstler widerfahren ist.
(…) Im Laufe der Jahrzehnte haben nahezu alle Staaten der Welt die wichtigsten Vereinbarungen des Völkerrechts zum Menschenrechtsschutz akzeptiert. Wer behauptet, es handele sich allein um Moral- und Wertvorstellungen des Westens, spielt den diktatorischen Regierungen in die Hände, die ihre Unterdrückungsmaßnahmen gern mit Hinweis auf kulturelle Unterschiede zu rechtfertigen suchen. Sicherlich gilt es kulturelle Unterschiede zu beachten, am Kern der Menschenrechte darf jedoch nicht gerüttelt werden." (DIE ZEIT)
In der Filmpalette in Köln läuft derzeit auch der WDR-Dokumentarfilm "Wir wollten die Republik verändern" über Gerhart Baum.