Heute wird Präsident William Jefferson "Bill" Clinton 60 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch! Seine Autobiographie "Mein Leben" ist ein ziemlicher Ziegelstein. Mancher Rezensent beklagte, dass in der unglaublichen Detailfülle die erzählerische Stringenz verloren ginge. In der Tat handelt es sich nicht um Bellitristik.
Clinton beschreibt geradzu mikroskopisch seinen Weg vom Jura-Studenten zum mächtigsten Mann der Welt. Wen aber interessiert, wie amerikanische Politik, amerikanischer Wahlkampf, das Parteiensystem funktioniert, wird hier aus erster Hand bedient. Das mag für Leser, die sich v.a. für Oral-Sex interessieren unerträglich langweilig sein.
Auch die Masse an Namen von Wegbegleitern - seien sie auch noch so marginal - mag die Ausdauer strapazieren. Aber es ergibt sich ein nahtloses Bild, wie Clinton an die Spitze gekommen ist. Die Beschreibungen der Auseinandersetzungen mit Kenneth Starr sind atemberaubend. Man kann sich des ohnehin durch die Berichte um die Verstrickungen der Bush-Administration (Stichwort Cheney/Halliburton) vorhandenen Eindrucks, es mit Eiferern zu tun zu haben, nicht erwehren, das hier regelrechte kriminelle Energien, pathologischer Hass auf liberale Ideen, oder - um es mal pathetisch zu sagen - die Mächte des Bösen am Werke sind.
Anyhoo - Bill Clinton "Mein Leben" ist ebenso spannend wie empfehlenswert.
Wer auf den Geschmack kommen will, dem sei Mike Nichols hervorragender Film PRIMARY COLOURS empfohlen. basierend auf dem gleichnamigen Roman des Clinton Wahlkampfhelfers Joe Klein beschreibt Primary Colours den Wahlkampf Clintons bei den Vorwahlen um die Kandidatur der Demokraten für den Presidentschaftswahlkampf 1993. John Travolta und v.a. Emma Thompson spielen kolossal.