Apropos Emsdetten: Während "die Medien" dieses mittlerweile altbekannt zu nennende Thema Amoklauf/ Computer- spiele (man müsste sich mal die Mühe machen, Themen-Cluster zu bilden oder eine Top-Ten der zyklisch auftauchenden Medienberichter- stattungsthemen zu erstellen und zu analysieren, wie routiniert und gleichförmig über diese Themen - Wahlabend, Amoklauf/Computer- spiele, Schmiergeldaffaire, usw. - berichtet wird, um dann zu analysieren, inwiefern die Berichter- stattung und das Agieren und Kommunzieren der in der Berichterstattung handelnden Per- sonen die Wirklichkeit selbst wiederum beein- flusst.) nach dem bekannten Strickmuster be- und verarbeiten (O-Töne von Augenzeugen, Bürgermeister, Schulkameraden, aktuelle Schwerpunkte mit zugeschalteten "Experten", Medienwirkungsforschern, Psychologen, Pädagogen und - unvermeidlicherweise - auch Politikern), widmet sich der Spiegel wie üblich der harten journalisistischen Arbeit und informiert uns in einer unaufgeregten, dem Boulevard entgegengesetzten, allein an der Information interessierten Überschrift: "Amoklauf tötete sich mit Schuss in den Mund". Aha.
Der 18-Jährige hat sich nicht das Leben genommen, umgebracht oder (wenn man es denn logistisch präziser haben will) erschossen. Nein, er hat sich in den Mund geschossen! Und zwar "mit einem 15-Millimeter-Vorderlader"!! Soso. Es gibt eine gewisse Vorliebe von Medien an Details, mögen sie noch so krude sein, die Informiertheit, Eingeweihtheit, Fachkompetenz suggerieren. Gerade im Umfeld von Berichten rund um das Militär findet sich z.B. immer wieder ein Jargon, in den Männer wie Rudi Scharping, Peter Struck, Joseph Fischer gerne verfallen (sind). Implementierung, Quick-Response-Kräfte, Task-Force, die Geheimniskrämerei um die Einsätze der KSK. Richtiger große-Jungs-Kram.Da kann man ganz seine Informiertheit und Unaufgeregtheit bei eigentlich gaaaaanz heiklen Themen beweisen. Ein Genre das man auch als Peter Struck Genre bezeichnen kann "Das ist zwar total wichtig und eigentlich aufregend, aber für mich als erfahrenen, coolen Manager des Außergewöhnlich dann doch so öde, dass ich beinahe einschlafe.."
Geht es dem Spiegel um diesen Eindruck einer coolen, auf logistische Details fixierten Informiertheit oder doch eher um den Schauer- und Gruseleffekt, den diese, auf dieVorstellung des in der Überschrift beschrieenen Anblicks abzielende Information bewirkt? Nur BILD würde weiter gehen und das Foto des toten Amokläufers bringen. In der Berichterstattung zum Amoklauf von Emsdetten erfreut uns SPIEGEL Online mit redundanter und
Es wird deutlich: Der Stil hat Methode. Spiegel-Online setzt immer wieder auf quotensteigernde Effekte in Text und Bild, wie man es eigentlich nur vom Boulevard kennt (sei es, dass der Stern JEDES Thema mit einer nackten Frau auf dem Titel umsetzt, sei es, dass Bild immer im Zweifel für die Publikation votiert). So zeigte Spiegel-Online vor Monaten Bilder von der Leichenschändung in Falludscha.