Gestern im Stadtgarten, Köln. Angesetzt ist ein Konzert von nichtvordenkindern und der Franck Band. Es ist erschütternd sich selbst den Satz ins Telefon sprechen zu hören, als man den Freund für den Konzertbesuch zu gewinnen versucht: "Nichtvordenkindern sagt mir nix aber die Franck Band habe ich vor 13 Jahren mal Live gesehen und das war ziemlich gut..." Vor 13 Jahren! Ja, solche Zeiträume bewussten Erlebens können nun mnemotisch erschlossen werden, aber egal: "Franck Band...die machen so abgedrehten Jazz/Funkmit Zappa-esken Arrangements und atonalem Tralala. Der Bassist ist der Fischer Claus, wahnsinns Funk-Machine, mittlerweile known as the Ehemann of Anke Engelke, der Gitarrist Werner Neumann macht bei seinen Soli ein Gesicht wie Beaker aus dem Muppet-Labor und ist Prof an der Musikhochschule Köln. Hinrich Franck, Tastenmann und Beandleader macht lustige Texte und trägt diese in einer Weise vor, dass man geneigt ist, Herbert Grönemeyer als Sänger zu bezeichnen.
Jedenfalls fand man sich also im gemütlichen Ambiente des direkt unter dem Stadtgarten befindlichen Studio 672 ein. Das Budweiser genießend trudelte das erwartbare Publikum ein: Musikstudenten mit ihren Instrumentenkoffern, Brillen in den Versionen "flippig" (eckig, knallbunter Halbrahmen, viel zu klein oder viel zu groß) oder "Jazz" (dicker schwatter Rahmen) . Der Meister setzte sich mit seinem Trio nichtvordenkindern ans Werk und brachte drei Stücke zu Gehör. Im Anschluss erklommte eine junge Dame mit Akustik-Gitarre die Bühne, die mit ihrem grünen, karierten Woll-Jacket ohne Weiteres als Au-Pair-Mädchen von Ursula von der Leyen durchgehen würde.
Amy Antin, gebürtige Amerikanerin, begann ihr Set mit dem Versprechen, "nur 3 Lieder und eine Zugabe" spielen zu wollen, verlangte zugleich aber auch im Ton einer strengen Gouvernante dem Publikum angemessene Ruhe und Aufmerksamkeit ab und bescheinigte nach jedem extensiven, stimmschwachem Vortrag Cowboy Junkies-esker Ereignislosigkeit mit der kalorienarmen Ironie einer KJG-Mädchen-Guppenleiterin dem Publikum "Ihr hört so schön zu...". Das Publikum störte sich nicht groß und unterhielt sich prächtig - miteinander. Klatschte aber am Ende jedes Stückes brav und fleißig. Nicht das Mutti böse wird!
"Bekannt ist sie u.a. für ihre wunderschönen Songs, in denen sie sich augenzwinkernd und hintersinnig mit den Berg- und Talfahrten des Lebens beschäftigt. Dass Amy Antin jenseits des Pop-Mainstreams eine Klasse für sich ist, hat sie aber nicht nur in zahllosen Solo-Konzerten unter Beweis gestellt, in denen sie nur ihrer Akustikgitarre braucht. "
Wenn irgendwo "augenzwinkernd" und hintersinnig" draufsteht, weiß man, dass man sich in einer ironiefreien Zone befindet, wo alles anzutreffen wahrscheinlich - außer Hintersinn. Amy war Gast von Hinrich Franck und widmete ihm auch ihren Vortrag. Als eine Bandformation nach der anderen für wenige Stücke die Bühne erklomm, dämmerte, dass man sich auf einer als öffentliches Konzert getarnten, privaten Geburtstagsparty befand. Eine Gruppe Studierender gab herrlich laut mit formidablem Gebläse Franck-Band-Musik zum Besten, Werner Neumann spielte mit einem augenrollenden Frontmann Rock. Der Abend ging mit Sicherheit noch lange, aber irgendwann muss jeder mal ins Bett.