"In der Moral eines Unerhaltungskünstlers muss nur eines Priorität haben, das Wissen nämlich, dass die Leute, die gekommen sind, ernsthaft bedient werden wollen." Falco, zitiert nach BvSB
Zum Glück versteht Samuel L. Jackson nicht, was da passiert, so wie er da im Publikum bei der Bambi-Verleihung sitzt, obwohl man sich vorstellen kann, dass sich auch einem nicht des Deutschen Geläufigen erschließt, wie weit entfernt von Humor und Kurzweiligkeit deutsche Unterhaltung - in ihrer verschärften Form: Fernsehunterhaltung - angesiedelt ist.
Harald Schmidt moderiert mit der ironie- und witzfreien Sprödheit eines biederen Wärmflaschenvertreters in einem Herforder Altenzenheim und arbeitet brav die einzelnen, vom Zentralkommitee für Humorverhinderung (Auch bekannt als Redaktion) ihm zusammengestellten Punkte ab, singt allen ernstes ! New York, New York aber eben "Stuttgaaaaart, Stuttaaaaaaaart!" Hihihi ... die Kleinbürgerlichkeit der schwäbischen Streberprovinz konfrontiert mit der mondänen Grandezza von Old Blue Eyes Hymne - DAS erzeugt Komik vom feinsten. So denken Redakteure, die die Konzepte für "große Fernsehunterhaltung" entwickeln, in denen allen Ernstes Roberto Blanco und Tony Marshall immer noch und immer wieder eine Rolle spielen. So erkennt man hinter den muffigen Moderationen deutlich die Konstruktionslinien des eigentlich gemeinten, gewünschten Effekts. Das Gegenteil von lustig ist lustig gemeint. Immer deutlicher lässt Harald Schmidt raushängen ("Ichfinde, Frau Harms sieht gut aus, ich freue mich jedes Mal, wenn ein Foto von ihr in der Zeitung ist oder sie in den Tagesthemen erscheint. Sie ist irgendwie mein Typ. Wie ich diese Sache betrachte, daran können Sie ungefähr ablesen, wie ich derzeit drauf bin."), dass er nicht, wie lange Zeit vom Feuilleton rezipiert, der Ironiker ist, der sich in die Niederungen des Trivialen begibt, um dessen Funktionsweisen zu dekonstruieren, sondern, dass er sich als Schauspieler auf dem Traumschiff ganz unironisch recht wohlfühlt.
Sein HeinzSchenkTonyMarshallRudiCarellusw.-Lob ist ehrlich gemeint. Das scheint eine Alterserscheinung zu sein - wie die Begeisterung für Country-Musik und schlechte Kleidung.
Eva Padberg zeigt, was die Aufgabe des Models ist: Gut aussehen. Und schweigen. Was sie nicht tut, denn sie ist die Co-Moderatorin. Das man sich aber darüber mokiert, dass sie den ein oder anderen sprachlichen Aussetzer hat ("Vielen Glückwunsch") ist mal wieder typisch Streberdeutsch.
Oliver Kahn im Publikum macht es richtig: Er lacht nicht. Er klatscht nicht. Er amüsiert sich sichtlich nicht.
Wunderbar aber, wie Karl Lagerfeld länger als die Musik brauchte um zum Mikrophon zu stolzieren und stoisch die letzten Meter in Stille zurücklegte. Hätte er doch nur aus Jux ein paar Ehrenrunden um das Pult gedreht, um die awkwardness zu dehnen! Man fieberte regelrecht mit, als man in der vibrierenden Stimme der barocken Erscheinung mit notorischer Sonnebrille ehcte Nervosität zu erkennen meinte und beglückwünschte Lagerfeld zu seiner wunderbaren Art, sich um Kopf und Kragen zu labern. Wenn Lagerfeld spricht schweigt die Logik. Groß.
Der Bambi erweist sich aber wieder mal als ein willkürlich zusammengewürfelte Zusammenkunft all derer, die in irgendeiner Weise Prominenz für sich reklamieren dürfen.
Die Auszeichnungen rekrutieren sich scheinbar nach Verfügbarkeit der Auszuzeichnenden. Die Biederkeit der Webseite spricht für sich.
http://www.bambi.de
[Ergänzung 1-12-2006 Der Text bei sueddeutsche.de zur Bambi Verleihung ist in erstaunlichem Schülerprosa gehalten. Hingegen die Bildunterschriften echter Rock N Roll sind]
Manchmal kommt sogar Schönheit aus München in der Online-Ausgabe der Faz