Sonntag, Dezember 31, 2006
Le Zitat de Jour
Mitch Hedberg
Bleibt alles anders
Als prototypisches Beispiel der Arbeitsweise von Morgen jenseits der Festanstellung , sondern im Schwarm eines losen Zusammenschlusses von Akteuren, die sich mit ihren je spezifischen Fähigkeiten immer nur für die begrenzte Dauer eines Projektes zu einem Team zusammenschließen, um danach in das über mehr oder weniger verbindliche Kommunikation sich konstituierende "Netzwerk" abzutauchen, wird die ZIA, aus deren Umfeld das Konzept der "digitalen Boheme" sich rekrutiert, angeführt. Soweit so Trend.
Die Behauptung des Artikels und der "Trendforscher" (Ist dies nicht ein Widerspruch in sich? Ist nicht die Einrichtung eines Büros, einer Webseite, das Anbringen eines Klingelschildes, Bedrucken von Visitenkarten, also die Institutionalisierung das allen Trends genau Entgegengelegene? Treibt sich Mathias Horx in hippen Undergroundläden herum und trifft sich mit immerjungen Informanten, die ihm die neuesten, in den Clubs - denn diese werden immer noch als die Orte, an denen Trends entstehen, bzw. dargestellt werden unterstellt - zirkulierenden Themen zuraunen? In dem Moment, in dem ein Trend als Trend erkannt, benannt und deklariert wird, hört der Trend auf Trend zu sein und beginnt der Prozess der, entlang der Kommunikationskette zunehmend industrialisierten Vermittlungskette, die am Ende in totale Verarbeitung und Verramschung umschlägt. Ist es also nicht eher so, dass alles, was das Label "Trend" trägt alles ist nur nicht Trend, was ja immerhin auch eine Art Orientierung gibt..): "Sämtliche Tätigkeiten, die sich wiederholen lassen, werden über kurz oder lang an Maschinen delegiert oder ins Ausland verlagert. In Hochlohnländern verbleiben allein Tätigkeiten außerhalb von Routine. Damit wächst der Bedarf an kreativen Wissensarbeitern erheblich. Die Kernbelegschaften der Unternehmen schrumpfen, die flexiblen Randbelegschaften gewinnen an Bedeutung. Projektarbeit nimmt zu. Die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit verschwimmen zunehmend."
Das Typische an diesen Analysen ist aber nicht deren Erkenntnis, sondern der Vorgang, dass die - zumeist studierten - Autoren solcher Artikel ihre, aus der Selbstbetrachtung und ihrem Umfeld sich rekrutierenden Ansichten, verallgemeinern und ihr Ego derart aufblasen, dass sie ihre privaten Erfahrungen für ein autentisches Abbild gesamtgesellschaftlicher Entwicklung halten und in der Tatsache, dass sie selbst mit 35 noch nicht verheiratet oder Eltern sind, ebenso Trends erkennen, wie in dem Umstand, dass sie freiberuflich tätig sind oder einer Beschäftigung nachgehen, die sie v.a. mit dem Laptop und auch zu Hause erledigen (können).
Dabei wird immer wieder vergessen, dass es nicht nur magisterstudierte, laptopbewehrte, kulturproduzierende Kaffeehausbesucher, Blogger, Webagenturmitarbeiter, Werbetexter, Stadtmagazinteilzeitautoren, Onlineredakteur, usw. gibt (Siehe hierzu den Text MEINE ARMUT KOTZT MICH AN von Zitty-Chefredakteurin Mercedes Bunz), sondern auch nach wie vor Friseusen, Dachdecker, Fliesenleger, Taxifahrer, Gärtner, Stewardessen, KFZ-Meister, etc. die alle nach ihrem Schulabschluss eine Ausbildung absolviert haben, mit Anfang/Mitte 20 ihren Beruf ausübten, mit Ende zwanzig verheiratet, sehr bald danach Eltern und Anfang/Mitte 30 Hausbesitzer waren.
Immerhin dokumentiert der Artikel auch die Gegenentwicklung und Gegenwirklichkeit des hohen Liedes der Flexibilität, befristeter Verträge und projektierter Bindungen von Arbeitnehmern. Letztlich übersehen die Arbeitgeber nämlich, dass, wenn sie die Unverbindlichkeitsschraube ihrerseits überdrehen, die anfänglich zunehmende Abhängigkeit (und also Regierbarkeit z.B. in Richtung sinkender Löhn bei steigernder Arbeitszeit etc.) der Arbeitnehmer umschlagen kann in eine Abhängigkeit der Unternehmen von diesen Freelancern.
Die Unverbindlichkeit des Beschäftigungsverhältnisses hat nur solange sanktionierende Wirkung auf die in diesen prekären Verhältnissen Beschäftigten, solange diese an die Möglichkeit der Verfestigung des Beschäftigungsverhältnisses durch gute Leistung glauben, bzw. solange diese Vorstellung ihnen als real erreichbar simuliert wird. Das Medium mit demdie Arbeit-geber ihre Angestellten regieren und zur Hinnhahme immer prekärer werdender Bedingungen zwingen, ist Angst. Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, die Vermutung, dass es, wenn man sich bestimmten Bedingungen (längerer Arbeitszeiten, Lohnkürzungen, etc.) verweigert, es immer andere geben wird, die bereit sind, diese Bedingungen anzuerkennen.
Mit diesem Mittel operiert eine Gruppe Politiker, Wirtschaftslobbyisten und anderer Meinungsmacher, die mit Angst - vor der Globalisierung, der internationalen Konkurrenz, der Überalterung, der Marktfähigkeit, zu hohen Lohnstückkosten, etc. - und mit der Lancierung volkswirtschaftlichem Halbwissens in die öffentliche Debatten die Bevölkerung sturmreif geschossen haben, bis sie die weiße Fahne schwenkt und alle "Reformen" genannten Zumutungen kritik- und protestlos hinzunehmen bereit ist.
Haben die Angestellten aber einmal begriffen, dass auch hervorragende Leistung, Qualifikation, jahrelange Zugehörigkeit oder das freundschaftliche Duzen des Direktors nicht vor Kündigung schützt, schlägt das Abhängigkeitsverhältnis um und ergibt sich für den sich ohnmächtig Erlebenden die Möglichkeit der "Entunterwerfung".
Der Arbeitnehmer bindet sich nicht mehr an das Unternehmen und versteht sich von vornherein als befristeter Besucher. Seine Loyalität gilt seinem privat verwaltetem Netzwerk und sich selbst. Das Unternehmen, in dem er tätig ist, ist ein Platz, auf dem er sich befristet aufhält. Das Bedeutet, das die Abhängigkeit - jedenfalls im Beschäftigungssegment Hochqualifizierter - sich umkehrt: Unternehmen müssen sich bei ihren Angestellten bewerben. So ist es für amerikanische Spitzenuniversitäten selbstverständlich, dass sie sich bei hervorragenden Absolventen bewerben, ihn zu Gesprächen einladen, um sich ihm präsentieren zu können. Die Institution bewirbt sich beim Studenten, weil sie weiß, das den Besten immer alle Optionen offen stehen. Im autoritätsverliebten Deutschland wirkt nach wie vor ein Patronatsverständnis väterlich fördernder Karriereermöglichung nach Gutsherrenart, für die im Wechsel Loyalität und Dankbarkeit eingefordert wird. Dieses berufsbiographische Prinzip des 19. Jahrhunderts funktioniert in der digitalen Moderne kaum. Die bislang immer eher als die Arbeitnehmerschaft disziplinierendes Schreckgespenst behauptete internationale Konkurrenz, (oder flaue Konjunkturlage etc. also die Illusion, die Arbeitgeber säßen an der Stellschraube "Arbeit", die sie mit sorgenvoller Miene) mit der der heimische Nachwuchs zu Spitzenleistungen unter scharfen konkurentiellen Bedingungen angespornt werden sollte, sucht nun die biederen Verbandsfunktionäre heim.
Wenn ein Unternehmen seiner Belegschaft permanent mitteilt, dass ihre Anwesenheit im Unternehmen immer nur auf Abruf besteht, dass Erfolge und gute Leistungen, selbst wenn diese honoriert werden, nicht notwendig in Zusammenhang mit einer fortgeführten Beschäftigung stehen, verändert dies mittel- und langfristig die mentalen, habituellen Einstellungen der Beschäftigten, die sich fortwährend gegen die Behauptung des Unternehmens der Nichtnotwendigkeit ihres Beschäftigung stemmen müssen.
Das Unternehmen stellt die Prüfung der Möglichkeit/Notwendigkeit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf Dauer. Dabei überschätzen die Unternehmer ihre Bedeutung als "Arbeit-geber".
Denn umgekehrt wird ein Arbeitnehmer der seine Beschäftigung als befristet und tendenziell gefährdet weiß, sich per se mit Blick auf die Trennung vom Unternehmen hin organisieren und seinerseits in Alternativen denken. Das Unternehmen wird dann als Feld zum Erwerb und zur Maximierung eigener, berufsbiographisch umsetzbarer Kompetenzen und Erfahrungen mit Blick auf verbesserte Anschlussmöglichkeit für folgende Beschäftigungsverhältnisse gesehen und (aus)genutzt. Dabei geht es dem Arbeitnehmer darum, Zugang zu Aktions- und Tätigkeitsfeldern zu bekomen, die es ihm ermöglichen "Premiumkompetenzen" zu erwerben, die ihm im Folgenden die Möglichkeit bieten, sich am Vergabe-Wettbewerb um höherwertige Aktions- und Tätigkeitsfelder zu beteiligen.
Um es begrifflich etwas aufzublasen: Der ent-täuschte Arbeitnehmer, d.h. derjenige, der die Vorstellung, durch eigene Leistung seine Beschäftigungssituation stabilisieren zu können, als Fiktion und Täuschung erkannt hat, wird in dieser Erkenntnis frei. Frei von der Angst vor Entlassung, die als Damoklesschwert auf Dauer über ihm schwebt. Mit der Einsicht, dass der Arbeitgeber ihn per se als austauschbares Objekt betrachtet, weil es ein Heer an Alternativen gibt, wird das Beschäftigungsverhältnis bzw. das Unternehmen für den Angestellten zur Alternative.
Dadurch entsteht die ironische Situation, dass je besser, erfahrener, kompetenter ein Mitarbeiter wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser für andere Unternehmen attraktiv(er) wird und also die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass er das Unternehmen verlässt und das Unternehmen also gezwungen ist, das prekäre Arbeitsverhältnis zu stabilisieren, also genau das Gegenteil von dem zu tun, was ursprünglich angestrebt wurde.
"Wirkliche Exklusivität erhalte nur, wer Mitarbeiter an sich bindet. [...] Es fragt sich allerdings, wie ein Unternehmen die Mitarbeiter, die es wirklich braucht, künftig an sich binden soll. „Ein Unternehmen braucht neben den hochqualifizierten Kreativen auch Mitarbeiter, die den Kulturkern des Unternehmens stabilisieren“, sagt Scholz. Also Leute, die sich sehr stark mit dem Unternehmen identifizieren, alte Geschichten erzählen können und somit identitätstiftend wirken.
Denn sonst würden die Fliehkräfte so stark, daß sie das ganze Unternehmen zerlegen könnten. „Die hochspezialisierten Experten brauchen das Unternehmen nicht, sie können überall arbeiten. Und die flexible Randbelegschaft ist per se nicht sehr stark an das Unternehmen gebunden.“"
So entwickelt das Subjekt eine andere "Gouvernementalität" (Foucault) womit nicht nur die
Regierung eines Staates durch Politik, sondern auch und v.a. die vielfältigen Form der Fremd- und Selbstführungstechniken gemeint sind. Der Agent seiner selbst wird selbstbewusster gegenüber dem Unternehmen anbieten, das wieder mehr als Arbeitszeit- bzw. Arbeitsfähigkeitsnehmer wahrgenommen wird.
Der ganze Artikel Die Zukunft gehört den Einzelkämpfern in der Online-Ausgabe der FAZ.
p.s. Irgendwann soll bitte mal ein Germanistikseminar eine Typologie des Journalismus entlang der Sektionen Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien, Sport und den in diesen Sparten vorkommenden Artikeln analysieren, um die typischen inhaltlichen und sprachlichen Zutaten für die in den Ressorts typischerweise auftauchenden Artikeln zu bennenen und ein Journalists-Cookbook zu erstellen.
So muss in einem Artikel zum Thema "Zukunft der Arbeitsgesellschaft" vorkommen: Informationstechnik (wahlweise: Informationstechnologie, Web 2.0), Nomaden, Legionäre, Söldner, seriell, Trend, Trendforscher, Trendbüro, Netzwerk, Cluster, Freizeit/Arbeitszeit, Selbstunternehmer, usw.
In Zeitungen lesen wir also nicht, was neu ist, sondern, was als Idee längst zirkuliert und ausreichend ventiliert worden und also anschlussfähig ist und von der Mehrheit der Leser verstanden wird. Denn es geht nicht um die Entwicklung des neuen, sondern das Abnicken des Bekannten, die sanfte Anreicherung bekannter Themen mit neuen Ideen, Begriffen.
Samstag, Dezember 30, 2006
Me, Myself and I
Während die Sprecher der Tagesschau angenehm als neutrale Vorleser von Nachrichtentexten erscheinen, kommentieren sowohl Steffen Seibert als auch Petra Gerster durch eine die Nachrichten tendenziös kommentierende Sprache (die nicht selten weit jenseits des Normdeusch angesiedelt und vermutlich verschmitzt gemeint ist: "das war wohl nix, dachte sich..."), Betonung (Seibert arbeitet hier mit seinem eingebautem Lautstärkeregler) und Mimik (Während Gerster ihre Scheinwerferaugen je nach DAS-kann-ja-wohl-nicht-wahr-sein-Faktor weiter aufreißt juckelt Seibert auf seinem Drehstuhl hin und her, als sei er halsabwärts von einem karibischem Dämen bessesen). Da freut man sich regelrecht auf die Wetteransage.
The Departed
Jack Nicholson ist erkennbar zu sehr damit beschäftigt eine überdrehte Mischung seines Teufels aus DIE HEXEN VOM EASTWICK und dem JOKER zu geben, aber was soll's. Als er zu Beginn ein Päarchen abknallt, die Frau auf ihren Mann fällt und er sagt "She fell funny..." - Das ist schon groß.
Auch schön wie Alec Baldwin lustvoll den feisten Bullen als grobstschlächtigen Polier gibt und Matt Damon zünftig anprollt: "I'm gonna go have a smoke right now. You want a smoke? You don't smoke, do ya, right? What are ya? One of those fitness freaks, huh? Go fuck yourself!"
Die Geschichte, ein Remake des Honkong-Thrillers INFERNAL AFFAIRS dürfte ja bekannt sein: Nicholson spielt Frank Costello, den irischen Paten von Boston, der sich Matt Damon großzieht und platziert ihn als Spitzel in der State Police. Di Caprio wird von derselben Polizeieinheit als Spitzel bei dem Gangsterboss eingeschleust. Interessanter als die Frage, wer wen zuerst entdeckt und hochgehen lässt, sind die Schizophrenien, in die beide hineingetrieben werden.
Eine zeitgeistige Entwicklung hinterlässt auch in diesem Film seine Spuren: Ständig fummelt irgendwer an seinem Handy herum. Jedoch hat das Mobiltelefon in THE DEPARTED eine dramaturgische Funktion. Matt Damon und Di Caprio sind ständig in der Situation, heimlich und unbemerkt das jeweils gegnerische Lager per SMS zu unterrichten. Eine Affaire haben muss dagegen ein Spaziergang sein.
Ironische Botschaft des Films: Die zivilisatorische Errungenschaft, sich an geltende soziale Regeln anpassen zu können, wird den beiden Hauptfiguren zur Ursache von Schlafstörungen und permanenter Windungen. Di Caprios und Matt Damons Figur wirken in ihrer Verstellung, als stünden Sie bei angezogener Handbremse auf dem Gaspedal. Gesund und entspannt sind die,die ihren Trieben freien Lauf lassen, wie das von Mark Wahlberg und Alec Baldwin großartig verkörperte Cop-Duo, das so vulgär, brutal und kompromisslos ist, wie die Gangster, die sie verfolgen (Man erinnere sich an den deutschen Zusatz auf der DVD zu Michael Manns HEAT: "Besessen vom Verbrechen. Getrennt durch das Gesetz").
"Auf der Seite der Schurken wird diese voll ausgelebte Aggression und Sexualität von Nicholson verkörpert. Seit Costello seinen Mitschülern in der ersten Klasse das Taschengeld abnahm, macht er nur noch, was er will - mit Frauen, Drogen, Freunden, Feinden, egal. Nicholson hat hier keine andere Aufgabe als die, der Mann mit den wenigsten verdrängten Problemen der Filmgeschichte zu sein - was er als Hollywood-Legende vielleicht sowieso schon ist. ", wie Tobias Kniebe in der Süddeutschen Zeitung richtig feststellt: "Costello lebt, so seltsam es klingt, in der reinen Wahrheit. Er tut, was er sagt. Er muss nicht lügen. Jenseits aller Moral hat er den Anspruch erfüllt, ein vollständiges Leben zu leben. Dass sich seine beiden ungleichen Ziehsöhne dann auch noch dieselbe - tolle, aber dennoch schwer verkorkste - Frau teilen müssen, während er die halbe Stadt vögelt, ist sein letzter Triumph, der Sieg einer alten Generation von Männern über eine neue, die ihre Identität nicht mehr finden kann. "
Eine Entdeckung des Films sind die Augen von Vera Farmiga. Sie spielt die Psychotherapeutin, die mit Matt Damon zusammenlebt und mit Di Caprio eine Affaire hat mit einer Mischung verletzbarer Fragilität und Entschlossenheit.
Dienstag, Dezember 26, 2006
Hugs!
Ein Mensch steht auf der Straße und trägt ein Schild, auf dem er "Free Hugs, "Kostenlose Umarmungen" verspricht. Die Menschen gehen vorbei und wundern sich erst über dieses komische Schild.
Dazu läuft der überragende SCRUBS-eske Song ALL THE SAME von den SICK PUPPIES. Der Film bleibt schwarz/weiß, bis die erste Passantin, eine kleine Oma, ihn umarmt und ab da sind es eine Reihe von Menschen, die ihn umarmen, bzw. die er umarmt. Einige Menschen nehmen ihm das Schild ab und umarmen dann ihrerseits.
Dieses "FREE HUGS" Ding ist ein regelrechter Trend. Es gibt zig solcher Videos auf YOU TUBE. Eine schöne Dokumentation der kitschigen, naiven, größenwahnsinngen, abwegigen und dennoch wunderbaren Idee, dass Liebe die größte Macht der Welt ist.
http://youtube.com/watch?v=vL7Jo_1Z3Y8
Samstag, Dezember 23, 2006
Le Zitat de Jour
„I suffer from short memory loss. I also suffer from short memory loss.” George Clooney
Sonntag, Dezember 17, 2006
"Auf der Flucht" meets "24"
Wie muss man sich das vorstellen? Da sitzen in Hollywood ein paar Leute zusammen, lesen eine 08/15-Geschichte und sagen sich: Wenn ausreichend populäre Schauspieler mitmachen, die Wertigkeit der Inszenierung über TV-Niveau liegt, die Geschichte die Erwartungshaltung des Publikums zu Genüge bedient, werden genug Zuschauer ins Kino gehen, damit sich dsa Geschäft lohnt. Geht das so?
In THE SENTINEL spielt Michael Douglas, der seine Altersrolle (im Unterschied zu Sean Connery, Jack Nicholson, Clint Eastwood) noch nicht gefunden hat den Secret Service Agenten Pete Garrison (natürlich "eine Legende" des Secret Service), der zu Unrecht verdächtigt wird, an einem Komplott zur Ermordung des Präsidenten beteiligt zu sein. Sein ehemalige Zögling und bester Schüler (natürlich!) David Beckinridge, gespielt von 24-Star KieferSutherland, muss ihn nun verfolgen. Das Ganze bekommt dadurch besondere Männer-Würze, dass die Männerfreundschaft durch den Verdacht zerstört wurde, dass Garrison mit der Frau von Beckinridge ein Verhältnis habe. Bei einem Lügendetekrotest fällt Garrison durch und ist fürderhin Gegenstand der Ermittlungen. Sein verdächtiges Verhalten hat allerdings einen anderen Grund: Garrison hat eine Affaire mit der Frau des Präsidenten, gespielt von Kim Basinger. Aha. Garrison taucht unter und macht sich auf die Suche nach den wahren Hintermännern des Komplotts, Mac-Gyvert ein wenig mit seinem Blackberry herum und als dem Drehbuch nichts anderes einfällt, der Film aber in sein letztes Viertel geht, wirft Beckinridge alle bis dahin Tommy-Lee-Jones-Auf-der-Flucht-artige Amtstreue, Gefühlskälte und Feindschaft über den Haufen, um Garrison im Schlussspurt zu helfen.
Die Unfähigkeit zu altern
Setzte IN THE LINE OF FIRE das Alter der von Clint Eastwood gespielten Hauptfigur geschickt dramaturgisch ein, wirkt THE SENTINEL wie eine Fernsehserie, die die Figuren nicht anpasst, weil die Zuschauer die Charaktere so sehr lieben, dass selbst 60jährige als Liebhaber und Actiontypen herhalten müssen (Der sogenannte "Matula-Ein-Fall-für-Zwei-Effekt). So läuft der altershalsfaltige Michael Douglas allen jugendlichen Verfolgern davon, ist den Grünschnäbeln natürlich in allen Belangen überlegen und stakst aber zumeist in WALL STREETesken Outfit durch die Gegend.
Warum spielt Douglas par tout den Actionhelden? Dabei hatte er schon mehrfach Rollen des alternden Alpha-Männchens, dass nicht mehr die erste Geige im Rudel spielt und an der Unfähigkeit, die einzusehen, zu Grunde geht, gespielt: Man denke an den drogen- und sexsüchtigen Polizisten in BASIC INSTINCT oder den kiffenden Professor in WONDERBOYS oder den kaputten Kleinbürger in FALLING DOWN.
Auch in THE SENTINEL ist Douglas alt und aus der Mode. Nur klammert THE SENTINEL genau die Selbstzerstörung und Selbstdemontage aus und ist darin gnadenlos altmodisch, anachronistisch, überholt und unfreiwillig komisch. Der Film behauptet einfach, dass Douglas schneller läuft, besser mit dem Computer umgehen kann und auch die First Lady notwendig seinem Appeal verfällt. Ein Stück 80er-Jahre-Macho-Kino. Alle jüngeren Kollegen ordnen sich der Autorität, Aura und dem Haudegen-Mythos der Michael-Douglas-Figur in Anerkennung seiner Dominanz unter, die sich nie aus dem Film erschließt sondern permanent behauptet und in oberflächlich inszenierten Momenten zitatweise angerissen wird, wenn z.B. die jedem Zuschauer aus seiner Fernseh/Kino-Erfahrung bekannten typischen Ermittlungshandlungen des Profis, der außerhalb seines Systems mit einfacheren Mitteln agiert und mit Kaugummi, Kabel und Tesafilm ganze Abhöranlagen zusammen mac-gyvert.
THE SENTINEL beleidigt den Zuschauer mit einem Drehbuch, das sich nicht für die Figuren interessiert, vordergründigen Dialogen, die die Figuren per Akklamation erklären ("Er ist eine Legende..."), anstatt das diese sich durch ihre Handlungen erschließen, einem Look (Handkamera, Splitscreen) der so offensichtlich an die erfolgreiche Serie 24 mit Kiefer Sutherland erinnert (ergänzt durch Video-Clip-Inserts im se7en-Look, die die Atmosphäre von Bedrohung durch ein, ein Mordkomplott planendes krankes Attentäter-Hirn erzgeuen soll, was sich allerdings überhaupt mit der Gruppe -natürlich- russischer Schurken übereinbringen lässt, die als sehr gut ausgestattete, militärisch agierende Gruppe in Erscheinung treten.), dass es nur konsequent ist, dass derselbe hier auch über die Leinwand marschiert, optisch aufgehübscht durch eine dramaturgisch komplett überflüssige Eva Longoria (Man wundert sich, warum sie nur in den durchaus auch hünschen Hosenanzügen zu begutachten ist. Matthew McConaughey zieht wenigstens einmal pro Film das T-Shirt aus oder ist beim Work Out zu beobachten. Scheinbar ließ sich keine Szene dramaturgisch sinnvoll einbauen, in der Longoria zu Bett geht, aufsteht oder schwimmen geht.)
Warum die fantastische Kim Basinger, die in THE DOOR IN THE FLOOR gezeigt hat, was für eine überragende Schauspielerin sie sein kann, wenn man ihr das richtige Material anbietet, in diesem oberflächlichen, fahrlässig nachlässig zusammengekleisterten Thriller aus dem Fertig-Set mitgemacht hat, bleibt ein Rätsel (Andererseits: Auch sie muss ihre Miete zahlen..)
Immherin bekommt man eine erstaunliche Palette an Sonnebrillen präsentiert.
Dienstag, Dezember 12, 2006
Le Zitat de Jour
Weihnachtsmenu." Timm Mälzer
Not a comedy
Gary (Vaughn) und Brooke (Aniston) sind seit zwei Jahren zusammen, ein perfektes, familienalbumtaugliches Paar, sie niedlich, smart und straff mit einer Tendenz zum Perfektionismus, er ein großes, leicht schwabbeliges Kind mit einem Hang zum Herumalbern, zu Videospielen und Baseball, Billard, Bier. Sie leben in einem schicken Apartment, dessen Hypothek sie gemeinsam abbezahlen; allerdings wirkt Gary darin wie ein leicht vulgäres Accessoire, das nicht recht zum Rest der stilvollen Einrichtung passen will.
Als sie sich zerstreiten, weil sie meint, er würde nur das tun, wonach ihm ist, ohne ihre Anstrengungen zu würdigen, er wiederum sie als ihn bevormundende Zicke wahrnimmt, wird das gemeinsame Appartment zur Kampfzone. Beide tyrannisieren einander, um den jeweils anderen zum Einlenken und zur Entschuldigung zu bewegen. Und das ist der traurige Unterton unter den spärlich gestreuten komischen Momenten: Das hier zwei, die sich eigentlich lieben nicht von ihren Ansprüchen abrücken und den anderen dazu bringen wollen, sich unterzuordnen und ohne Abstriche die Bedürfnisse des Anderen anzuerkennen und zu bedienen.
In den aufgeteilten Räumen macht jeder, was er/sie will. Gary baut seinen schon lang ersehnten Billard-Tisch auf, spielt GTA auf Playstation und betrinkt sich beim Strip-Poker, während Brooke sich erfolglos auf Dates einlässt und die A-Capella-Gruppe ihres schwulen Bruders in ihrem Raum proben lässt, um dem verkaterten Gary den Schlaf zu rauben. Das ist allerdings nur an der Oberfläche komisch. Die wechselseitigen Manöver legen nur die Verletztheit beider offen. Gary, der sich in seinem Talent und Arbeit als "social guy" von der feinsinnigen, Ballett liebenden Galeristin Brooke nicht anerkannt fühlt. Brooke, die die Ich-Bezogenheit Garys als permanente Mißachtung ihrer Anstrengungen, ein schönes Leben zu gestalten, empfindet.
"Im Grunde ist Trennung mit Hindernissen keine Komödie über Beziehungen, sondern mit all seinen schrägen, verletzten Figuren ein melancholisches Panoptikum urbaner Einsamkeit." schreibt Kai Mhim in der EPD-Film ganz richtig.
Vince Vaughn rapt seinen Text großartig wie immer. Eine echte Wiederentdeckung ist Vincent d'Onofrio, der mit Vaughn in THE CELL spielte und dort den kranken Serienkiller gab oder als dauergedemütigter Rekrut in Stanley Kubricks FULL METAL JACKET einen nachhaltigen Eindruck hinterließ. Wie er hier das leicht autistische Riesenbaby gibt, ist ganz groß.
Montag, Dezember 11, 2006
What's eigentlich so bahnbrechend with Tempo?
"Sein heutiger Ruhm hat auch damit zu tun, dass viele «Tempo»-Autoren mittlerweile beim «Spiegel», bei der «Zeit», der «FAZ» und der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung», aber auch bei der «Süddeutschen Zeitung» arbeiten und dort den «Tempo»-Stil salonfähig machten. Die «Tempo»-Ästhetik von Fotografie und Layout hat Schule gemacht. Und «Tempo»-Schreiber wie Christian Kracht, Eckhart Nickel oder Benjamin von Stuckrad-Barre erregten als Pop-Literaten zeitweise auch die literarische Öffentlichkeit, in der sich Maxim Biller, der im Magazin lange seine Schmäh-Kolumne «100 Zeilen Hass» schrieb, ebenfalls etabliert hat. Was die einmalige Wiederaufnahme des «Tempo»-Projekts heute soll, ist deshalb unklar. Die Zeiten und die Medienszene haben sich gewandelt. Lifestyle-Journale, die den «Tempo»-Stil aufgenommen haben, gibt es zahlreiche, in Zürich zum Beispiel «Faces». Provokationen sind längst Routine, alle Tabus gebrochen. Die Inszenierungen eines performativen Journalismus gehören auch bei manchem seriösem Feuilleton zum Standard. Neue Medienmitspieler im Internet treiben den Subjektivismus auf die Spitze. Was also soll «Tempo» heute?"
Als wäre Tempo nie eingestellt worden in der Online-Ausgabe der NZZ
Bettina jajajadieTochtervonUlrikeRAFMeinhof Roehl hat zu dem Thema einen hervorragend geschriebenen Artikel in Dummy veröffentlicht, den sie in ihrem Blog postet. Eine mitreißende Beschreibung der Atmosphäre, Geisteslage der 80er, der Blattmacher, viele Volontäre und Praktikanten, die dann als Pop-Literaten, Chefredakteure und JetteJoops anderweitig Karriere und den Tempo-Stil massentauglich machten. Das SZ-Magazin sähe heute nicht so aus, wie es aussieht und viele andere Magazine und Formen wären nicht denkbar ohne TEMPO.
"Als Tempo–Redakteur musste man Einiges ab können und manchmal ging das auch voll daneben.. Als die Exon Valdis vor der Küste von Alaska havarierte, und dort die berühmte Ölkatastrophe auslöste, schickte Peichl eine junge Abgängerin von der Gruner & Jahr – Schule, die gerade wenige Tage bei TEMPO war und sich bei uns um einen Redakteursposten bewarb, nach Alaska, sie sollte drei Tage vor Ort recherchieren und hatte nach ihrem Rückflug einen Tag Zeit ihren Artikel zu schreiben. Den Text lieferte sie nach ihrer Rückkehr noch in der Redaktion ab, dann wurde sie mit einem Nervenzusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert. Das war gar nicht so witzig. Sie kam nie wieder zu TEMPO zurück und soll ganz mit dem Journalismus aufgehört haben. Wolf Schneider hatte sie für eine seiner talentiertesten Journalistenschülerinnen gehalten."
In der Süddeutschen schreibt Willi Winkler Tempo feiert sich selbst:
"Tempo wollte um jeden Preis jung und unerwachsen sein, riskierte aber nie mehr als eine längere Modestrecke. Die Kurzbiografien unter den Beiträgen der aktuellen Geburtstagssondernummer sind deshalb auch allesamt Erfolgsgeschichten; bitte, Ressortleiter ist das Mindeste, was die alten Mitarbeiter geworden sind. Peichl und Ganske dürfen stolz sein auf ihre Musterschüler. Da Peichl selber seine schaumschlägerische Begabung zwischenzeitlich als Redaktionsleiter für die Beckmannschen Umarmungsinterviews in der ARD herunterdimmen musste, wird man verstehen, dass er es sich und allen noch mal zeigen wollte. Im Jubiläumsheft hat sich nichts verändert. Es wird immer noch superlativisch gekreischt, und in der "Gebrauchsanweisung für die nächsten zehn Jahre" herrscht wie 1986 ff. dieser seltsame, kerndeutsche Kommandostil: "Was anders werden muss." Muss es wirklich?"
Sonntag, Dezember 10, 2006
Superman returns
Da Regisseur Brian Singer sich der Sache angenommen hat, der mit X-Men schon einmal gezeigt hat, wie Superheldenactionkino funktionieren kann, durfte man eigentlich gutes Kino erwarten. War aber dann nicht. Superman wieder und wieder und wieder und wieder dabei zu zeigen, wie er in die Stratosphäre der Erde fliegt, um dort einen Moment innezuhalten, bevor er zur seriellem Heldentum auf die katastrophische Erde niederfährt, wieder und wieder sich durch massives vibrieren von Möbeln und anderem Inventar ankündigendes Unheil - das ist dann doch etwas mager.
Immerhin Kevin Spacey hat als schrullig-überdrehter Lex Luthor ein paar schöne Momente, v.a. Parker Posey in der Rolle seiner einfältigen Gespielin hätte man gerne häufiger gesehen. Obwohl der Film bei weitem nicht die Studioerwartungen erfüllt hat, wird eine Fortsetzung gedreht.
Samstag, Dezember 09, 2006
"Thank you for listening to weird music"
Freitag, 8. Dezember fand im Kölner Stadtgarten der O2 Music Flash statt. Das dahinter stehende PR-Konzept sieht scheinbar eine Steigerung des Coolness-Faktors der Marke (Weniger die heilige Dreifaltigkeit des Biedermeier und Mainstream Franz Beckenbauer, Veronika Ferres und Anke Engelke) und die Kreierung einer "Community": O2 nutzen heißt nicht Konsument sein, sondern zu einer Gruppe gehören. Und das geht so: O2 organisiert Konzerte und informiert ganz kurz vor knapp O2-Kunden, die sich zuvor online (Digitale Bohème! Kundenbindung! Flankierendes Angebot! Portfolio!) dafür registriert haben (bzw lässt organisieren), per SMS. Das Konzert ist umsonst aber eben immer nur kurz angekündigt. Ei, was für eine Aura eines fliegenden geheimen, auf Flüsterpropaganda basierenden Underground-Zusammekunft das atmet! Das ganze soll dadurch
Dann kommt der O2-Community-Cyber-Citizen (SZ-feuilleton-Fuzzis, aufgepasst! Ich habe Copyright auf diesen Begriff!) zum Veranstaltungsort, pardon, der Location und zeigt sein Handy vor, auf dessen Display nun der lustige Barcode sich befindet und den Eintritt ermöglicht: Das Handy als Eintrittskarte zu einem sozialen Ereignis, pardon Event. Die O2-Kundengruppe als priveligierte Erlebnisgemeinschaft, das Handy als Eintrittskarte. Mehr als nur ein Kommunikationsinstrument. Man kann die Konstruktionslinien der PR unter dem Sozialen förmlich sehen. Anyhoo.
Trotz des industriell konfektoinierten Formats von der Stange, bei dem das zu befördernde Produkt (Mobilfunkanbieter) krampfhaft als notwendiges Instrument eingebaut wird (Der Türsteher erläuterte um 21:30) , entstand im Kölner Stadtgarten die famose Atmosphäre eines Musikvideos. Schön anzuschauende Menschen tanzten zum Reggae/Dub von Tiger Hifi aus Berlin, die mit ihren Interpretationen von Madonnas "Mr DJ", Michael Jacksons "Smooth", Genesis "Mama" oder Missy Elliots "Sock it to me" sehr schön Stimmung machten (Tolle Band, Noises von Kraans, ein enorm präsentes und stimmstarkes Front-Duo gekrönt von einer tadellosen begleitenden Videoinstallation - Tiger HiFi will man nochmal sehen!), Martin Jondo (Reggae), den Rap-Bemühungen ("Let me hear you sayyyy hoooohooooooo...!") im zur Tanzraum umfunktionierten Restaurantbereich des Stadtgarten oder zu herrlich lautem DrumNBass im Club.
Ein Besucher raunte konspirativ, dass es verwunderlich sei, dass zu einer unangekündigten Veranstaltung, die keinen Eintritt kostet ein so herrlich anzuschauendes Publikum zusammenkommt und das mindestens ein Drittel doch gecastet sein müsse (Ein Mensch, der den Sido-Ähnlichkeitswettbewerb gewonnen hätte zog mit seiner Posse, die den Aggro-Berlin-Posse-Ähnlichkeitswettbewerb die Runden). Kann aber auch daran liegen, dass das Plattenlabel Grooveattack das ganze organisiert hat und O2 am Ende seinen Aufkleber drauf und sein Geld darüber gekippt hat.
Moby auf LSD
Wiedemauchsei: Nach Tiger HiFi strapazierten cirKus (Massive Attack Produzent Burt Ford und Neneh Cherry) aufs Herrlichste mit bizarren Songs, die Trommelfelle. Das war ein besonderes Vergnügen. cirKus, so ist auf einer französischen Webseite zu lesen, signe des thèmes prenants, des partitions complexes et éthérées de symphonie soul intemporelle. À l’écoute de Laylow, on est presque submergé par la violence de l’émotion transmise au travers de paroles qui font mouche et qui sont parfois soutenues, voire enveloppées par les orchestrations musicales de Karmil. Klar soweit?
cirKus-Direktor (höhö, SZ, here I come!) Burt Ford (Der verloren gegangene und verleugnete Bruder von Götz Alsmann, wie ein Konzertbesucher völlig richtig bemerkte) erfreute auf Neneh Cherrys orangenem Koffer sitzend das Publikum durch abwechslungsreiche Anmoderationen ("this song is for Tony Bush, G.W. Blair, Dick Cheney and all these f***ing c**ts..") und seinen Arbeitsdress von der freiwilligen Feuerwehr. Die jugendliche Vokalistin Lola Moon funktionierte famos als Role-Model des Trash-Chic vor dem zu Dekorationszwecken vor ihr aufgebauten Keyboard. Burt Ford bedankte sich artig für die Aufmerksamkeit des Publikums, die dieses den - den meisten Zuhörern unbekannten - Stücken widmete.
Ob, wie unser französischer Freund mit seiner Beschreibung, dass in den stücken cirKusens "die Gewalt der Gefühle durch die Worte übermittelt" werden auch Songs wie "Asshole" ("..you got a fast car but you've got a small dick...") im Sinn hatte - who knows. Differenzierung ist Bort Fordens Sache nicht, aber ab gefühlten 10000000000 Dezibel ist das auch wurscht.
Freitag, Dezember 08, 2006
"This isn't funny..." Der Sturz eines Helden
Bei einem Auftritt in einem Comedy-Club nervten ihn Zwischenrufer derart, dass ihm eine Sicherung durchging und er die Störer minutenlang mit rassistischen Beschimpfungen belegte. „Halts Maul“, brüllte Richards in Richtung eines Schwarzen, der ihm zu laut war, „Vor 50 Jahren hätten wir Dich an den Füßen aufgehängt und Dir eine Mistgabel in den Arsch gesteckt. Werft den Kerl raus. Er ist ein Nigger! Nigger! Nigger!“ Das geschockte Publikum verließ währenddessen den Saal.
Das Ganze war von einem Zuschauer mit einer Digitalkamera gefilmt worden und stand wenige Stunden später im Internet:
http://www.youtube.com/watch?v=9sEUIZsmTOE
Nun versucht sich Richards in Buße, hat einen "Anger Management"-Therapeuten und einen PR-Berater engagiert. Sein alter Kollege und Freund Jerry Seinfeld vermittelte eine Entschuldigung von Richards in der Letterman-Show:
http://www.youtube.com/watch?v=e5SkRdrAbzQ&mode=related&search=
Le Zitat de Jour
Komm, spiel mit uns!
Superhelden (Spiderman, Oma, Opa, Beamter!), wilde Tiere oder "heimische Tiere"...für jeden ist was dabei!
Mittwoch, Dezember 06, 2006
Dienstag, Dezember 05, 2006
New Blogs on the Kids
"#4 Blogs werden vor allem von Journalisten gelesen
Was heute auf BoingBoing gepostet wird, findet man zwei Tage später auf den Vermischten-Seiten der deutschen Presse. Der Themen-Kanal ist begradigt, gut ausgebaut und sieht ungefähr so aus: Blog -> Internet-Leitmedium -> Tageszeitung -> Tagesthemen. Weil Journalisten gerne die Blogs der Early Adopters absurfen und dort irgendwo auch den Puls der Zeit bumpern hören, haben die Blogs beträchtlichen Einfluss als Agenda-Setter. Mitunter kommt es dabei zu absurden Beziehungsketten, die sich am Ende in nichts auflösen."
Diese und alle neun Thesen online lesen.
[update 6-12-2006: bei Spreeblick findet sich eine schön geschriebene Replik. Wie schmeckt Dir DAS sz-online?]
Sonntag, Dezember 03, 2006
Bürgertum und Bohème
"Man arbeite hier ruhig und disziplinert, komme täglich morgens, male bis zum Abend und fahre dann heim. (...) Wie in Berlin sei es nict. Keine Lokale, in denen das diskutiert wird, was Kinst sein könnte. (...) Die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Während die bürgerlichen Kunstsammler in MIami das nachspielen, was sie für "das Leben der Kunstszene" halten, nämlich Nächte durchsaufen, diskutieren, tantzen, pflegen die von ihnen verehrten Künstler den durch und durch disziplinierten und geordneten Büroalltag des klassischen Bürgers."
Siehe auch Die stille Revolte in der Online-Ausgabe der Zeit
Donnerstag, November 30, 2006
Biedermeier
Zum Glück versteht Samuel L. Jackson nicht, was da passiert, so wie er da im Publikum bei der Bambi-Verleihung sitzt, obwohl man sich vorstellen kann, dass sich auch einem nicht des Deutschen Geläufigen erschließt, wie weit entfernt von Humor und Kurzweiligkeit deutsche Unterhaltung - in ihrer verschärften Form: Fernsehunterhaltung - angesiedelt ist.
Harald Schmidt moderiert mit der ironie- und witzfreien Sprödheit eines biederen Wärmflaschenvertreters in einem Herforder Altenzenheim und arbeitet brav die einzelnen, vom Zentralkommitee für Humorverhinderung (Auch bekannt als Redaktion) ihm zusammengestellten Punkte ab, singt allen ernstes ! New York, New York aber eben "Stuttgaaaaart, Stuttaaaaaaaart!" Hihihi ... die Kleinbürgerlichkeit der schwäbischen Streberprovinz konfrontiert mit der mondänen Grandezza von Old Blue Eyes Hymne - DAS erzeugt Komik vom feinsten. So denken Redakteure, die die Konzepte für "große Fernsehunterhaltung" entwickeln, in denen allen Ernstes Roberto Blanco und Tony Marshall immer noch und immer wieder eine Rolle spielen. So erkennt man hinter den muffigen Moderationen deutlich die Konstruktionslinien des eigentlich gemeinten, gewünschten Effekts. Das Gegenteil von lustig ist lustig gemeint. Immer deutlicher lässt Harald Schmidt raushängen ("Ichfinde, Frau Harms sieht gut aus, ich freue mich jedes Mal, wenn ein Foto von ihr in der Zeitung ist oder sie in den Tagesthemen erscheint. Sie ist irgendwie mein Typ. Wie ich diese Sache betrachte, daran können Sie ungefähr ablesen, wie ich derzeit drauf bin."), dass er nicht, wie lange Zeit vom Feuilleton rezipiert, der Ironiker ist, der sich in die Niederungen des Trivialen begibt, um dessen Funktionsweisen zu dekonstruieren, sondern, dass er sich als Schauspieler auf dem Traumschiff ganz unironisch recht wohlfühlt.
Sein HeinzSchenkTonyMarshallRudiCarellusw.-Lob ist ehrlich gemeint. Das scheint eine Alterserscheinung zu sein - wie die Begeisterung für Country-Musik und schlechte Kleidung.
Eva Padberg zeigt, was die Aufgabe des Models ist: Gut aussehen. Und schweigen. Was sie nicht tut, denn sie ist die Co-Moderatorin. Das man sich aber darüber mokiert, dass sie den ein oder anderen sprachlichen Aussetzer hat ("Vielen Glückwunsch") ist mal wieder typisch Streberdeutsch.
Oliver Kahn im Publikum macht es richtig: Er lacht nicht. Er klatscht nicht. Er amüsiert sich sichtlich nicht.
Wunderbar aber, wie Karl Lagerfeld länger als die Musik brauchte um zum Mikrophon zu stolzieren und stoisch die letzten Meter in Stille zurücklegte. Hätte er doch nur aus Jux ein paar Ehrenrunden um das Pult gedreht, um die awkwardness zu dehnen! Man fieberte regelrecht mit, als man in der vibrierenden Stimme der barocken Erscheinung mit notorischer Sonnebrille ehcte Nervosität zu erkennen meinte und beglückwünschte Lagerfeld zu seiner wunderbaren Art, sich um Kopf und Kragen zu labern. Wenn Lagerfeld spricht schweigt die Logik. Groß.
Der Bambi erweist sich aber wieder mal als ein willkürlich zusammengewürfelte Zusammenkunft all derer, die in irgendeiner Weise Prominenz für sich reklamieren dürfen.
Die Auszeichnungen rekrutieren sich scheinbar nach Verfügbarkeit der Auszuzeichnenden. Die Biederkeit der Webseite spricht für sich.
http://www.bambi.de
[Ergänzung 1-12-2006 Der Text bei sueddeutsche.de zur Bambi Verleihung ist in erstaunlichem Schülerprosa gehalten. Hingegen die Bildunterschriften echter Rock N Roll sind]
Manchmal kommt sogar Schönheit aus München in der Online-Ausgabe der Faz
Freizeitvertreib
http://www.apple.com/trailers/newline/mrwoodcock/
(Kolossaler Body-Humor am Ende. Vorsicht im Fitness-Studio!)
http://www.apple.com/trailers/fox_searchlight/trusttheman/trailer
(Schöner Witz am Anfang. Julianne Moore und Maggy Gyllenhaal in EINEM Film!)
http://www.apple.com/trailers/weinstein/schoolforscoundrels
(Billy Bob "Sling Blade" Thornton wird der neue Robert de Niro/Jack Nicholson Comedy-Elderstatesman
http://www.apple.com/trailers/warner_independent_pictures/thescienceofsleep
Michel Gondry fait comme toujour. Sehr schön gestaltete Webseite, definitiv kein BIENE-Preis.
http://www.apple.com/trailers/sony_pictures/strangerthanfiction
Will Ferell rules!
http://www.apple.com/trailers/fox/thesimpsonsmovie
http://www.apple.com/trailers/independent/sogoesthenation
http://www.apple.com/trailers/warner_independent_pictures/infamous
(Interssant weil genau das CAPOTE-Thema, dass schon der gleichnamige Film
bearbeitet hat, nur mit anderen Schauspielern..)
http://www.apple.com/trailers/universal/manoftheyear
Was wäre, wenn ein Comedian, der die Logik, nach der der Polit-Betrieb funktioniert persifliert, als Präsidentschaftskandidat antritt - und gewählt wird?
http://www.apple.com/trailers/fox/borat
Trotz des Hype ganz große Kunst!
Champagner aus Cowboystiefeln
Groß!
Mein Tag
"Abends bin ich gegen 20 Uhr wieder zu Hause. Ich esse noch eine Scheibe Brot mit Käse und einen Joghurt. Dabei schaue ich Fernsehen und trinke ein Glas Wein. Vor sechs Jahren ist meine Frau gestorben. Da habe ich oft überlegt, ob ich mich noch einmal umschauen sollte. Aber die jungen Frauen wollen doch nur Tennis spielen oder golfen, und ich muss das bezahlen. Und die älteren, die kommen mit Anhang. Und die sitzen dann alle auf meinem Sofa. Da bleibe ich lieber allein und unabhängig."
Der ganze Text Ich muss immer in Bewegung bleiben in der Online-Ausgabe des Kölner Stadt Anzeiger.
Schrottgeburt
In der ZEIT spricht der Schauspieler Joseph Bierbichler über Eichingers "Der Untergang" ("Eine totale Schrottgeburt"), seinen Wunsch sich selbst aufzuessen ("Das wäre die auf den Gipfel getriebene Dekadenz.") und seine abnehmende Geselligkeit ("Die gruppendynamischen Prozesse, die beim Spielen zwangsläufig entstehen, kommen mir immer alberner vor.").
"ZEIT: Was ist denn das Skandalöse am Untergang?
Bierbichler: Überhaupt der Versuch, diese Figuren eins zu eins wiederzugeben, realistisch, ist doch peinlich. Die Reaktion des Regisseurs Dani Levy, der den Hitler von Helge Schneider spielen lässt, ist konsequent. Mir war schon Schindlers Liste peinlich. Dieses Peinlichkeitsgefühl hab ich bei allen Filmen, die diese Zeit »realistisch« zu behandeln vorgeben. Mir fällt kein Film ein, der es geschafft hätte, ohne es zu übersetzen auf eine andere Ebene.
ZEIT: In einer Geschichte von Brecht, Die Bestie, wird erzählt, wie die Russen einen Film über die grausame Herrschaft eines Gouverneurs namens Muratow drehen wollen. Der verarmte, in die Anonymität gesunkene Muratow schafft es, unerkannt zum Regisseur vorgelassen zu werden und für die Rolle des Muratow vorzusprechen. Er wird aber hinausgeworfen, weil seine Darstellung unglaubhaft sei; an seiner Stelle spielt dann der erste Schauspieler des Landes den Muratow…
Bierbichler: Das ist schon wieder gut. Auf den Untergang übersetzt, heißt das: Der Bruno Ganz war noch besser als der Hitler. Aber im Ernst: Ich saß da im Kino und habe eine Dreiviertelstunde lang gedacht, der Bruno Ganz habe hinter dem Rücken von Fest und Eichinger eine richtig gute Parodie auf Hitler gemacht. Dann habe ich plötzlich gemerkt: Der meint das ernst! Der Dramatiker Klaus Pohl hat den Film in Wien gesehen. Er fand ihn lächerlich und musste lachen, und von hinten riefen Zuschauer, er solle still sein. Pohl drehte sich um und schnarrte im Hitler-Ton: Rrruhe, wenn der Führer spricht! Wieder Stimmen von hinten: Hören Sie auf, man versteht nichts mehr. Darauf Pohl: Der Führer spricht deutlich genug! Da haben sie ihn aus dem Kino geschmissen."
Das ganze famose Gespräch in der Online-Ausgabe der Zeit
Dienstag, November 28, 2006
Und was machst Du? Ich mach Musik!
Jedenfalls fand man sich also im gemütlichen Ambiente des direkt unter dem Stadtgarten befindlichen Studio 672 ein. Das Budweiser genießend trudelte das erwartbare Publikum ein: Musikstudenten mit ihren Instrumentenkoffern, Brillen in den Versionen "flippig" (eckig, knallbunter Halbrahmen, viel zu klein oder viel zu groß) oder "Jazz" (dicker schwatter Rahmen) . Der Meister setzte sich mit seinem Trio nichtvordenkindern ans Werk und brachte drei Stücke zu Gehör. Im Anschluss erklommte eine junge Dame mit Akustik-Gitarre die Bühne, die mit ihrem grünen, karierten Woll-Jacket ohne Weiteres als Au-Pair-Mädchen von Ursula von der Leyen durchgehen würde.
Amy Antin, gebürtige Amerikanerin, begann ihr Set mit dem Versprechen, "nur 3 Lieder und eine Zugabe" spielen zu wollen, verlangte zugleich aber auch im Ton einer strengen Gouvernante dem Publikum angemessene Ruhe und Aufmerksamkeit ab und bescheinigte nach jedem extensiven, stimmschwachem Vortrag Cowboy Junkies-esker Ereignislosigkeit mit der kalorienarmen Ironie einer KJG-Mädchen-Guppenleiterin dem Publikum "Ihr hört so schön zu...". Das Publikum störte sich nicht groß und unterhielt sich prächtig - miteinander. Klatschte aber am Ende jedes Stückes brav und fleißig. Nicht das Mutti böse wird!
"Bekannt ist sie u.a. für ihre wunderschönen Songs, in denen sie sich augenzwinkernd und hintersinnig mit den Berg- und Talfahrten des Lebens beschäftigt. Dass Amy Antin jenseits des Pop-Mainstreams eine Klasse für sich ist, hat sie aber nicht nur in zahllosen Solo-Konzerten unter Beweis gestellt, in denen sie nur ihrer Akustikgitarre braucht. "
Wenn irgendwo "augenzwinkernd" und hintersinnig" draufsteht, weiß man, dass man sich in einer ironiefreien Zone befindet, wo alles anzutreffen wahrscheinlich - außer Hintersinn. Amy war Gast von Hinrich Franck und widmete ihm auch ihren Vortrag. Als eine Bandformation nach der anderen für wenige Stücke die Bühne erklomm, dämmerte, dass man sich auf einer als öffentliches Konzert getarnten, privaten Geburtstagsparty befand. Eine Gruppe Studierender gab herrlich laut mit formidablem Gebläse Franck-Band-Musik zum Besten, Werner Neumann spielte mit einem augenrollenden Frontmann Rock. Der Abend ging mit Sicherheit noch lange, aber irgendwann muss jeder mal ins Bett.
Samstag, November 25, 2006
Ne suppajeile Zick
[update 6-12-2006: Verwertungskette. Es ist schon unappetitlichem, wie offensiv sich die SZ verramscht und Zeit-online findet das auch reichlich peinlich] Michael Schumacher hat dem Magazin der SZ ein Interview gegeben und für diese scheinbare publizistische Sensation wurde das gesamte Magazin freigeräumt. Ein Schumi-Special.
Sehr schön: Die Rückseite des SZ-Magazins ziert ein handgeschriebener Gruß des Autofahrers:
Mon Dieu! Menschen, die „geil“ in ihrem Wortschatz führen und sogar in ihrer Schriftsprache einsetzen, sprechen auch in Zusammenhang mit von Zeeman, 1-Euro-Läden und Spielotheken gesäumten Einkaufsstraßen den Begriff „(Einkaufs)Flair“.
Da Schumacher und seine Frau aber nicht wie die Beckhams auf jeder Filmpremiere, Promi-Hochzeit als gut geölte Stil-Maschine auflaufen, sondern brave Allerweltsleute sind, wie man sie Samstag vormittags mit Kinderwagen in der Fußgängerzone treffen könnte, verzerren nicht einmal die Millionen das Bild (Im Unterschied zum kleinen Schumi, dessen Frau sich als Posh Spice für Arme vom Woolworth Grabbeltisch zu inszenieren versucht.). Entsprechend funktioniert Schumacher als Werbefigur auch eher für biedere als für mondäne Produkte.
Der große Held der kleinen Leute. Poloshirt, Jeans, feddisch. So normal, wie Auto-Bild-Leser, Phil Collins-Fans, Die-7-Zwerge-Witzig-Finder, usw. Winterreifen, Sprudelwasser, Haftpflichtversicherungen. DAS sind die Produkte, die diese Zielgruppe braucht und kauft und für diese Produkte eignet sich Schumacher wie niemand sonst. Hammermäßig. Supergeil.
Le mode de jour
> schwarze Krawatten/weißes Hemd.
Was für Karl Lagerfeld und die Blues Brothers geht, kann nicht falsch sein.
Überhaupt: schwarz/weiß ist angezeigt.
> as if it was 1992: Die Weste ist wieder im Kommen! Es sieht sogar so aus, als wenn es wieder emöglich werden würde, ein weißes T-Shirt und dazu Jeans, Sneakers und Weste zu tragen. Aber auch hier gilt, wie IMMER in Sachen Outfit: Wenn Du jung, schlank, sportlich und attraktiv bist, kannst Du eigentlich anziehen, was Du willst
> grau/schwarze Streifen
Dünne Pullover und T-Shirts mit breiten Freddy-Krüger-Streifen sind da
Linktipp de Jour
Schön ist, dass Herr Brockmann den Namen erläuternde Zusätze in Klammern beigeordnet hat, damit uns die Zuordnung leichter fällt: B.B. King (Blues Legende). Aha.
www.thomasbrockmann.de
Freitag, November 24, 2006
Musik nur wenn sie laut ist
Dies ist eine Anbiederung -v.a. von Jugendlichen (dem studentischen oder vollerwachsenen Zocker ist die Debatte wurscht, er zockt, weil er Lust hat. Ein Headshot ist ein Headshot ist ein Headshot.) - an ein von den Jugendlichen bei den Erwachsenen vermuteten Wertkonzept.
Scheinbar funktioniert das zu Grunde liegende Konzept so: Erwachsene wollen, dass Jugendliche Dinge tun, die nützlich und wertvoll sind und sie für das Berufsleben vorbereiten. Strategisches Denken, planvolles Agieren, konzetriertes Arbeiten - das, so der Gedankengang, sind bejahenswerde Dinge, die insbesondere in das Erwachsenen-Konzept passen und von diesen, das Leben der Jugendlichen und deren Freizeitgestaltung und den Zugang zur Freizeitinfrastruktur bzw. die Freizeitinfrastruktur ermöglichenden finanziellen und zeitlichen Mittel kontrollierenden und regulierenden Erwachsenen, goutiert werden.
Ein Verhalten, das dem ähnelt, wenn man ein Kleidungsstück allein unter den Gesichtspunkten der Coolness oder Sexability erworben hat und es der Mutter unter dem Aspekt "gute Qualität/Verarbeitung", hält warm, zu unschlagbar günstigem Preis verkauft.
Es wird also versucht, glaubhaft zu argumentieren, dass Ego-Shooter nicht nur nicht schädlich sind, sondern im Gegenteil ursächlich mit hohem späteren Nettoeinkommen zusammen
hängen. Nice try, Maurice.
Warum nicht einfach sagen, dass man Spaß daran hat, eine Auge-Hand-Reaktions-Aufgabe unter zeitkritischen Bedingungen, appliziert auf eine militiärische ikonographische Oberfläche und Symbolwelt zu lösen, während man massivem visuellem und akustischen Stress ausgesetzt ist, einfach hochunterhaltsam findet, unabhängig davon, ob diese Bilder und das, wofür sie stehen, den grundsätzlichen Werten der Gesellschaft zuwiderläuft? Der Punkt ist doch der, dass Erwachsene berechtigt sind, sich auszusuchen, welchen Bildern sie sich aussetzen (so lange strafrechtliche Linien nicht überschritten werden) und Jugendliche eben nicht.
Da es eine pädagogische Verantwortung gegenüber Heranwachsenden gibt, die auch in Form von die Zugriffsmöglichkeiten auf die Welt beschneidenden Regulierungen dafür Sorge zu tragen versucht, dass die im Entstehen begriffenen bzw. gewünschten Dispositionen und Kategorien von Solidarität, Friedfertigkeit, Gerechtigkeit, Warhaftigkeit usw. nach Möglichkeit nicht durch Bildwelten und Praktiken, die diesen zuwiderlaufen korumpiert, verhindert oder verdrängt werden. Ende der Debatte.
Mittwoch, November 22, 2006
Tiger HiFi LIVE in Köln
Vielleicht die letzte Gelegenheit, Peter "Snake/WahWah" Barton zum Einkaufspreis vor seinem Weg zum Rhytmusgitarristen von Gary Glitters Knastband zu sehen! Wohin? Studier ich Mathe?
Findet die Antwort auf www.hifitiger.com
Wenn die Seite klemmt zur Überbrückung die HiFi Tiger-Seite bei MySpace.
Wo wir gerade dabei sind: Am Montag, 27. November eine Wiederbegenung mit der Franck Band im Stadtgarten, Köln
Wer am Montag in Dresden ist und nicht nach Köln kommen kann, soll sich die Flippers im Kulturpalast anhören. T'amuse bien!
Dienstag, November 21, 2006
Amoklauf der Medien
Großes Tennis [update 22-11-2006]
Der 18-Jährige hat sich nicht das Leben genommen, umgebracht oder (wenn man es denn logistisch präziser haben will) erschossen. Nein, er hat sich in den Mund geschossen! Und zwar "mit einem 15-Millimeter-Vorderlader"!! Soso. Es gibt eine gewisse Vorliebe von Medien an Details, mögen sie noch so krude sein, die Informiertheit, Eingeweihtheit, Fachkompetenz suggerieren. Gerade im Umfeld von Berichten rund um das Militär findet sich z.B. immer wieder ein Jargon, in den Männer wie Rudi Scharping, Peter Struck, Joseph Fischer gerne verfallen (sind). Implementierung, Quick-Response-Kräfte, Task-Force, die Geheimniskrämerei um die Einsätze der KSK. Richtiger große-Jungs-Kram.Da kann man ganz seine Informiertheit und Unaufgeregtheit bei eigentlich gaaaaanz heiklen Themen beweisen. Ein Genre das man auch als Peter Struck Genre bezeichnen kann "Das ist zwar total wichtig und eigentlich aufregend, aber für mich als erfahrenen, coolen Manager des Außergewöhnlich dann doch so öde, dass ich beinahe einschlafe.."
Geht es dem Spiegel um diesen Eindruck einer coolen, auf logistische Details fixierten Informiertheit oder doch eher um den Schauer- und Gruseleffekt, den diese, auf dieVorstellung des in der Überschrift beschrieenen Anblicks abzielende Information bewirkt? Nur BILD würde weiter gehen und das Foto des toten Amokläufers bringen. In der Berichterstattung zum Amoklauf von Emsdetten erfreut uns SPIEGEL Online mit redundanter und
Es wird deutlich: Der Stil hat Methode. Spiegel-Online setzt immer wieder auf quotensteigernde Effekte in Text und Bild, wie man es eigentlich nur vom Boulevard kennt (sei es, dass der Stern JEDES Thema mit einer nackten Frau auf dem Titel umsetzt, sei es, dass Bild immer im Zweifel für die Publikation votiert). So zeigte Spiegel-Online vor Monaten Bilder von der Leichenschändung in Falludscha.
Die Physik der Einfallslosigkeit [update 24-11-2006]
[udate 22-11-2006]
In der Süddeutschen Zeitung von heute findet sich auf einer ganzen Zeite eine Mannschafts-Kurzkritik der großen Koalition. Auch hier finden sich Beschreibungen der Politiker, die weniger die Verbindung von präziser Analyse und deutlichem Urteil in sprachlich gelungener Form darstellen, als vielmehr die x-te Wiederholung zirkulierender Allgemeinplätze, wie die Charakterisierung von Annette Schavan als "rheinische Katholikin", als spröde unverheiratete (hhmmm...) streng auftretende Dame ("Sie wirkt oft wie die Leiterin eines Internats, in dem Thomas von Aquin gelesen wird").
So wie der Variantenreichtum zur Beschreibung von Sportlern limitiert ist (Boris Becker = "der Leimener" = der xmalige Wimbledon-Sieger = ehemalige Tennisprofi = schon origineller: Besenkammer-Vater usw.). Wenn einem nichts originelles einfällt - warum nicht einfach sachlich bleiben. Wer unbedingt geistreich formulieren will und doch nur bekannte Plattitüden wiederholt, erreicht genau das Gegenteil: Anstatt den Eindruck zu erzeugen, durch außergewöhnliche Formulierung einen bislang nicht gewonnenen Eindruck auf einen Sachverhalt zu ermöglichen, der das Wesen derselben deutlicher macht, bewirkt die Wiederholung den Eindruck von "gewollt und nicht gekonnt.
Sonntag, November 19, 2006
Das Gesetz der Serie
Und: Wenn die Kritik sich nun freut, dass der neue Bond "Ecken und Kanten" hätte, Moneypenny und Q nicht mehr auftauchen, es "keinen Schleudersitz im Austin Martin, keine explodierende Füllfederhalter, kein Fax in der Armbanduhr. Auch keine sinistren Gestalten, die wie Klaus-Maria Brandauer aussehen oder wie Jonathan Prye, die in unterirdischen Kommandozentralen sitzen und nur einen roten Knopf drücken müssen, um den Planeten in die Luft zu jagen, die Frauen [...] auch nicht mehr Pussy Galore oder Penelope Smallbone (heißen)", dann mag das bedeuten, dass man eine ganz und gar der Wirklichkeit enthobene Serie realistischer gemacht hat. Aber treibt man der erfolgreichsten aller Kinoserienfiguren nicht genau die Details aus, die ihr dieses lange Leben verliehen haben?
Waren es nicht gerade diese, von Fans geliebten und in jedem neuen Film geschickt variiert erwarteten Details: Der Oberschure, das Bondgirl, der Martini, die Gadgets, grotesk-abwegige Action und alles verbunden mit einem smarten ironischen Humor, wie ihn Pierce Brosnan (nur wie vor ihm Roger Moore), die den Erfolg der Serie ausmachten?
Ist es nicht die Wiederholung des Selben im Anderen, die Deklination Desselben, das den Erfolg beim Publikum ausmacht, das das Selbe im Anderen zu finden sucht (Wo ist der Bond Humor? Die Bond Gadgets usw.) und sich daher über ironische Brechungen altvertrauter Motive freut (z.B. wenn Sean Connery als Indiana Jones Senior einen Gegner mit einem Füller außer Gefecht setzt), weil sie Bekanntheit im Neuen vermitteln.
Das macht die Serie altmodisch, das macht die Inszenierung eines Bond zu einer kolossalen Herausforderung: Erwartungen entsprechen und bedienen zu müssen, ohne sich dabei 1:1 zu wiederholen, sondern den "Spirit" der Serie in der immer neuen Variation einfangen und sichtbar machen. Gelingt dies, fühlt sich der Zuschauer zu Hause und gleichzeitig bestens unterhalten, weil er etwas Neues sieht.
Läuft Bond nicht Gefahr vor lauter Anpassung, Modernisierung etc. seinen eigenen Charme zu verlieren. So wie bei Tom Cruises Mission Impossible Serie die wesentlichen Elemente mehr pflichtschuldig auftauchen, als das sie smart variiert werden, versuchen alle Formate realistischer, und darin desillusionierter, härter und zynischer zu sein. Pourquoi ca?
Wer harte, zynische Realitität will soll City of God oder aserbaidschanische Frauenproblemdokumentationen schauen.
Wer einen James Bond ansieht, will eines mit Sicherheit nicht: Realität. Man wird sehen, ob die Fans den Bond annehmen.
zuerst erschienen bei reticon.de
Donnerstag, November 16, 2006
Die Tschiboisierung der Süddeutschen Zeitung
"Ihren jüngsten, aber gewiss nicht letzten Coup will die SZ nun mit ihrer “Vinothek” landen. Damit verlässt sie das bisher von ihr weidlich beackerte Feld des Kultur-Recyclings in Form kanonisch konzipierter Sammlungen (nach dem Motto: “Was man gelesen, gesehen, gehört haben sollte”) & erweitert es in den Bereich der “höheren Lebensart” hinein. [...] Was findet hier - wie auch andernorts in der Presse (Zeit, Spiegel, Welt, Bild, Brigitte, FR etc.), aber bei der SZ am bislang exzessivsten - eigentlich statt? Zurückblickend richtete sich das zusätzliche Geschäftsfeld auf ein diversifiziertes “Modernes Antiquariat”, das alle kulturellen Medienbereiche durchforstete und deren bereits hinlänglich zur Prominenz gelangten (& “abverkauften“) Objekte der “Backlists” noch einmal zu Dumpingpreisen recycelte. Aber nicht als wahllose Einzelobjekte, sondern in Form einer sowohl kanonische Relevanz (“The Best of“) als auch Vollständigkeit suggerierenden Geschlossenheit als SZ-“Edition”, die durch die Fachberatung & -empfehlung bekannter journalistischer “Ratgeber” nobilitiert wird, die einem aus der täglichen SZ-Lektüre vertraut sind.
Der Reihencharakter der “exklusiven” Editionen appelliert zugleich an den Sammel- & Vollständigkeitstrieb, die ansprechenden Ausstattung an ein Repräsentationsbedürfnis und der vergleichsweise niedrige Preis, der noch durch Zusatzvergünstigungen beim Abonnementsabschluß der “Editionen” reduziert wird, entspricht passgenau der ebenso virulenten wie ununterbrochen allseits angesprochenen Schnäppchenmentalität, der “Geiz geil ist”. So kann beim fortgesetzten Erwerb umfänglicher Kulturgüter für den Hausgebrauch der SZ-Zusatzkäufer Schmalhans zum Küchenmeister machen & sich zugleich doch als ein Witzigmann fühlen, der in der “corporate identity” der SZ-Leser heimisch & eingebunden ist."
Den ganzen Artikel Ein paar Überlegungen zum wirtschaftlichen Umbau der Kultur in seriösen Printmedien online lesen
Mittwoch, November 15, 2006
Le Zitat de Jour
(Quelle: Die Zeit)
Pisa für Erwachsene
"Angestellte der OECD entwickeln gerade einen Test, mit dem nach dem Pisa-Exerzitium nun auch die Erwachsenen auf kognitive Fähigkeiten hin geprüft werden sollen. 2009 könne "die erste Runde" stattfinden. Sie soll weltweit das Vermögen testen, Buchstaben, Zahlen und Wörter zu erkennen, dann kommen Aufgaben zum Leseverständnis, zum Problemlösen und zu Computern. Und dann?
Dann gibt es eine Ländertabelle. Und Schlagzeilen, die "Wir sind Einstein!" oder "Deutsche dümmer als Dänen" lauten werden. Anschließend folgt eine Riesendiskussion mit Rufen wie "lebenslanges Lernen!" und "Rohstoff Bildung!" Es wird Herr Andreas Schleicher von der OECD auftreten, der den Test jetzt ankündigt, dessen gegenwärtiger Bildungszustand aber selber keinem unterzogen worden ist.
Und er wird sagen, so ungleich dürfe es nicht weitergehen. Hat er bisher immer gesagt. Man wird feststellen, daß Analphabetismus mit Herkunft korreliert. Daß die Computerkenntnisse bei denen, die keinen Computer haben, schwächer sind als bei den anderen. Daß nicht alle ehemaligen Gymnasiasten schlau sind. Und daß die meisten nach der letzten Schulprüfung schlagartig vergessen, wie man einen Kreisumfang berechnet. Potztausend, wird man sagen, das haben wir uns alles ja - ganz genau so gedacht."
Die ganze Glosse Pisa für alle in der Online-Ausgabe der FAZ.
So spitz und gut die Kritik formuliert ist, so sehr geht sie auch daneben, beschreibt sie doch weniger einen der Erhebung von Daten anzukreidenden Mangel, als vielmehr
a) den typischen Verwertungsmechanismus der Medien, die das Thema nach dem immerhgleichen Schema durchKernerN (man sieht es schon vor sich: FOCUS-Schwerpunkt „Schule – was wir heute lernen müssen, um morgen zu bestehen“; DIE ZEIT: Alte wieder auf die Schulbank? Interviews mit Experten, „Intellektuellen“, Christiansen, Maischberger, Illner, Kerner usw.) und
b) die Handlungsunfähigkeit des politisch-administrativen Apparates, der es offenichtlich nicht gebacken bekommt, Konzequenzen aus solchen Studien zu ziehen, wobei dies mir ein genuin deutsches Problem zu sein scheint.
Die Folge darf und kann nicht sein, keine Studien zu machen. Dies hieße die Tatsache zu akzeptieren, dass wir die Vorstellung aufgeben, bei der Organisation des öffentlichen Lebens gestaltend wirken zu können und wir endgültig vor der Routine wohltemperierter Presseerklärungen die Waffen strecken, die davon sprechen, dass Ergebnisse "sorgfältig geprüft" und "kritisch" (vielleicht sogar schonungslos) diskutiert werden müssen, man aber "nicht vorschnell urteilen" solle, die zuständigen Gremien sich damit befassen mögen usw.
Wenn nach einer Studie alles beim Alten bleibt, macht dies nicht die Studien überflüssig. Im Gegenteil. Der imer wieder erbrachte Nachweis einer ihre Aufgaben verfehlenden politischen Administration ist nötig. Ansonsten müsste man sich fragen, wozu öffentliche Mittel (jenseits der Bereitstellung von Müllabfuhr, Straßenbeleuchtung und Autobahn) eigentlich erhoben werden. Um Erwachsene, die bei PIAAC mangelnde Kompetenzen bescheinigt bekämen in Ministerin zu beschäftigen?